Kultur-Interview DJ Bobo: „Die Musik ist immer noch das Herz von allem“

Trier · Der Dancefloor-Dauerbrenner DJ Bobo erklärt vor seiner Show am 23. Mai in Trier im Gespräch mit dem TV, warum er immer noch so viele Fans hat und wie sich die Branche verändert hat.

 DJ BoBo hat seine Tournee „KaleidoLuna“ im Europapark Rust gestartet. Am Donnerstag, 23. Mai, tritt er mit seinen Musikern, Tänzern und Sängern in der Arena Trier auf.

DJ BoBo hat seine Tournee „KaleidoLuna“ im Europapark Rust gestartet. Am Donnerstag, 23. Mai, tritt er mit seinen Musikern, Tänzern und Sängern in der Arena Trier auf.

Foto: dpa/Patrick Seeger/dpa

DJ BoBo füllt als einer von wenigen Dancefloor-Stars aus den 90er Jahren immer noch große Hallen. Im TV-Interview verrät der 51-jährige Schweizer, wie er im Popgeschäft überlebt hat, was er noch erreichen will und was die Besucher der Show am Donnerstag, 23. Mai, um 20 Uhr in der Arena Trier erwartet.

DJ BoBo, 2017 gab’s Ihre Jubiläumstour „Mystorial“ und das Album „25 Years Greatest Hits“. Das wäre doch ein Anlass gewesen, die Musikerkarriere zu beenden?

DJ BOBO Gerade läuft die Tour „50 Jahre Peter Maffay“. Da bin ich ja gerade erst bei der Halbzeit. Da ist schon noch Luft nach oben.

Macht es Ihnen denn noch so viel Spaß?

DJ BOBO Ja, natürlich! Wenn ich keinen Spaß mehr habe, dann höre ich auf. Ich gehe nur alle zwei bis drei Jahre auf Tour mit etwa 30 Shows. Deshalb bin ich auch immer hungrig. Bei den Kollegen, die dauernd auf der Straße sind, gibt es vielleicht eher Ermüdungserscheinungen.

Heino geht derzeit mit 80 auf seine letzte Tour. Kann es bei Ihnen auch so lange dauern?

DJ BOBO Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich habe Elton John in Miami gesehen auf seiner Abschiedstour. Das war unglaublich würdevoll, wie schön er das gemacht hat. Er bedankt sich für die 49 Jahre auf der Bühne. So wünscht man es sich als Künstler, sich vom Publikum verabschieden zu dürfen. Es war auch umgekehrt vom Publikum zu ihm sehr respektvoll. Es sind auch im Publikum viele Tränen geflossen. Das fand ich großartig. So könnte ich mir das vorstellen.

Wer so lange im internationalen Musikgeschäft ist, muss manchen Spagat machen, sich treu bleiben, aber auch neu erfinden. Wie schaffen Sie es, für die Menschen immer noch eine Bedeutung zu haben?

DJ BOBO Bedeutung haben ist das Einzige, was du noch schaffen kannst. Du bist nicht mehr heiß, hip oder in. Du bist nicht mehr auf dem Höhepunkt. Das sind alles Dinge, die du nur am Anfang hast. Wenn du versuchst, dem als Künstler nachzueifern, verlierst du jedes Mal. Die Zeit, in der ich trendig war, das waren die ersten paar Jahre. Da hab ich den Zeitgeist gespürt. Da war ich am Puls der Diskothekenmusik, das war meine Welt. In den ersten paar Jahren hab ich mich ganz leichtgetan, mit dem, was ich tue. Das war automatisch frisch und neu. Ich war vornedran. Alle haben versucht, so zu klingen wie DJ Bobo. Das war ziemlich einfach für mich. Dann kommen mit der Zeit die Nächsten nach, und die sind einfach noch mehr am Punkt. Und du plötzlich nicht mehr.

Wie haben Sie darauf reagiert?

DJ BOBO Da haben wir vielleicht etwas anderes richtig gemacht. Wir haben sehr früh auf live gesetzt. Wir haben gesagt: Wir müssen uns von den Diskotheken abheben, den Leuten ein Spektakel bieten, wo sie auch hingehen können, wenn ich mal keine Hits mehr in den Charts habe. Das ist unsere einzige Chance. Das war eine gute Entscheidung. Immer vorne dabei zu sein, das schaffst du einfach nicht. Das ist einfach gegen die Natur. Das ist wie ein Sportler: Der kann auch nicht ein gewisses Zeitfenster lang ganz schnell sein, und dann kommt der nächste. Wir haben in der Kultur wenigstens die Möglichkeit, wenn uns die Leute mitfolgen, dass wir weiterspielen können. Das ist schön.

Bringen die Fans von damals heute schon ihren Nachwuchs mit zur Show?

DJ BOBO Die Zuschauer sind 42 Jahre im Schnitt. 60 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer. Das ist ein vernünftiger Schnitt. Die Jungs kommen gerne mit. Jugendliche und Kinder kommen auch schon mit, aber nicht so viele. Die Erwachsenen sagen eher: „Heute bleiben die Kinder mal zu Hause. Heute ist unser Abend. Wir feiern unsere Jugend und unsere Zeit.“ Unter Zehnjährige gibt’s relativ wenige. Bei den Zehn- bis 15-Jährigen nehmen die Eltern schon mal die Kinder mit. Sie sagen: „Schau, das war Mamis großer Held der Vergangenheit. Das war mein Capital Bra (aktueller Rapstar aus Berlin, Anm. d. Red.), den du jetzt hörst.“ Die Zielgruppe der 20- bis 30-jährigen kommt wieder vermehrt. Die war eine Zeitlang weg. Das sind junge Leute, die damals die CDs ihrer Eltern gehört haben. Wenn du eine gewisse Dauer überstehst in dieser Branche, dann wirst du ein Thema für eine Zielgruppe, die sonst gar nicht so dabei wäre. Nach oben auch: Wir haben plötzlich auch Leute 60plus.

In der Region Trier gibt es in letzter Zeit viele 90er Partys, die gar nicht mit den Leuten allein zu füllen wären, die damals selbst ausgegangen sind und heute auch noch manchmal tanzen gehen. Da sind viele Jüngere dabei.

DJ BOBO Die 90er Jahre hatten einen großen Vorteil gegenüber den Nuller Jahre. Die Nuller Jahre hatten keine Idendität. Da ist das Internet gekommen. Da wurde das Tempo höher. Die 90er waren noch internetfrei. Sie waren durch Aufbruch geprägt. Der Osten ist aufgegangen. Die Welt war unglaublich positiv, blumig. Die Musik war positiv. Als dann das Internet kam Ende der 90er, ist die Taktierung höher geworden. Du hattest keine Zeit mehr, dich um die Musik zu kümmern. In den 90ern hast du dir wirklich noch Zeit genommen, um mit Freunden Musik zu hören. Deshalb profitieren die 90er von diesem letzten Epos, wo Musik noch wichtig war und kein McDonald’s-Wegwerfartikel.

Das Cover Ihres neuen Albums Kaleidoluna sieht aus wie eine Mischung aus Iron Man und dem Zauberer von Oz. Im Videotrailer fliegen Sie durch die Gegend. Folgt das dem Superhelden-Trend?

DJ BOBO: Wir wollten etwas Futuristisches machen. Das war schon immer auf unserem Radar. Futuristisch, Weltall, Superhelden: Das ist eine Welt. Beim ersten Bühnebild kommen wir mit einem Raumschiff in die Halle. Deshalb passt das alles.

Was erwartet die Besucher der Show am 23. Mai in Trier sonst noch?

DJ BOBO Wir sind sehr modern unterwegs. Bühnenbild und Videotechnologie sind sehr weit vorne. Viel Tanz, die großen Hits, das ist alles dabei. Wir versuchen immer neue Dinge zu etablieren, arbeiten zum Beispiel mit kleinen fliegenden Robotern. Das ist immer ganz spannend, für die Leute auch.

Die Plattenverkäufe sind allgemein in der Musikbranche bei weitem nicht mehr so, wie sie mal waren. Welche Rolle spielen vor diesem Hintergrund die Touren?

DJ BOBO Das hat sich extrem verändert. Dadurch, dass die Musikbrance sich sozusagen im Netz aufgelöst hat. Ihre Wirtschaftlichkeit ist ein bisschen verloren gegangen. Das Verhältnis war früher mal fifty-fifty zwischen den Plattenverkäufen und dem Rest. Und jetzt ist es vielleicht 90:10 für alles andere, nur noch zehn Prozent ist die Musik, rein wirtschaftlich. Aber vom Inhalt her ist die Musik immer noch ganz wichtig. Die Musik ist immer noch das Herz von allem, der Motor von dem Ganzen. Auch wenn es als Wirtschaftsfaktor nicht mehr spannend ist, das spielt aber keine Rolle. Ich gebe mir trotzdem genauso viel Mühe wie früher oder vielleicht sogar mehr, weil die Technologien auch da neue sind. Aber rein von den Wirtschaftlichkeitsdaten her: Tourneen sind viel wichtiger geworden.

Auf dem aktuellen Album sind auch südamerikanische Rhythmen zu hören und ein Hitmix. Was macht das Album für Sie aus?

DJ BOBO Es ist international. Unsere Märkte sind Europa und Lateinamerika. Wir hatten schon immer diese Reggae-Songs. Das Album ist sehr unbeschwert. Mir ist im Nachhinein aufgefallen, dass es unglaublich leicht daher kommt. Wenn du das machst, merkst du das nicht.

2010 waren Sie erstmals mit einer Show in Trier. Haben Sie überhaupt Zeit, sich die Stadt anzuschauen bei der engen Taktung der Auftritte?

DJ BOBO Man bekommt sehr wenig mit von der Region. Ich könnt Ihnen jetzt nicht sagen, was mich fasziniert an Trier. Aber ich weiß, wo es liegt.

Wo denn?

DJ BOBO Sehr nah an Luxemburg. Es kommen sehr viele aus Luxemburg rüber, das sehe ich bei den Tickets. Trier hat Saarbrücken ausgestochen. Die Kapazität in Trier ist höher. Die Halle ist auch höher gebaut, das heißt, ich kann die ganze Bühne aufbauen. Deshalb hat es uns nach Trier gezogen, weil die Halle gute Voraussetzungen bietet. Sie ist kompakt und hoch, und das ist toll.

Sie tauchen auch im Fernsehen immer mal wieder auf bei Shows wie „Verstehen Sie Spaß?“ oder als Jury-Mitglied bei „Dance, Dance, Dance“. Woran liegt das?

DJ BOBO Ich nehme schon an, dass die von Senderseite wissen, wen sie da anfragen. Bei „Verstehen Sie Spaß“ wissen wir schon, dass es sehr gut zu passt. DJ Bobo ist jemand, der auch mal einen Spaß mitmacht, der sich nicht zu ernst nimmt.

Heute zählen auch Plattformen wie Facebook, Instagram und Twitter. Legen Sie einen Schwerpunkt darauf?

DJ BOBO Absolut. Bei uns ist Youtube ganz wichtig. Wir haben einen sehr aktiven Youtube-Channel mit fast 400 000 Abonennten.

Seit 2001 sind Sie mit Nancy verheiratet. Ist sie bei den Shows weiter als Sängerin aktiv?

DJ BOBO Ja, sie ist auf der Bühne immer noch dabei, und sie macht auch die Kostüme. Das sind bei einer Show etwa 80 Outfits.

Wie regeln Sie das mit der Familie, wenn Sie so viel unterwegs sind?

DJ BOBO Wir kommen alle paar Tage wieder nach Hause in die Schweiz. Die Kinder sind inzwischen 12 und 16. Da ist der Opa zu Hause, der kocht dann für sie. Wir haben das familienintern sehr gut lösen können.

Wenn von den Kindern jemand sagen würde: „Ich will ins Showbusiness einsteigen.“ Wie würden Sie und ihre Frau als Eltern reagieren?

DJ BOBO Ich denke, ganz entspannt. Es ist ja nichts grundsätzlich Negatives. Sondern das ist ja eigentlich etwas Kreatives. Ich könnte da nichts Schlechtes sagen.

Sie würden Ihren Kindern also keine Steine in den Weg legen?

DJ BOBO Auf keinen Fall. Ich glaube aber nicht, dass das in unserem Fall geschieht. Die haben etwas andere Interessen. Aber man weiß noch nicht genau, wo es sie hinzieht

Mit 51 müssen Sie sich fithalten, um weiter selbst mit den Tänzern auf der Bühne mitmischen zu können.

DJ BOBO Ja, wobei ich schon viel weniger mache als früher. Das muss man sich so vorstellen wie beim Fußball. Wenn du ein bisschen älter wirst, verteilst du nur noch die Bälle und gehst nicht mehr die langen Wege. Ich habe die besten Tänzer um mich herum. Es gibt Momente, wo ich mittanze und wo ich nicht mittanze. Es wirkt sonst sehr schnell albern, wenn ein 50-jähriger Herr mit 22 -jährigen Tänzern versucht mitzuhalten.

Sie singen oft von Träumen und Zielen, vom Suchen und Finden. Wonach sucht DJ BoBo heute noch?

DJ BOBO Ich bin der ewige Weltverbesserer. Ich kann mir da nicht helfen. Egal, was ich tue: Ich sehe in allem etwas Gutes. Das ist mein Wesen. Bei mir ist das Glas immer halb voll und nie halb leer. Das hört man auch in der Musik, die ist immer extrem lebensbejahend. Da gibt’s immer ein Licht am Ende des Tunnels.

Was wollen Sie noch erreichen?

DJ BOBO Musik und Tourneen, das liebe ich, das ist meine Leidenschaft. Wenn ich das so lange machen kann auf einem Level, dass ich mich selbst mag dabei – ich bin sehr kritisch, was das angeht – das wäre schön. Dann wäre ich sehr demütig und dankbar. Wenn ich das Level nicht mehr halten kann, würde ich von alleine aufhören.

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