GroKo Was die regionalen und rheinland-pfälzischen Delegierten vom SPD-Sonderparteitag zur Groko erwarten

Trier · Die Meinungen sind geteilt und etliche SPD-Abgeordnete aus der Region haben bereits angekündigt am Sonntag auf dem Bundesparteitag gegen die Bildung einer großen Koalition stimmen zu wollen. Ein Überblick.

 Familienministerin Katarina Barley (SPD) steht vor der Sitzung des rheinland-pfälzischen SPD Parteirats am 17.01.2018 in Mainz (Rheinland-Pfalz) im Saal. Der SPD Parteirat tagt zum Meinungsaustausch bezüglich der GroKo.

Familienministerin Katarina Barley (SPD) steht vor der Sitzung des rheinland-pfälzischen SPD Parteirats am 17.01.2018 in Mainz (Rheinland-Pfalz) im Saal. Der SPD Parteirat tagt zum Meinungsaustausch bezüglich der GroKo.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Malu Dreyer (stellv. SPD-Bundesvorsitzende): „ Der Union ist es seit jetzt schon vier Monaten nicht gelungen, eine Regierung zu bilden. Die Menschen in Deutschland erwarten aber zu Recht, endlich eine Regierung zu bekommen. Wir haben dafür gekämpft, als stärkste Partei Deutschland zu gestalten. Das ist uns nicht gelungen. Unsere Konsequenz daraus war im September die klare Ansage, die GroKo nicht fortsetzen. Das war richtig. Dazu stehe ich auch heute noch. Seit dem hat sich die Situation aber verändert: Die Jamaika Koalitionäre haben uns einen Scherbenhaufen vor die Füße geworfen. Ich habe danach für eine Minderheitsregierung geworben.

Dazu fehlt der Union der Mut. Sie verweigert diese Lösung für Deutschland. Deswegen sehe ich heute die Aufgabe der Sozialdemokraten darin, Deutschland zu regieren. Grundrente, Entlastung der mittleren und geringen Einkommen, Rückkehr zur Parität, gebührenfreie Kita und Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, um nur einige Punkte zu nennen, die wir in den Sondierungen durchgesetzt haben, können den Alltag von Millionen Menschen in Deutschland verbessern. Wir haben in den Sondierungen viel mehr für die Menschen in Deutschland erreicht, als es eine Jamaika-Regierung durchgesetzt hätte. Deswegen ist für mich heute ganz klar: Die Antwort auf die derzeitige Lage in Deutschland ist ein Zweckbündnis mit der CDU. Es geht um Deutschland und um die Existenz unserer Partei. Wir können stolz und stark in ein Zweckbündnis gehen. Wir haben eine solide Grundlage in den Sondierungen erreicht und wir können selbstbewusst in Koalitionsverhandlungen gehen.“

Katarina Barley (Bundesfamilienministerin): Ich werde für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen stimmen. Die Sondierungsgespräche sind eine Basis auf der wir aufbauen können. Es sind wichtige Ansätze für Familien, in der Arbeitsmarktpolitik und bei den Renten in den Ergebnissen enthalten. Ich nenne nur den öffentlich geförderten Sozialen Arbeitsmarkt, die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung, die Stabilisierung des Rentenniveaus und der wirksame Kampf gegen Kinderarmut. In Koalitionsverhandlungen müssen aber in vielen Bereichen noch Konkretisierungen folgen. Das gilt etwa bei der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier wünsche ich mir ein klares Bekenntnis zur Einführung einer Familienarbeitszeit."

Bettina Brück (SPD-Landtagsabgeordnete): Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht und in den vergangenen Tagen mit vielen Menschen gesprochen, innerhalb und außerhalb meiner Partei. Es ist für mich eine echt schwierige Entscheidung. Aber nach Abwägung aller Argumente und nach reiflicher Überlegung werde ich für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen stimmen. In den Sondierungsgesprächen sind einige sozialdemokratische Verhandlungserfolge und Verbesserungen für die Menschen erzielt worden. An manchen Stellen, z.B. bei der Steuer-, Gesundheits- oder Arbeitsmarktpolitik, hätte ich mir zwar mehr erwartet, es ist aber eine Basis für weitere Verhandlungen. Das Ergebnis der Sondierungen ist ja noch nicht das Ergebnis möglicher Koalitionsverhandlungen. Wenn es zu Koalitionsverhandlungen kommt, wird die SPD bei verschiedenen Themen noch etwas mehr erreichen müssen. Sondierungsgespräche sind immer Kompromisse, deshalb muss ich nicht alles gut heißen, was der politische Gegner von CDU/CSU hinein verhandelt hat.

Es ist gut, dass das Sondierungspapier an der Basis breit diskutiert wird. Was gar nicht gut ist, sind die Reaktionen von manch einem aus CDU und CSU auf die Diskussionen innerhalb der SPD. Das sollten Frau Merkel und Herr Seehofer schnell abstellen, damit auch die SPD-Mitglieder Vertrauen in eine mögliche Zusammenarbeit gewinnen können. In den kommenden Tagen werden wir in verschiedenen Gremiensitzungen weiter intensiv über das Sondierungspapier beraten und Schlussfolgerungen ziehen. Der Parteitag am Sonntag bietet die Möglichkeit, der Parteiführung bzw. dem Verhandlungsteam weitere Aufträge für Koalitionsverhandlungen mit auf den Weg zu geben. Ein Sondierungsergebnis ist noch kein Koalitionsvertrag und deshalb sind weitere Verhandlungen im Zuge von Koalitionsgesprächen ein ganz normaler Vorgang.

Leider ist die Minderheitsregierung keine Option, da CDU/CSU dies vehement ablehnen. Wir müssen innerhalb der SPD in dieser schwierigen Phase einen Weg finden, uns zu erneuern und gleichzeitig unserer Verantwortung gerecht werden. Ich finde es richtig, dass am Ende das Mitgliedervotum in der SPD über den Koalitionsvertrag und damit über die Regierungsbildung entscheiden soll. Deshalb soll das Verfahren auch jetzt bis zu diesem Punkt des Mitgliederentscheids fortgeführt werden.

Nico Steinbach (Landtagsabgeordneter): Ich werde für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen stimmen! In den Sondierungen hat die SPD zum einen sehr viele wichtige eigene Positionen durchsetzen können, zum Vorteil für die Bürger/innen, unser Land und die Kommunen. Beispielsweise die Solidarrente, die Festschreibung des Rentenniveaus, die verbindlichen Regelungen für die Kranken- und Altenpflege, die Entlastungen für die Bürger (insb. Familien und Arbeitnehmer) und die Investitionen in Bildung, Infrastruktur und insbesondere auch in Digitalisierung und vieles vieles mehr ...! Einige Positionen müssen noch präzisiert werden und die Erneuerung der SPD bleibt ebenso ein notwendiges Vorhaben. Am Ende des Verfahrens sollen dann die Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen, wir brauchen eine zukunftsgewandte und solidarische Politik, dies ist nur mit der SPD möglich! Auch wenn ich mir persönlich sehr ein Ende der GroKo gewünscht hätte, muss man in dieser Situation auch pragmatisch sein!

Jens Jenssen (SPD-Kreisvorsitzender, Vulkaneifelkreis): „Unsere Demokratie lebt vom lebendigen Widerstreit politischer Ideen und braucht unterscheidbare Angebote der Parteien für unsere Gesellschaft. Daher darf die Große Koalition nicht zu einem Dauerzustand werden. Aus dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen wäre daher eine Minderheitsregierung der richtige Schluss, bei der die SPD bei wesentlichen Fragen Unterstützung zusichern würde.

Anna Gros (Trier): Es gibt sehr gut Argumente, die gegen den erneuten Eintritt in eine große Koalition sprechen, wie die Tatsache, dass die AfD dann die Rolle der stärksten Oppositionspartei inne hätte. Daher habe ich erst nach langer Abwägung entschieden, für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu stimmen. Dies vor allem aufgrund von zwei Erwägungen: Eine Minderheitsregierung war leider nicht durchzusetzen und ich bin überzeugt, dass die SPD aus Neuwahlen nicht stärker hervorgehen würde. Wir ständen vor den gleichen Fragen wie heute. Neuwahlen sind daher keine gute Alternative. Das Sondierungspapier enthält mit der bundesweiten Gebührenfreiheit für Kitas, der Grundrente und einem Kurswechsel in der Europapolitik wichtige Vorhaben, die konkrete Verbesserungen bringen und die wir in der Koalition umsetzen könnten.

Erik Schöller (Ex-Juso-Landesvorsitzender): Ich stimme nicht zu. Mir fehlt es an Visionen. Dem Papier fehlt der Mut, auch Leuchturmprojekte zu formulieren. Globalisierung, Digitalisierung, Energiewende: Hier hilft uns klein-klein nicht weiter, sondern große Würfe.

Lothar Rommelfanger (Landtagsabgeordneter): Die Verhandlungen mit CDU und CSU haben gezeigt, dass mit ihnen bei SPD-Kernforderungen wie Klimaschutz, Eindämmung befristeter Arbeitsverhältnisse, eine gerechtere Krankenversicherung oder einen höheren Spitzensteuersatz für Reiche nicht gestaltet werden können. Die Sticheleien gegen die SPD aus dem Lager der Union vergiften das Klima weiter. Ich persönlich hoffe, dass in diesen Punkten bis zum Parteitag noch Bewegungsbereitschaft aus den Reihen der CDU und CSU signalisiert wird. Sollte dies nicht der Fall sein würde ich mich gegen eine GroKo aussprechen.

Dirk Bootz (SPD-Vorsitzender Trier-Saarburg): Ich persönlich tendiere für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen. Ich respektiere auch die Stimmen innerhalb des Kreisverbands, die Verhandlungen bzw. die GroKo grundsätzlich ablehnen. Für mich ist dies keine finale Entscheidung über eine GroKo. Diese liegt am Ende bei allen SPD-Mitgliedern

Heiko Jakobs, Vorsitzender SPD Ortsverein Bitburg : Ich würde - zugegeben schweren Herzens - der Koalition mit der CDU/CSU zustimmen. Wenn wir die positive Entwicklung unseres Landes weiter aktiv mitgestalten wollen, dürfen wir uns nicht aus parteitaktischen Gründen vor der Verantwortung drücken. Die SPD hat in der vergangenen Legislaturperiode vieles zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen erreichen können. Wir sind allerdings noch lange nicht am Ziel. Mit dem Sondierungsergebnis sind weitere wichtige Eckpfeiler für die nächsten Jahre definiert. Ich verstehe allerdings auch die Bedenken derjenigen, die die Gefahr einer Groko darin sehen, dass die AfD die Oppositionsführerschaft übernimmt.

(sey)
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