Stadtverwaltung Rechnungshof fordert: Nur noch halb so viele Stadtteile in Trier

Trier · Zu hohe Kosten, zu wenig politisches Personal: Der Landesrechnungshof fordert die Verschmelzung der Trierer Ortsbezirke: Von bislang 19 sollen nur noch neun oder zehn übrig bleiben. Die Mehrheit des Stadtrats kann sich mit dem Vorschlag nicht anfreunden.

 Symbolbild

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Foto: h_st <h_st@volksfreund.de>+SEP+h_st <h_st@volksfreund.de>/Portaflug/Archiv Trierischer Volksfreund

Von allen rheinland-pfälzischen Städten hat Trier die höchste Zahl an Ortsbezirken. Jeder Ortsbezirk kostet die Stadt Geld: Die Ortsbeiräte haben Budgets, über die sie verfügen können. Außerdem erhält jeder Ortsvorsteher eine Aufwandsentschädigung, je nach Stadtteilgröße zwischen etwa 230 und 650 Euro pro Monat. Dazu kommen die allgemeinen Kosten für die Betreuung und Unterstützung der Ortsbeiräte von Mitarbeitern der Stadtverwaltung – zum Beispiel bei der Einberufung von Sitzungen.

Für die Jahre 2011 bis 2014 hat der Landesrechnungshof diese Kosten analysiert. Alleine die Verwaltungskosten und Aufwandsentschädigungen summierten sich in diesem Zeitraum demnach auf im Schnitt 299 000 Euro pro Jahr.

Der Landesrechnungshof moniert in seinem Bericht zum Trierer Haushalt (siehe Info) die Ausgaben scharf: Ortsbezirke seien zwar zulässig, insbesondere um eine gewisse Eigenständigkeit ehemals selbstständiger Gemeinden zu bewahren und das Mitspracherecht bei örtlichen Angelegenheiten zu sichern. Etliche der 1969 eingemeindeten Trierer Ortsbezirke seien aber mittlerweile so sehr in die städtische Siedlungsstruktur hineingewachsen, dass sie aufgelöst werden könnten. „Der Rechnungshof erachtet eine Halbierung der Zahl der Ortsbezirke als möglich und sachgerecht“, heißt es in dem Bericht. Der Stadtrat solle daher prüfen, ob und welche Ortsbezirke zusammengelegt werden könnten. Bei einer Halbierung seien „Einsparungen von überschlägig 80 000 Euro jährlich erreichbar“, analysiert der Rechnungshof.

Neben den Verwaltungskosten kritisiert der LRH auch die Höhe der Budgets, die den bislang 19 Ortsbeiräten von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt werden. Zusammengezählt belaufen sich diese Budgets auf 400 000 Euro pro Jahr.

Alljährlich können die Ortsbeiräte der Verwaltung melden, welche Vorhaben in ihren Stadtteilen sie mit diesem Geld finanzieren wollen. Von diesen Projekten und Investitionen würden allerdings nur „zwischen 46 Prozent und 73 Prozent, im Durchschnitt 56 Prozent umgesetzt“, moniert der Rechnungshof. „In Anbetracht der relativen tatsächlichen Inanspruchnahme der Ortsbeiratsbudgets und deren zeitaufwendiger Verwaltung sollten diese zukünftig entweder wesentlich reduziert oder ganz aufgegeben werden“, empfiehlt der Rechnungshof daher. Würde man das Ortsteilbudget halbieren, würde auch der Verwaltungsaufwand dafür sinken und so weiteres Geld eingespart.

Dafür, dass Trier in zu viele Stadtteile untergliedert sei, spreche auch, dass nach der Kommunalwahl 2014 mangels Kandidaten die CDU gleich zwei von zehn Sitzen im Stadtteil Trier-Biewer nicht besetzen konnte. Tatsächlich sind nicht nur in Biewer Plätze im Ortsbeirat frei: In Trier-Mitte/Gartenfeld können die Grünen ihren fünften Stuhl, der ihnen in dem Gremium zusteht, nicht besetzen. In Trier-Kürenz und in Tarforst lässt die Linke ihre beiden bei der Kommunalwahl 2014 gewonnenen Sitze verwaist. In Tarforst bleibt zusätzlich ein Stuhl, der eigentlich den Grünen zustehen würde, leer.

Die CDU schafft es, in allen 19 Trierer Stadtteilen bei Kommunalwahlen überhaupt mit Kandidatenlisten anzutreten. Unter den größeren politischen Vereinigungen schafft das außerdem nur noch die damalige FWG. Selbst die SPD tritt dagegen in drei Stadtteilen (Biewer, Euren, Kernscheid) nicht an, die Grünen gleich in zehn Ortsbezirken und die FDP hatte in elf Stadtteilen bei der Kommunalwahl 2014 keine Kandidatenliste parat.

Die Stadtverwaltung hält sich bei der Frage zurück, ob angesichts der Kosten und des Mangels beim politischen Personal 19 eigenständige Ortsteile sinnvoll sind. „Das ist eine politische Frage, die die Fraktionen entscheiden müssen“, erklärt Oberbürgermeister Wolfram Leibe auf TV-Nachfrage. Berücksichtigt werden müsse bei der Diskussion allerdings, dass gute Ortsvorsteher und Ortsvorsteherinnen der Stadtverwaltung auch eine Menge Arbeit einsparten – zum Beispiel, wenn Bürger sich mit Fragen nicht ans Rathaus, sondern an ihren jeweiligen Stadtteilchef wendeten und dieser ihnen weiterhelfe.

Der Bericht des Landesrechnungshofs

Alle zehn Jahre prüft der Landesrechnungshof routinemäßig den Trierer Finanzhaushalt. Der vorläufige und noch streng geheime LRH-Bericht für die Jahre 2005 bis 2015, der teilweise verbindliche Einsparauflagen macht, liegt dem Rathaus seit September vor. Stadtverwaltung und Stadtrat haben nun Zeit, eine Stellungnahme einzureichen. Diese wird vom Landesrechnungshof dann in den Berichtsentwurf eingearbeitet. Der Abschlussbericht wird anschließend öffentlich. Dem TV liegt der bisherige Berichtsentwurf vor. Die wichtigsten Streitpunkte zwischen Landesrechnungshof und Stadtverwaltung stellen wir in einer Serie vor. Bisher erschienen sind:

Meinung: Keine Angst vor Identitätsverlust
Was macht jemanden zum Filscher, zum Tarforster, zum Ehranger, zum Ruwerer? Dass die Eltern dort gewohnt haben, als man geboren wurde? Oder muss man mindestens eine gewisse Zahl an Jahren dort gelebt haben. Wie viele? Zwei, drei oder mindestens zehn? Oder reicht es gar, dass man – obwohl die Heimat vielleicht ganz woanders ist – sich an seinem neuen Wohnort so wohlfühlt, dass man gerne sagen will: „Ich bin ein Mariahofer“?´
Nicht einfach, die Antwort. Sicher ist aber, dass einen nicht die – teilweise willkürlichen – Gebietsgrenzen eines Ortsbezirks zu dem machen, was man ist. Sonst gäbe es keine Palliener. Und auch niemanden, der sich der Weismark zugehörig fühlen dürfte. Denn beide Stadtbezirke sind keine eigenständigen Ortsbezirke. Pallien gehört zu Trier-West, die Weismark bildet gemeinsam mit Feyen eine Verwaltungseinheit. Dass Identität verloren geht, sobald man die Grenzen von Verwaltungseinheiten verschiebt – und damit vielleicht wieder vollbesetzte Ortsbeiräte möglich macht – ist also eine Mär. Geboren aus der Angst vor Veränderung. c.wolff@volksfreund.de

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