Gesundheit Trierer Forscher: Bald werden Roboter alte Menschen pflegen

Trier/Mainz · Es gibt zu wenig Fachkräfte, die Zahl der Pflegebedürftigen steigt – in der Region bis 2035 auf fast 20 000. In Zukunft helfen intelligente Maschinen. Davon sind Wissenschaftler überzeugt.

 Guten Tag, ich bin Lio, was kann ich für dich tun? Roboter wie dieser – entwickelt von einem Schweizer Hersteller – können mit Menschen kommunizieren, im Haushalt helfen und bei pflegerischen Aufgaben unterstützen.

Guten Tag, ich bin Lio, was kann ich für dich tun? Roboter wie dieser – entwickelt von einem Schweizer Hersteller – können mit Menschen kommunizieren, im Haushalt helfen und bei pflegerischen Aufgaben unterstützen.

Foto: picture alliance/dpa/Timm Schamberger

Ein Trierer Forscher geht davon aus, dass künstliche Intelligenz den Fachkräftemangel in der Pflege enorm mildern kann. Der Wirtschaftsinformatiker Ingo Timm von der Uni Trier fordert aber mehr Bereitschaft, technische Geräte wie Roboter künftig tatsächlich im Haushalt und in Heimen einzusetzen. „In Deutschland herrscht momentan große Innovationsskepsis. Wir müssen bei der Technik von irrationaler Angst wegkommen, wie sie durch Zerrbilder der Technik in Hollywood-Filmen geprägt wird, und sie so gestalten, dass sie uns mit dem Menschen im Mittelpunkt am besten nützt“, sagt der Professor der Uni Trier.

Gerade in der Region – mit vielen kleinen Ortschaften in der Eifel – sieht Timm Chancen, dass pflegebedürftige Menschen über technische Hilfen länger selbstbestimmt zu Hause leben. „Roboter könnten die Geschirrspülmaschine ausräumen, die Fenster putzen, beim Baden und Ankleiden helfen. Smartphones und Uhren registrieren Stürze und messen den Herzschlag. Die Herausforderung besteht darin, all diese Möglichkeiten zu verbinden und zu erweitern“, sagt Timm, der an der Uni Trier über künstliche Intelligenz in der Pflege forscht.

Die Uni testet an Simulationen, wie der Alltag älterer Menschen aussieht, welche technischen Mittel sie unterstützen und welche technischen Hilfen sie tatsächlich nutzen würden. Der Wirtschaftsinformatiker arbeitet auch an Systemen, die die Planung von Pflegediensten erleichtern, Personal mit künstlicher Intelligenz besser einsetzen und reagieren, wenn Mitarbeiter krank sind oder Pflegebedürftige andere Leistungen wünschen. Der Bund fördert die Forschungen in Trier mit 88 000 Euro. Mit ersten Ergebnissen rechnet Timm im kommenden Jahr.

Bei Technik in der Pflege hinkt Deutschland bislang hinterher. Länder wie Japan setzen angesichts einer rasant alternden Gesellschaft verstärkt auf Roboter. Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium teilt auf Anfrage unserer Zeitung mit, Erkenntnisse zum Einsatz von Pflegerobotern in Einrichtungen im Land lägen nicht vor.

Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) sieht Chancen in künstlicher Intelligenz, warnt aber, dass Empathie und menschliche Zuwendung nicht digitalisierbar seien. „Daher ist unsere Gesellschaft aufgefordert, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie wir neue technologische Möglichkeiten nutzen können, ohne die menschliche Seite außer Acht zu lassen.“ Laut Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer, brauche es Milliardeninvestitionen, um Heime und Krankenhäuser für künstliche Intelligenz aufzustellen. „Technik darf in der Pflege immer nur Unterstützung sein, niemals ein völliger Ersatz“, fordert der Trierer.

Regine Schuster von der rheinland-pfälzischen Pflegegesellschaft warnt, es werde künftig keine hundertprozentige Versorgung aller älteren Menschen geben, weil die Fachkraftnot zu groß sei. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt nach Auswertungen des Statistischen Landesamtes in Rheinland-Pfalz von nun rund 116 000 auf 162 000 bis zum Jahr 2035, in der Region Trier von etwa 14 700 Menschen auf fast 20 000. Bis 2030 fehlen  vermutlich mehr als 2900 Altenpfleger im Land. Michael Wäschenbach, pflegepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Mainzer Landtag, regt an, die Fachkraftquote in stationären Einrichtungen abzusenken. Land und Pflegekammer warnen vor einem Verlust an Qualität.

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