Fragen & Antworten Grundsteuer Was Mieter und Hausbesitzer erwartet

Berlin · Sie ist eines der größten Vorhaben der Politik in diesem Jahr: die Reform der Grundsteuer. Die Auswirkungen wird praktisch jeder zu spüren bekommen, der in Deutschland wohnt. Doch noch wird kräftig gestritten.

 Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass die Erhebung von Grundsteuern in Deutschland neu geregelt wird – und zwar bis Jahresende.

Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass die Erhebung von Grundsteuern in Deutschland neu geregelt wird – und zwar bis Jahresende.

Foto: dpa/Jens Büttner

Hausbesitzer und Mieter hätten gerne Klarheit: Bringt die künftige Grundsteuer neue Belastungen? Doch in der Politik läuft weiter ein Hickhack um die Reform der wichtigen Steuer. Es geht um Grundsätzliches. Der Ausgang des Streits ist offen.

Warum ist eine Reform der Grundsteuer notwendig?

Die Grundsteuer ist mit Einnahmen von rund 14 Milliarden Euro pro Jahr eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Kommunen. Sie ist eine Steuer auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden. Auch Mieter sind von ihr betroffen – weil die Eigentümer die Steuer über die Nebenkostenabrechnung weiterreichen können. Das Bundesverfassungsgericht hat wegen veralteter Bemessungsgrundlagen eine Neuregelung bis Ende 2019 verlangt. Aktuell werden noch Grundstückswerte von 1935 in Ostdeutschland und von 1964 in Westdeutschland genutzt. Bundestag und Bundesrat müssen einer Reform der Grundsteuer zustimmen. Eine zentrale Rolle kommt der CSU zu – denn sie ist Mitglied der Koalition in Berlin und führt die Landesregierung Bayerns. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) strebt eine Lösung im Konsens aller Länder an.

Was will Scholz?

Er will ein sogenanntes wertabhängiges Modell. Dabei sollen vor allem der Wert des Bodens und die durchschnittliche Miete eine Rolle spielen. Damit die erste Neubewertung nach Jahrzehnten nicht zu massiven Anstiegen bei der Steuer führt, will der Vizekanzler die sogenannte Steuermesszahl massiv senken. Außerdem geht Scholz davon aus, dass die Kommunen einen weiteren Berechnungsfaktor senken, den Hebesatz. Auf diese Weise soll es unterm Strich insgesamt keine großen Mehrbelastungen von Mietern und Hausbesitzern geben.

Warum gibt es Widerstand gegen die Pläne?

Vor allem Bayern macht Front gegen den Entwurf des Finanzministeriums. Die Landesregierung will seit langem ein Konzept, bei dem sich die Steuerhöhe pauschal an der Fläche orientiert. Bayern kritisiert zudem, das Modell von Scholz werde zu mehr Bürokratie führen, alleine in Bayern müssten mehrere Hundert Finanzbeamte eingestellt werden. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hatte im März die Möglichkeit länderspezifischer Regelungen ins Spiel gebracht – also eine Öffnungsklausel. Dies könnte bedeuten, dass ein Bundesgesetz eine Freigabe vorsieht, damit Länder eigene Kriterien festlegen können.

Gibt es weitere Wortmeldungen in dem Streit?

Verbände hatten das Scholz-Modell ebenfalls kritisiert. Der Bund der Steuerzahler hatte vor einer verkappten „Vermögenssteuer durch die Hintertür“ gewarnt. Die SPD ist bisher gegen länderspezifische Regelungen. Die Sozialdemokraten befürchten einen „Flickenteppich mit unterschiedlichen Grundsteuer-Modellen in unterschiedlichen Bundesländern“, wie SPD-Fraktionsvize Achim Post gesagt hatte. Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) forderte, der Wert des Grundstücks müsse bei der künftigen Grundsteuer berücksichtigt werden. Denn sonst zahlten Eigentümer am Tegernsee genauso viel wie in strukturschwachen Regionen etwa im Osten.

Worauf müssen sich Hausbesitzer und Mieter einstellen?

Das ist derzeit unklar. Scholz will insgesamt keine Mehrbelastungen vor allem für Mieter. Ob das aber gelingt, ist offen. Für Wirbel hatten Beispielrechnungen des Eigentümerverbands Haus & Grund gesorgt, wonach es nach den Scholz-Plänen in bestimmten Fällen zu drastischen Steuererhöhungen kommen kann. Der Städtetag hatte daraufhin versucht, Mietern und Hausbesitzern Angst zu nehmen. Haus & Grund habe die künftigen Hebesätze nicht berücksichtigt. Die Kommunen wollten die Reform nicht dazu benutzen, ihre Haushalte zu sanieren. Dreh- und Angelpunkt sind die künftigen Hebesätze. Wie Scholz geht auch der Städtetag davon aus, dass die Kommunen den Hebesatz als einen zentralen Berechnungsfaktor der Grundsteuer senken. Aber was passiert, wenn eine Stadt in Zeiten schwächerer Konjunktur und Steuereinnahmen Geld braucht?

Wie geht es nun weiter?

Der Zeitplan hat sich durch den Streit verzögert. Am 10. Mai ist eine Expertenanhörung zu einer möglichen Öffnungsklausel geplant, daran sollen außerdem Scholz und mehrere Landesminister teilnehmen.

Wie ist die Position von Rheinland-Pfalz?

Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) fordert Bayern auf, die „Basta-Politik“ aufzugeben. Der Gesetzesentwurf des Bundes sei aufkommensneutral und gerecht. Karl-Heinz Frieden, Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebundes, warnt vor einem Aus der Reform. „Die 580 Millionen Euro an Steuereinnahmen sind für die Kommunen essenziell“, sagt der Mann aus Nittel (Kreis Trier-Saarburg).

Erheben Kommunen die Grundsteuern weiter?

Laut Angaben des rheinland-pfälzischen Steuerzahlerbundes haben von den 50 größten Städten und Gemeinden im Land im vergangenen Jahr nur Trier, Bad Ems, Betzdorf und Mutterstadt an der Steuerschraube gedreht. Geschäftsführer René Quante sagt, das sei bloß „die Ruhe vor dem Sturm“. Bei der Grundsteuer B liegt Trier mit Mainz nun an der Spitze mit 480 Prozent. Der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) rät aber dazu, die großen Städte des Landes in den deutschlandweiten Vergleich zu setzen. Offenbach habe Sätze von 900 Prozent, sagt Leibe.

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