Interview Wolfgang Niedecken: „Eine Band ist Mannschaftssport“

Trier · Wolfgang Niedecken verrät im TV-Interview, warum er die Eifel so mag und wie er seinen Songschreiber-Muskel trainiert.

 Wolfgang Niedecken ist seit 1976 Frontmann der Band Bap - oben bei einem Auftritt 2012 und unten als Echo-Gewinner, ebenfalls 2012. Am 31. Mai kommt er mit seinen Bandkollegen nach Trier.

Wolfgang Niedecken ist seit 1976 Frontmann der Band Bap - oben bei einem Auftritt 2012 und unten als Echo-Gewinner, ebenfalls 2012. Am 31. Mai kommt er mit seinen Bandkollegen nach Trier.

Foto: dpa/Marius Becker

Wolfgang Niedecken steht seit 40 Jahren auf der Bühne, hat beinah im Alleingang den Kölner Dialekt deutschlandweit verbreitet. Vor seinem Konzert in der Arena Trier am Donnerstag, 31. Mai, hat er mit unserem Reporter Nicolaj Meyer über die Eifel, die Kunst des Songschreibens und Botschaften auf Plakatwänden gesprochen.

Sie sind auch auf dem Kultursampler „Eifelgefühl“ mit Künstlern aus der Eifel vertreten. Mancher Kölner macht sich ja mal gerne über die Eifel lustig. Wie stehen Sie zur Region?

Wolfgang Niedecken: Ich mag die Eifel total gerne. Mein erster Berührungspunkt war in der Voreifel in Rheinbach, als ich im Internat war. Ich mag die Mentalität. Das sind so Leute, die einen nicht so schnell an sich ran lassen, aber wenn man dran ist, dann bietet das ein echtes Zuhause. Außerdem  haben wir ein Haus in Kronenburg, und die Landschaft ist über jeden Zweifel erhaben.

Verbinden Sie auch etwas mit Trier?

Niedecken: Wir haben schon ewig in Trier gespielt, bereits in den 70ern. Etliche Konzerte in der Europahalle oder im Amphitheater gab es. Das ist immer wie ein Heimspiel.

Was erwartet die Besucher bei Ihrem Konzert?

Niedecken: Die sollen sich an dem Abend nichts anderes mehr vornehmen. Bap-Konzerte dauern mehrere Stunden, und ich glaube nicht, dass danach jemand in der Lage ist, noch etwas anderes zu unternehmen.

Und das Programm?

Niedecken: Wir werden ein ähnliches Programm spielen wie bei der letzten Tour. Wir werden rocken, leise Töne und auch Politisches anspielen. Unsere Konzerte sind bunt wie das Leben, manchmal zu Tode betrübt, manchmal himmelhoch jauchzend.

Sie haben in den letzten Jahren viele Songs zum Thema Familie geschrieben. Gib es einen  Zusammenhang zu Ihrem Schlaganfall im November 2011?

Niedecken: Alles hängt ja immer mit allem zusammen. Meine Frau hat mir sehr geholfen in dieser Zeit, und das vorige Album habe ich deshalb komplett ihr gewidmet. Jetzt hab ich das Zoom noch weiter aufgemacht: Was ist da rechts und links? Da kommen dann meine Kinder, meine Eltern oder Großeltern zum Vorschein. Wenn man dann aber die Augen und Ohren aufhält, kann man über alles schreiben, und so naheliegende Dinger sind dann auch Themen, über die man singen kann, man kann nicht immer nur über die großen Themen schreiben wie etwa Krieg, Liebe und Hass.

Wie hat sich ihr Songwriting in den letzten 40 Jahren verändert? Gibt es eine Art Songschreiber-Muskel, der stärker wird?

Niedecken: Es kommt drauf an, ob man die Leidenschaft nicht verliert. Manchen geht die Puste aus, weil kein Erfolg da ist, und die denken sich, ich mach mal lieber was anderes. Bei mir hat das nie aufgehört.  Man darf nur Songs schreiben, wenn man selber etwas zu sagen hat, und man muss der größte Kritiker seiner selbst sein und nur etwas veröffentlichen, wenn man überzeugt ist davon.

Gibt es etwas, über das Sie nicht schreiben würden?

Niedecken: Es gibt Dinge über Familie, die keinen was angehen, auch weil die Boulevard-Presse sich Sachen rauspickt, die man nicht öffentlich diskutiert haben will. Es können auch schon mal Songs in die falsche Richtung gehen. Die muss man neu ansetzen, aber da hilft mir die Erfahrung. Die Songs, die ich am Anfang geschrieben habe, hatten auch handwerkliche Makel. Da denke ich schon mal, hoppla, was hast du da geschrieben.

Würden Sie bei solchen Songs nachjustieren heute?

Niedecken: Was man nicht sollte, ist politische Stücke aktualisieren wollen, also Stücke aus den 80ern etwa auf heute anpassen. Davor warne ich. Und bei der Musik: Ich bin eigentlich in der Band der schlechteste Musiker, ich bin aber der einzige Wolfgang Niedecken in der Band. Ich würde mich niemals erdreisten jemandem in der Band zu sagen, was er zu spielen hat. Eine Band ist Mannschaftssport.

Wenn Sie eine Plakatwand in Ihrer Heimatstadt Köln hätten und Sie könnten darauf eine Botschaft hinterlassen, was wäre das?

Niedecken: Es gibt in Köln diese Aktion. „Arsch huh, Zäng ussenander!“ Kurz vor der Wahl hatten wir sowas. Ich schrieb dazu in einem Post: Ihr sollt keinem Populisten auf den Leim gehen. Alles andere sollen die Leute selber überlegen. Bitte informiert euch besser und lauft nicht den Idioten mit einfachen Lösungen hinterher. Es gibt keine einfachen Lösungen.

Nicolaj Meyer

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