Lust aufs Fliegen: Über grüne Wipfel sanft entschweben

Die Lust am Fliegen in ihrer vielleicht schönsten und besinnlichsten Form kann erleben, wer im Heißluftballon gen Himmel schwebt. Ein Selbstversuch unter erfahrener Leitung des Piloten Wolfgang Görgen von Ballonreisen Moselland beweist: Eine Ballonfahrt ist ein unvergessliches Erlebnis.

Lust aufs Fliegen: Über grüne Wipfel sanft entschweben
Foto: Anke Emmerling

Schweich. Um sechs Uhr morgens ist Treffen vor dem Sitz von "Ballonreisen Moselland" in Schweich. Dort wartet bereits Wolfgang Görgen, der mit Ehefrau Christa das Luftfahrtunternehmen als ausgebildeter "Luftfrachtführer" seit zwanzig Jahren führt. Heute will er mit uns und dem bereits gepackten Heißluftballon endlich auf Fahrt gehen.

Görgen hat den Termin mehrmals verschoben: "Ich gehe kein Risiko ein". Vor jeder Fahrt ruft er den Ballonwetterbericht des Deutschen Wetterdienstes ab: "Der Wind darf nicht zu stark, die Thermik noch nicht oder nicht mehr vorhanden sein, sonst würde der Ballon unkontrollierbar". Deshalb treten wir im Morgengrauen an, Thermik ist erst ab 8 Uhr gemeldet. Dann sind wir vielleicht schon gelandet, nur wo? Ein kleiner Testballon, der schurgerade hochgeht und erst als winziger Punkt eine Richtung einschlägt, lässt Passagier Karl-Heinz Kratz ahnen: "Wir fliegen über die Mosel". Im Verfolgerfahrzeug bringt uns Fahrer Dieter Fett zum Flugplatz Föhren.

Wir sind zu fünft, neben Görgen und Kratz fahren noch Erich Hoffmann und Renate Jager mit, die einen Geburtstagsgutschein einlöst. Zusammen liegen wir weit unter der Gewichtsgrenze von 750 Kilogramm und breiten entsprechend beruhigt die textile Hülle unseres Fluggeräts im taufeuchten Gras aus. Görgen lässt heiße Luft einströmen. Schnell bläht sich der grüne Ballon mit etwa 24 Metern Durchmesser auf. Der daran befestigte Korb wirkt verschwindend klein, doch wir finden alle lässig Platz. Dieter Fett löst den "Anker", kaum merklich ruckt es, und der Traum beginnt. Sanft schweben wir in die Höhe, der Sonne entgegen, die über den Weinbergen der Mosel aufgeht und die dunstige Atmosphäre in rötliches Licht taucht. Die Häuser Föhrens werden zu kleinen Spielzeugwürfeln, bald reicht der Blick über Meulenwald und Fidei bis in die Eifel.

Der Ballon treibt über die A61 und Bekond Richtung Mosel. "Straßen wie Spinnennetze", vergleicht Renate Jager. Sie ist genauso entspannt, wie die sonst höhenängstliche Reporterin, die sich unerwartet sicher fühlt. Der Korb ist solide und dicht, die Geschwindigkeit von 10 bis allerhöchstens 30 Stundenkilometern nicht wahrnehmbar. Nichts wackelt, es ist, als stünden beide Beine fest auf der Erde. Nur die Perspektive ist anders, bis zu 1500 Meter hoch über Lärm und Hektik geradezu entrückt. Blühende Rapsfelder breiten sich wie Teppiche, Wälder in frischen Grüntönen wie impressionistisch hingetupft aus.

Die Mosel windet sich wie ein glänzendes Band in der Morgensonne, Schatten modellieren ein atemberaubendes Landschaftsrelief. Verbindung zur Welt da unten hält das Funkgerät, über das Görgen das Verfolgerfahrzeug dirigiert. In angenehmer Wärme, vor allem, wenn über unseren Köpfen fauchend heiße Luft in den Ballon strömt, genießen wir Reisenden die aus der Höhe deutlich erkennbaren Charakterunterschiede einer äußerst vielfältigen Landschaft. "Warum fährt man eigentlich in Urlaub?" fragt Renate Jager, als wir von den schroffen Hängen der Mosel zu den saftig grünen Wiesen des Hunsrücks schweben. Dort ist es nach fast 90 Minuten Zeit zum Landen, denn der Ballon steht fast und das sehr tief.

Görgen öffnet Klappen und manövriert ihn so auf eine Wiese nahe Immert. Ganz sanft setzt der Korb auf und wir sind wieder im Hier und Jetzt. Nein, nicht ganz, denn erst werden wir noch getauft: Eine Haarsträhne wird angekokelt und mit Sekt gelöscht, der erst in den Nacken und später auch in die Kehlen fließt. Dazu wird das Ballonfahrergebet gesprochen. Die Reporterin gehört nun als "Prinzessin und edelmütige Luftfee unter den weißen Wolken" dem Stand der Ballonfahrer an, was sie nach diesem Erlebnis allen, denen es irgend möglich ist, nur wünschen kann.

Ballonfahren kann jeder, der körperlich fit und mindestens 13 Jahre alt ist. Fahrten sind bei geeignetem Wetter in jeder Jahreszeit morgens und abends möglich.

Anbieter: Ballonreisen Moselland, Wolfgang und Christa Görgen, Im Flürchen 7, Schweich, Tel.: 06502/99080, Preise: 130 bis 180 Euro. Eifel-Ballooning, Joachim Jung, Wirich 8, Daun, Tel.: 06592/985465, Preise: 160 bis 195 Euro.

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