Mädels, Muschel, Mösle

TRIER. Kalaschnikow-Stöhnen – eine Wortkreation, die Gruseliges vermuten lässt. Mit kehligem Klangteppich soll die Inszenierung der Vagina-Monologe untermalt werden. Schon während der Generalprobe wird klar, was die Besucher am Samstag, 11. März, 20 Uhr dem "V-Day" in der Tufa erwartet.

"Da unten bin ich seit 1953 nicht mehr gewesen", gesteht die ältere Dame und erklärt im gleichen Atemzug, dass sie das modrig- feuchte Klima davon abgehalten habe. "Da unten" - im ersten Moment könnte man eine Keller-Phobie prognostizieren, doch weit gefehlt. Als typische Vertreterin ihrer Generation hat die 72-Jährige nie gelernt, offen und direkt über ihr Geschlecht zu sprechen und rettet sich in Verklausulierungen. Ganz anders das Mädel-Trio der Eröffnungsszene, das sich mit sichtlichem Vergnügen auf der rot-samtigen Bühnendekoration tummelt. Glucksend werfen sie mit Synonymen um sich, die die weibliche Vagina benennen. Während die Engländer auf Schmackhaftes wie "Marshmellow" setzen, geben sich die Deutschen mit Tiefsee, Mutterschiff oder der hamburgischen Variante der Waterkant weniger kreativ. Einzig die Schwaben lassen mit ihrem "Mösle" eine leichte Brise von Zärtlichkeit wehen. Ein plakatives Szenenbild: Scheinbar schamlos räkelt sich Psychologin Simone auf dem Tisch, um sich ein detailliertes Bild von ihrem "da unten" machen zu können. Unbefangen, doch nicht gedankenlos, nehmen sich die neun Frauen der Inszenierung an und schmeißen schließlich den Handspiegel über Bord. Ihre einstimmige Begründung lautet: "zu plakativ". Voller Emotion und mit wahrer Leidenschaft widmen sich die Frauen der Textvorlage von Eve Ensler, die intime Interviews mit hunderten von Frauen geführt hat. Besonders ausdrucksstark präsentiert Stephanie Lermen ihren "Muschel-Monolog". Auch wenn die kleine Muschel, die sie gestenreich öffnet und schließt, zunächst Assoziationen mit einem Werbespot für Tampons knüpft, gibt sie sehr glaubwürdig die frustrierte Esoterik-Tante, mit einem ausgeprägten sexuellen Selbstfindungsdrang. Dass an der Requisite bis zum Schluss gefeilt wird, demonstriert der Aufruf von Fiona Lorenz: "Wenn jemand zu Hause eine größere Muschel hat, nur her damit!" Kehliges Frauenlachen ist die Antwort.Rot ist Leben - Schwarz ist Tod

Die quälende Kleiderfrage ist für diesen Abend allerdings längst geklärt. Dresscode: rot und schwarz - je nach Anlage des jeweiligen Textes. "Rot ist das Leben, schwarz ist der Tod", erklärt Bärbel Schulte - in schwarz-rot kariertem Mini -, die einen männerfreundlichen Monolog wiedergibt. "Dieser Text passt einfach zu mir. Den brutalen Bosnier-Monolog hätte ich auf keinen Fall lesen können, da wären mir auf der Bühne die Tränen gekommen", erzählt die stellvertretende Simeonstift-Leiterin. "Vagina - das klingt ja wie eine Infektionskrankheit", philosophiert zwischenzeitlich eine andere junge Frau auf der Bühne und hantiert mit klebrigen Klinikhandschuhen. Eine abstoßende Ansicht, deren Infektionskomponente momentan aber wohl eher mit der Vogelgrippe in Verbindung gebracht wird. In diesem Fall bleibt der "V-Day" aber das, was er seit 1998 ist: ein Aktionstag gegen Gewalt gegen Frauen - und wenn er derart unterhaltsam verpackt wird, umso besser.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort