Per Radiowelle durch die Galaxis

Effelsberg · Für diese Tagestour sollte man genügend Proviant einpacken: Es geht Millionen Lichtjahre in die Tiefen des Weltalls - vorbei an der Sonne und den Planeten, quer durch das Zentrum der Galaxis bis in die Grillhütte am Ende des Universums.

Als es auf dem Weg durch die grüne Eifel das erste Mal zwischen den Bäumen auftaucht, sieht es fast aus, als sei ein riesiges, weißes Ufo zwischen den grünen Wipfeln gelandet. Auch wenn die Vorstellung naheliegend ist, geht es beim Radioteleskop Effelsberg doch mehr um Science als um Fiction: Seit 1972 blicken dort Wissenschaftler mit einer sich 100 Meter weit aufspannenden Schüssel in die Tiefen des Alls.

"Ein Blick in den Himmel ist ja auch immer ein Blick in die Vergangenheit", erinnert der Astrophysiker Norbert Junkes, als er vor dem Besucherzentrum unweit des Teleskops eine Gruppe Interessierter begrüßt. Und wie er das so sagt, wird klar, dass in dem nüchternen Datenstrom, den Junkes und die anderen Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie mit dem riesigen Gerät Tag und Nacht einsammeln, doch auch sehr viel Poesie steckt: Wo sonst kommen wir Antworten auf die elementarsten Fragen so nahe, ohne bloße Mutmaßungen anstellen zu müssen: Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Und was ist unser Platz in diesem Universum? Besonders was die letzte Frage angeht, kann die Anlage den Kopf schön gerade rücken. Etwa, wenn im Besucherzentrum den Gästen der 3D-Film "Größer als groß" vorgeführt wird: Darin folgt dem schon beeindruckenden Abflug von der Mondoberfläche eine Reise zu den größten Strukturen des Universums.

Die Erkenntnisse, die so vermittelt werden, stammen auch aus Effelsberg: Als das Teleskop 1972 nach drei Jahren Bauzeit eröffnet wurde, war es das größte bewegliche Radioteleskop der Erde: Bei maximaler Neigung ragt es 109 Meter in den Himmel und ist damit dreimal so hoch wie die Trierer Konstantin-Basilika. Mag es auch mittlerweile auf den zweiten Rang gerutscht sein, ist es immer noch eines der weltweit modernsten. Es wird unter anderem zur Beobachtung von Pulsaren, kalten Gas- und Staubwolken, Sternentstehungsgebieten, von Schwarzen Löchern und von Kernen ferner Galaxien eingesetzt.
Grillen am Ende des Universums

Die Oberfläche der Antenne entspricht mit rund 7850 Quadratmetern etwa der eines großen Fußballfeldes. Diese Größe ist wichtig für den sicheren Empfang der außerordentlich schwachen Radiosignale aus dem All.
"Würde sich auf dem Mond ein eingeschaltetes Handy befinden, wäre dies das drittstärkste Radiosignal am Himmel", vergleicht Norbert Junkes. Darum befinde sich das Teleskop auch in einem Tal: Um es möglichst gut von künstlichen Radioquellen abzuschirmen. Und darum bitten die Wissenschaftler auch darum, nicht mit dem Auto oder Motorrad bis an das Institut zu fahren, sondern einen rund 700 Meter entfernt gelegenen Parkplatz zu nutzen. "Aber Rollstuhlfahrer oder ältere Menschen dürfen natürlich gerne eine Ausnahme machen", sagt Junkes.
Der Weg zum Teleskop ist als Planetenwanderweg gestaltet, der mit maßstabsgerecht angebrachten Tafeln vor Augen führt, wie weit schon die Planeten unseres Sonnensystems voneinander entfernt sind. Der Milchstraßen-, Galaxien und der Radioteleskopwanderweg sind ähnlich konzipiert, decken aber weitere Strecken ab: Wer will, kann etwa auf dem letztgenannten rund 13 Kilometern durch die wunderschöne Landschaft rund um das Teleskop wandern, nebenbei eine Menge über das Universum lernen und sich in der "Grillhütte am Ende des Universums" ein Würstchen braten.

Das Teleskop selbst kann zwar nicht betreten werden, man kommt aber recht nah heran. Besonders eindrucksvoll ist die Aussicht, wenn die Generatoren am Fuß der Stahlkonstruktion anlaufen und die 3200 Tonnen schwere Schüssel mit ihren 2352 Oberflächenpaneelen in eine neue Position drehen.
Vor der Rückfahrt kann man sich noch am Imbiss stärken, der am Parkplatz Essen und Trinken zu fairen Preisen anbietet.
Extra

Von April bis Oktober wird im Besucherzentrum beim Teleskop ein umfangreiches Vortragsprogramm angeboten: Jeweils dienstags bis samstags um 10, 11, 13, 14, 15 und 16 Uhr. Montags sowie sonn- und feiertags werden keine Vorträge angeboten. Die Vorträge sind für Gruppen von mindestens 15 bis höchstens 80 Personen geeignet. Kleinere Gruppen und einzelne Besucher können sich anderen Gruppen anschließen. Ein Unkostenbeitrag von zwei Euro (ermäßigt ein Euro) wird erhoben. Vorherige Anmeldung wird empfohlen, schriftlich oder telefonisch (vormittags) unter 02257/301-101. Weitere Informationen auch zur Anfahrt beim Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Max-Planck-Straße 28, Bad Münstereifel und im Internet: www.mpifr-bonn.mpg.de

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