"Awwa hunnert Prozent": Der Peugeot RCZ-R im TV-Test

Trier · Der französische Autobauer Peugeot hat sich über Jahrzehnte hinweg als Anbieter von Praxis-bezogener Kleinwagen und Familienfahrzeugen erwiesen. Jetzt glänzen die Franzosen zum ersten Mal mit einem reinrassigen Sportwagen. Der TV hat den bisher schnellsten Peugeot aller Zeiten, den RCZ-R gefahren.

"Awwa hunnert Prozent": Der Peugeot RCZ-R im TV-Test
Foto: Jürgen C. Braun
"Awwa hunnert Prozent": Der Peugeot RCZ-R im TV-Test
Foto: Jürgen C. Braun

Zunächst etwas zum allgemeinen Verständnis der folgenden, sehr persönlichen, Betrachtungsweise eines ungewöhnlichen Fahrzeuges: In meiner Heimat, an der Grenze von Rheinland-Pfalz zum Saarland, fährt man nicht Peugeot. Man fährt, der Diktion des moselfränkischen Dialektes folgend, "Päscho". Gibt der geneigte Käufer dann auch noch der Farbe der Hoffnung den Vorzug, so bewegen wir nach den Vorgaben hiesiger Lautmalerei "a griina Päscho."

Zum Straßenbild im Grenzgebiet gehörten die Autos mit dem Löwen-Signé schon, als ich noch Kind, Jugendlicher, und irgendwann auch Führerschein-Inhaber war. Päscho, pardon Peugeot, fuhr die Verwandtschaft, der Nachbar, und - so glaube ich mich zu erinnern - einmal sogar auch unser Herr Pastor. Als 104, 304, 404, 504. Als Limousine, Cabrio, Club, was auch immer. "Päschos" gehörten zur Familie. Sie versprühten die Aura der Bodenständigkeit, einer gewissen Vertrautheit, Behaglichkeit und des zu Hause seins.

Warum also, fragte ich mich beim, baut ausgerechnet dieser Hersteller so einen Renner? Einen Peugeot RCZ-R. Ein Auto, in das man nur mit einem Schuhlöffel rein kommt. 1280 Kilo leicht, 250 km/h schnell, 270 PS nur auf der Vorderachse. Diese aber dank zweier Abgas-Turbolader förmlich herausgepresst aus einem aufgeblasenen Vierzylinder mit gerade mal 1,6 Liter Hubraum.

Dieses Auto ist wahrlich ein Familien-Ableger mit einer Attitüde, die völlig aus der Art des bisher da Gewesenen schlägt. Lang, flach, geduckt, als Abschluss ein dezenter Heckbürzel. Wie ein Panther auf dem Sprung. Dazu auf dem Dach eine ziemlich sinnlos anmutende Rinne, die zudem von zwei lasziv erotischen, wohl proportionierten, Backen eingegrenzt wird. Sowas soll "a Päscho" sein? Ach herrje! Oder, wie es der gemeine Saarländer in feinstem Heinz-Becker-Jargon formulieren würde: "Joh, geh fodd!"

Im Interieur glänzt der französische Beau mit vorzüglich konturierten Alcantara-Sitzen und roten Ziernähten. Passend dazu eine Alu-Pedalerie mit Noppen, Rundinstrumente und - wohl als Reminiszenz an Konzern-Modelle aus der Kommissar-Maigret-Ära -wahrhaftig eine mittig platzierte Analog-Uhr. Die beiden hinteren Sitze, die man irgendwann zwangsläufig entdecken muss, eignen sich im Übrigen vortrefflich fürs Mutter- und-Kind-Turnen. Mit einer kleinen Einschränkung: Mutter vorn, Kind hinten.

Bei derlei optischer Verführung sollte, nein darf, der Fahreindruck mit diesem "TGV für die Straße", nicht enttäuschen. Zunächst ein Wort zu eventuell verheerenden Auswirkungen der eben so harten wie verdammt kurzen Federwege. Insassen im fortgeschrittenen Lebensalter sollten sich vor Fahrtantritt von der uneingeschränkten Funktionstüchtigkeit eventueller Haft- und Hilfsmittel überzeugen. Ansonsten könnte es passieren, dass bei hurtiger Fortbewegung und allzu holprigem Untergrund die dritten Zähne und / oder mobile Haarteile durch den chicen Innenraum fliegen und den Fahrer in seiner Konzentration nachhaltig beeinträchtigen. Man kann es auch etwa anders ausdrücken und so formulieren: Manchen geht nix über knüppelhart.

Im Fahrverhalten verbreitet der RCZ-R richtigen Rennsport-Charakter. Da der Antrieb neben einer elektronischen Traktionskontrolle auch noch von einer Torsensperre (Ausgleichsgetriebe) im Zaum gehalten wird, geht die Kraft dorthin, wo sie hin soll: auf die Vorderräder, wo sie ohne den Verlust von Kraftschluss in Vortrieb umgesetzt wird. Dank der direkten, keineswegs leichtgängigen Lenkung entsteht ein unmittelbarer Kontakt zu einem Fahrzeug mit großem Spaßfaktor. Leichte Lastwechsel-Reaktionen konnten wir nur bei abgeschaltetem ESP und feuchter Fahrbahn erahnen. Insgesamt eine Glanzleistung der Ingenieure, ein Fahrzeug mit einer durchaus gewollten "Zwangsbeatmung" zu versehen und dann die Kraft derart auf die Straße zu bringen. Erlaubt sei dennoch die Frage nach den Beweggründen, die zum Verzicht auf einen (permanenten) Allradantrieb geführt haben.

Bei allen Sportwagen-Qualitäten hat der Peugeot RCZ-R allerdings auch eine hohe Alltags-Tauglichkeit. Dazu gehören neben der Bummelfähigkeit des erstaunlich elastischen Triebwerkes eine umfangreiche Serienausstattung mit vielen Assistenzsystemen, (u. a. Reifendruck-Sensoren, Einparkhilfe), dynamisches Kurvenlicht, Klimaautomatik, Infotainment. Die Rücksitze kann man zudem zugunsten des ohnehin sehr ansehnlichen Kofferraums noch umlegen.

Zum Abschluss sei gesagt: Der Mut eines Autobauers, der seine Brötchen in erster Linie mit der Produktion von Familienkutschen und praktischen Klein(st)wagen verdient hat, verdient in diesem Falle Anerkennung. Genau so wie die Umsetzung der optischen Vorgaben in pure Fahrfreude, gepaart mit hoher Alltagstauglichkeit. Vergleichbare Angebote zu einem Preis ab 41.800 Euro wie beim RCZ-R zu finden, wird nur schwer gelingen

Oder, wie es der Becker-Heinz im Brustton der Überzeugung formulieren würde: "Awwa hunnert Prozent."

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