Ein rasender Radler ist kein Unschuldslamm

Trier · Unfälle mit Radlern und motorisierten Verkehrsteilnehmern sind nicht selten. In der Regel sind die Radfahrer eher in der Opferrolle. Doch auch wer strampelt, kann schneller mit dem Gesetz in Konflikt kommen, als ihm lieb ist.

Trier. Zum großen Teil gehen Radfahrer ihrem Hobby auf eigens dafür hergerichteten Fahrradwegen oder mit dem Mountainbike im Gelände nach. Für viele Zeitgenossen aber ist der Drahtesel nicht nur für den sportlichen Zeitvertreib, sondern für die tägliche, persönliche Mobilität da. Und in solchen Fällen muss man sich mit anderen Verkehrsteilnehmern arrangieren. Ein interessantes Urteil, das auch dem Radfahrer bei nachweisbarem Fehlverhalten Schuld beimisst, hat nun das Oberlandes gericht (OLG) Karlsruhe gefällt. Im besagten Fall ging es um einen allzu flotten Pedaleur, der mit seinem Zweirad eine abschüssige Straße hinunterfuhr. Oder besser gesagt, hinunter raste. Das Gericht urteilte, dass ein Zweiradfahrer, der in einem derartig unvernünftigen Tempo unterwegs ist, dass er sein Gefährt im Notfall nicht mehr zum Stehen bringen kann und stürzt, auch für den entstandenen Schaden allein aufzukommen habe. Das gelte auch dann, wenn der Unfall durch den Schreck über einen plötzlich entgegenkommenden Bus verursacht wurde, dem "aufgrund seiner Größe und Fahrleistung in der Regel eine wesentlich stärkere Betriebs gefahr und damit auch höhere Haftung im Verkehr zugeschrieben wird". So das mittlerweile rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Aktenzeichen 13 U 46/10). Mitten auf der Straße unterwegs

Der besagte Radfahrer war verkehrswidrig in der Straßenmitte unterwegs, als ein Bus vor ihm auftauchte. Der fuhr im Gegensatz zu dem Radler ordnungs gemäß rechts auf seinem Fahrstreifen. Außerdem nahm er sofort, als er den herankommenden Raser bemerkte, vorsorglich den Fuß vom Gas. Die Gefahr einer Kollision zwischen dem Bus und dem Fahrrad - so stellte das Gericht fest - habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Doch dann kam es, wie es kommen musste, wenn mal wieder alles schiefgeht an einem schwarzen Tag. Der Radfahrer machte - im festen Vorsatz, das Richtige tun zu wollen - nämlich alles falsch. Zutiefst erschrocken über den Bus versuchte er noch ein Ausweichmanöver. Doch der flotte Zeitgenosse im Sattel war offensichtlich nicht mehr in der Lage, die Geschwindigkeit seines Rads zu beherrschen. Das Bremsmanöver misslang, der Mann geriet ins Schleudern und stürzte ziemlich unsanft auf den harten Asphalt. Nun sollte der Busfahrer für den entstandenen Schaden aufkommen und auch noch Schmerzensgeld zahlen. Schließlich habe, so die Argumentation des Gestürzten, der durch das Auftauchen des Busses verursachte Schreck den Unfallablauf ausgelöst. Dieser Auslegung widersprachen die Karlsruher Richter. Zwar bestehe laut höchstrichterlicher Rechtsprechung ein innerer Zusammenhang des Unfalls mit dem Betrieb des Busses. Auch dann, wenn - wie hier - die Ausweichreaktion des Radfahrers objektiv nicht erforderlich war. "Doch der betroffene Biker raste ja ungehemmt und noch dazu nahe der Mittellinie auf die abschüssige Linkskurve zu. Sein Fehlverhalten wiegt damit derart schwer, dass auch die aus der Größe des Fahrzeugs zweifellos resultierende höhere Betriebs gefahr des Busses dahinter weit zurücktritt" , urteilten die Richter des OLG. Zudem sei der Sturz des Radlers für den Fahrer des Busses unabwendbar gewesen.Wer sich für ähnliche Streitfälle im Verkehrsrecht interessiert, findet weitere Urteile im Internet unter www.anwaltshotline.de.

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