Grüne Technik für den Chef

Trier · In großen Unternehmen galt lange die Faustformel: Je leistungs stärker und teurer der Dienstwagen, umso bedeutsamer Position und Machtfülle. Mittlerweile haben viele ihr ökologisches Gewissen entdeckt. Autos mit möglichst wenigen Emissionen sind hoch angesehen. Und die deutschen Premium-Hersteller ziehen mit.

Trier. Für Atomkraftgegner ist er das Feindbild Nummer eins. Doch Jürgen Großmann kennt seine Rolle und sein Selbstverständnis nicht anders. Der Vorstandsvorsitzende des Energie riesen RWE weiß aber auch, wie wichtig gute PR ist. Deshalb rüstet er ab - zumindest beim Auto.
Seine Dienstfahrten unternimmt der Zwei-Meter-fünf-Mann seit geraumer Zeit in einer Mercedes-E-Klasse , die einen für Fahrzeuge dieser Kategorie bescheidenen CO{-2}-Ausstoß von 199 Gramm pro Kilometer (g/km) hat. Die Idee, das Unternehmen auf umweltfreundlichere Fahrzeuge umzustellen, ist weder neu noch verkehrt, sondern höchst wirksam, um in grünen Zeiten einen möglichst guten Eindruck zu hinterlassen. Ergo geht Großmann mit gutem Beispiel voran.
Ihm nach macht es Telekom-Chef René Obermann, der im Diesel auf Dienstreise geht. Sein BMW 530d emittiert nur 173 Gramm CO{-2} pro 100 Kilometer. Die ökologische Offensive von der Vorstandsspitze abwärts hat offenbar Methode. Auch Bayer, Siemens und Eon, ein weiterer Energiegigant, haben ihrer Chef etage klimafreundlichere Fahrzeuge verordnet. Und bei der Telekom fahren mittlerweile drei von acht Vorständen Autos, die unter 190 g/km liegen. "Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen und können nicht nur Lippenbekenntnisse verlesen", lässt das Haus verlauten.
Während Lexus dem Öko-Anspruch vor allem mit Hybrid fahrzeugen gerecht werden will, setzt die deutsche Konkurrenz zudem immer noch auf die lineare Verfeinerung des Verbrennungsmotors. "Sowohl bei den Benzinern wie auch beim Diesel-Antrieb haben wir noch erhebliches Einsparpotenzial bei Verbrauch und Schadstoff emission" ist das Credo von BMW-Vorstandschef Norbert Reithofer.
Das Umdenken der großen Dax-Konzerne, aber auch vieler kleinerer Unternehmen in Bezug auf ihre Firmenflotte, fordert von den deutschen Autobauern vor allem dort immer häufiger grüne Technik ein, wo sie das meiste Geld verdienen: bei den Oberklasse-Fahrzeugen. Bei der Telekom beispielsweise können aufgrund der neuen Richtlinien nur noch der BMW 7er oder 5er Diesel und die Dreiliter-Versionen des Audi A8 gekauft werden. Bei Mercedes-Benz stünden der S350 CDI Blue Efficiency, der S400 Hybrid und der S250 CDI zur Disposition.
Einen Schritt weiter


Doch freiwilliges Sparen an Pferdestärken ist manchen Unternehmen noch nicht genug, wenn es um einen guten Leumund in Sachen Umweltschutz geht. Die Telekom, die mehr als 30 000 Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen lässt, will den Richtwert von 130 Gramm freiwillig unterschreiten und strebt 110 g/km an. Für die Top-Manager des Hauses soll demnächst eine Obergrenze von 190 g/km CO{-2} bei den Dienstwagen gelten.
Noch stringenter gehen die Entscheidungsträger bei Siemens vor. Das Unternehmen will nicht nur den Ausstoß seiner gesamten Firmenflotte um zehn Gramm pro Kilometer senken. Es führt auch ein Bonus-System für Mitarbeiter ein, die dem Auto ganz entsagen und stattdessen auf den öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) setzen. Bereits seit gut einem Jahr verzichten knapp 300 leitende Angestellte von Siemens auf einen Firmenwagen. Stattdessen erhalten sie eine Mobilitätszulage für den Nahverkehr. Die Vorstände also bald in Bussen und Bahnen? Mit höchstens 130 Gramm CO{-2} - umgelegt auf die gesamte Fahrzeugflotte - dürfen Neuwagen in der EU ab 2012 die Umwelt schädigen. Das bedeutet vor allem für die deutschen Premium hersteller Mercedes-Benz, Audi und BMW gewaltige Anstrengungen. Denn ihre Flaggschiffe wie S-Klasse, 7er oder A8 sowie die SUVs schaden dem Schnitt. jüb

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