Alte Darlehensverträge kündigen statt widerrufen

Hamburg (dpa/tmn) · Viele Verträge für Immobilienkredite enthalten Widerrufsbelehrungen, die den gesetzlichen Anforderungen nicht standhalten. Bislang konnten Betroffene sie auch Jahre später noch widerrufen. Das wird sich wohl bald ändern. Für manche ist die Kündigung eine Alternative.

 Kreditnehmer, die zwischen 2002 und 2010 einen Vertrag geschlossen haben, dürfen diesen nur noch wenige Monate widerrufen. Foto: Kai Remmers

Kreditnehmer, die zwischen 2002 und 2010 einen Vertrag geschlossen haben, dürfen diesen nur noch wenige Monate widerrufen. Foto: Kai Remmers

Für Immobilienbesitzer kann es im Einzelfall sinnvoller sein, einen alten Darlehensvertrag zu kündigen, statt ihn zu widerrufen. „Das gilt besonders für Verträge, die bereits knapp zehn Jahre oder länger laufen“, sagt Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Denn dann können sie von der gesetzlichen Kündigungsfrist für Immobilien-Darlehen profitieren. Der Grund: Nach Ablauf von zehn Jahren dürfen Kreditnehmer den Vertrag kündigen, ohne die Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.

Wer den Vertrag wechselt, kann unter anderem von den derzeit günstigen Zinsen profitieren. Auch für Kreditnehmer, die einen Immobilienkredit mit einer fehlerhaften Belehrung abgeschlossen haben, kann die Kündigung unter Umständen eine interessante Alternative sein.

„Entscheidend ist dabei nicht, wann der Vertrag unterschrieben wurde“, erklärt Krolzik. Die gesetzliche Kündigungsfrist beginnt, wenn die Bank das Darlehen vollständig ausgezahlt hat. Für Hausbauer heißt es noch länger warten: Erst wenn die letzte Teilzahlung an den Bauträger gezahlt wurde, läuft die Frist.

„Ob sich ein Widerruf oder eine Kündigung lohnt, kann man nicht pauschal sagen“, sagt Krolzik. Darlehensnehmer sollten sich hierzu beraten lassen. Eine Ersteinschätzung nehmen beispielsweise die Verbraucherzentralen in Hamburg sowie Sachsen vor.

Hintergrund: Am Donnerstag hat der Bundestag entschieden, dass Kreditnehmer, die zwischen 2002 und 2010 einen Vertrag geschlossen haben, diesen nur noch wenige Monate widerrufen dürfen. Viele dieser Verträge enthalten Widerrufsbelehrungen, die den gesetzlichen Anforderungen nicht standhalten. Nach Auffassung der Verbraucherschützer bedeutet die Entscheidung für Kreditnehmer: Sie können voraussichtlich nur noch bis einschließlich 21. Juni 2016 sogenannte Altverträge widerrufen.

Grund dafür ist eine europäische Richtlinie - die sogenannte Wohnimmobilienkredit-Richtlinie - die bis zum 21. März 2016 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Das Gesetz könnte sich nach Einschätzungen der Verbraucherschützer auch auf laufende Baudarlehen auswirken. Betroffene sollten sich also schnell beraten lassen. „Denn es ist gar nicht so einfach, eine Anschlussfinanzierung zu finden, wenn der Widerruf noch läuft“, erklärt Krolzik.

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