Arbeiten zu Hause rechtlich riskant

Nicht wenige gehen in der Privatwohnung einer freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeit nach. Der Bundesgerichtshof zieht in zwei aktuellen Urteilen strenge Grenzen. Mieter sollten frühzeitig das Einverständnis vom Vermieter einholen.

Viele Gründer und Jungunternehmer starten ihre unternehmerische Tätigkeit in den eigenen vier Wänden. Was bequem und günstig erscheint, ist aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) außerordentlich riskant (BGH, Az.: VIII ZR 213/12, Az.: VIII ZR 149/13). Unternehmer sollten die private Wohnung nicht ungefragt zum Büro machen, betont die Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei WWS. Vermieter können bei einer vertragswidrigen Nutzung den Wohnungsmietvertrag fristlos kündigen und Schadenersatz verlangen.
Kaum Probleme bei Telearbeit


Geschäftliche Tätigkeiten sind in der Regel dann unproblematisch, wenn die Arbeiten nicht nach außen in Erscheinung treten. Dazu zählen etwa die Telearbeit eines IT-Mitarbeiters im Homeoffice, die Unterrichtsvorbereitungen eines Lehrers im häuslichen Arbeitszimmer oder die schriftstellerische Tätigkeit eines Buchautors. "Bei übrigen Tätigkeiten, die etwa durch den Firmennamen am Klingelschild nach außen in Erscheinung treten, ist nach BGH-Rechtsprechung die Zustimmung des Vermieters erforderlich", meint Oliver Weger, Rechtsanwalt der Kanzlei WWS. Allerdings darf er seine Zustimmung nicht verweigern, wenn die Tätigkeiten keine über die reine Wohnnutzung hinausgehende Beeinträchtigung darstellen. Dies ist dann der Fall, wenn kein ins Gewicht fallender Kundenstamm vorhanden ist und die Tätigkeit in der Wohnung ohne Mitarbeiter ausgeführt wird.
Freiberufler und Gewerbetreibende sollten im Vorfeld das Einverständnis des Vermieters einholen, um Klarheit zu schaffen. Wenn von der geschäftlichen Tätigkeit keine negativen Auswirkungen ausgehen, hat der Vermieter nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Einzelfall eine Erlaubnis zu erteilen. Allerdings kann der Vermieter seine Erlaubnis von einer Mieterhöhung abhängig machen, da Gewerbemieten grundsätzlich höher ausfallen als Wohnraummieten.
Hat der Vermieter Vorbehalte gegen eine geschäftliche Nutzung der Wohnung, lässt sich unter Umständen eine Testphase vereinbaren. Kommt es in dieser Zeit zu keinen Beeinträchtigungen, sollte einer längerfristigen Nutzung nichts im Wege stehen. Problematisch sind Einheiten, die zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft gehören. In diesen Fällen sind Vermietern oft die Hände gebunden. Sie müssen die Erlaubnis aller übrigen Wohnungseigentümer einholen, was in der Praxis schwierig ist.
Steuerliche Aspekte beachten


Auf Nummer sicher gehen Mieter, wenn sie sich eine teilgewerbliche Nutzung der Wohnung bereits bei Abschluss des Mietvertrages einräumen lassen. Gerade in Regionen mit vielen leerstehenden Wohnungen haben Mieter eine gute Verhandlungsposition. Hierzu ist eine Musterklausel zur Berufsausübung in der Mietwohnung in den Vertrag mit aufzunehmen. So hält sich der Mieter eine geschäftliche Tätigkeit in den eigenen vier Wänden offen.

Mit dem mietvertraglichen Einverständnis ist es aber in einigen Fällen nicht getan. Viele Wohnungsämter, gerade in städtischen Gebieten, schützen den knappen Wohnraum mit speziellen Regelungen. Wird Wohnraum überwiegend für geschäftliche Zwecke genutzt, steht der Vorwurf der Zweckentfremdung im Raum. Betroffene sollten sich gründlich informieren und gegebenenfalls vorab von den Behörden eine Erlaubnis einholen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Auch bauordnungsrechtliche Auflagen können einer Geschäftstätigkeit in der Privatwohnung entgegenstehen. Gegebenenfalls muss der Vermieter eine Nutzungsänderung beim zuständigen Bauamt beantragen.
Neben rechtlichen sind auch steuerliche Aspekte nicht zu unterschätzen. Gründer und Unternehmer sollten deshalb im Vorfeld fachlichen Rat einholen und alle fallspezifischen Auswirkungen abklären.
Grundsätzlich gilt: Die geschäftliche Tätigkeit in der Wohnung will gut überlegt sein und ist oft nur für eine Übergangszeit ratsam. np

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