Der Angriff auf die Ohren geht an die Nerven
Berlin · Wer in seiner Umgebung Lärm ertragen muss, dem kann das Wohnen arg vergällt werden. Mancher zieht vor Gericht in der Hoffnung, wieder Ruhe zu bekommen. Doch nicht jeder juristische Vorstoß ist erfolgreich.
Berlin. Lärm kann einer der schlimmsten Störfaktoren sein, die es gibt. Egal, ob es sich um startende Flugzeuge oder um einen schnarchenden Wohnungsnachbarn handelt - beides hat Menschen schon zur Verzweiflung gebracht. Die Schutzmöglichkeiten halten sich in Grenzen. Deswegen sehen viele ihre einzige Chance, endlich wieder einmal Ruhe zu erhalten, im Einschalten der Gerichte. Sie sollen den Störer so weit bringen, endlich selbst etwas gegen den Lärm zu unternehmen. Und wenn das nicht möglich ist, soll wenigstens eine finanzielle Entschädigung für einen gewissen Ausgleich sorgen. Doch wie urteilen Gerichte, wenn es um Ruhestörungen ganz verschiedener Art geht?
Wenn Damenschuhe klappern
High Heels, Damenschuhe mit sehr hohen Absätzen, sind eigentlich weniger für den Einsatz in der eigenen Wohnung als für den Auftritt in der Gesellschaft gedacht. Manche laufen aber damit auch zu Hause herum. Besonders fatal wirken sich High Heels in der Kombination mit einem harten Bodenbelag (Fliesen, Parkett, Laminat) aus. Das Landgericht Hamburg (Az. 316 S 14/09) untersagte der Bewohnerin einer Mietwohnung auf Drängen der Nachbarn, daheim solche Schuhe zu verwenden. Das sei eine unzumutbare Belästigung.
Touristen sind im Regelfall deutlich lauter als die "normalen" Bewohner eines Hauses. Sie kommen oft zu ungewöhnlicheren Zeiten an. Sie feiern gerne, weil sie ja am nächsten Tag nicht arbeiten müssen. Und sie üben manchmal wohl auch deswegen weniger Rücksichtnahme, weil sie ihren Nachbarn nur für kurze Zeit begegnen. Bei Immobilien, die sowohl von Touristen als auch von dauerhaften Mietern bewohnt werden, haben letztere nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH, Az. VIII ZR 155/11) die Möglichkeit, eine Mietminderung durchzusetzen - zumindest dann, wenn Lärm und Schmutz überhand nehmen.
Manchmal kommen die Geräusche auch von außerhalb. So fühlten sich die Anwohner einer Straße erheblich dadurch belästigt, dass ein Passant über längere Zeit grölte und pfiff. Doch solch eine Störung reicht nicht aus, die betreffende Person in Polizeigewahrsam zu nehmen, entschied das Landgericht Köln (Az. 21 O 376/07). Hier werde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Es handle sich für die Anwohner nur um eine vorübergehende Störung, von der keine Gesundheitsschäden zu erwarten seien.
Altmieter haben, wenn nachträglich ein Dachgeschoss zu Wohnraum umgebaut wird, einen Anspruch auf schallisolierende Maßnahmen. Die Frage ist allerdings, wie intensiv diese ausfallen müssen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sagt: Normalerweise ist der Stand der Technik einzuhalten, der bei der Errichtung des Gebäudes galt (BGH, Az. VII ZR 287/12). Wenn allerdings neu gebaut wird oder sehr grundlegende Änderungen vorgenommen werden, dann müssen die aktuellen DIN-Normen zum Einsatz kommen.
Störender Straßenlärm
Wenn es so etwas wie den häufigsten und als am störendsten empfundenen Lärmauslöser gibt, dann ist es mit ziemlicher Sicherheit der Straßenverkehr. Mieter fühlten sich durch ein Anwachsen der Verkehrsgeräusche durch eine Umleitung so gestört, dass sie ihre monatlichen Überweisungen an den Eigentümer kürzen wollten. Doch der BGH (Az. VIII ZR 152/12) betonte, dass eine vorübergehende Steigerung des Verkehrslärms dafür nicht ausreiche. Eine Ausnahme würde gelten, wenn die ruhige Wohnlage bereits bei der Anmietung ein erkennbares Entscheidungskriterium gewesen ist.
In Mietverhältnissen ist generell wichtig, was die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart haben. Wenn zum Beispiel zum Schallschutz gewisse Mindeststandards beidseitig beschlossen wurden, dann müssen diese auch unbedingt eingehalten werden. Das Landgericht Wiesbaden (Az. 3 S 54/11) sprach in genau solch einem Fall von einem Mangel der Mietsache, weil die Realität von den Versprechungen abgewichen war.
Bei Neubauten lohnt sich ein Blick auf den Bebauungsplan. Wenn der keine Vorgaben zum passiven Lärmschutz enthält, tut sich die Baurechts-Behörde gegenüber einem Bauherrn schwer, bestimmte Schallschutzanordnungen zu treffen. Derartige Anweisungen seien wegen fehlender Rechtsgrundlage unzulässig, urteilte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Az. 3 S 2099/08). Anders sehe es aus, wenn durch den Lärm die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschritten werde. red