Die Sache mit der Selbstverantwortung

Ein Mieter war auf der nassen Haustreppe ausgerutscht und hatte sich schwer verletzt. Er forderte deshalb insgesamt rund 300 000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Vermieterin.

 Auf einem frisch geputzten Treppenhaus kann man leicht ausrutschen. Foto: Dpa

Auf einem frisch geputzten Treppenhaus kann man leicht ausrutschen. Foto: Dpa

Foto: Martin Schutt (g_wissen

Wer in einem erkennbar frisch geputzten Treppenhaus ausrutscht, weil er sich nicht am Geländer festhält, ist selbst schuld. Er bekommt deshalb weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz für die Folgen eines Sturzes. Das hat das Amtsgericht München klargestellt (Az.: 454 C 13676/11).
Der betroffene Mann ist 51 Jahre alt und wohnt in einer Münchner Mietwohnung. Im September 2009 war er im Treppenhaus gestürzt. Er erlitt dabei einen komplizierten Bruch des rechten Oberarmknochens mit Verschiebung der Knochenteile. Diese Fraktur musste noch am gleichen Tag operiert werden. Der Mann leidet seitdem an Schmerzen und hat massive Bewegungseinschränkungen. Er hat eine elf Zentimeter lange Narbe am Arm. Infolge des Unfalles erhält er seit Februar 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung und ist zu 50 Prozent schwerbehindert. Der Mann leidet an Depressionen.
Er macht für den Sturz und dessen schlimme Folgen seine Vermieterin verantwortlich. Das Treppenhaus sei nämlich kurz vor dem Sturz gereinigt worden und deshalb nass und rutschig gewesen. Warnschilder seien nicht aufgestellt gewesen. Nur deshalb sei er gestürzt. Für die Folgen sei ein Schmerzensgeld von mindestens 80 000 Euro angemessen. Außerdem verlangt der Mieter Schadensersatz in Höhe von monatlich 947 Euro bis zum Jahr 2031. Dieser Betrag entspricht der Differenz zwischen dem Einkommen, was er bei Erwerbsfähigkeit hätte erzielen können und der Rente.
Die Haftpflichtversicherung der Vermieterin erkannte die Haftung dem Grunde nach an. Sie bezahlte einen Schmerzensgeldvorschuss von 3500 Euro und erstattete 140 Euro für ärztliche Attest-Kosten. Weitere Zahlungen sind nicht erfolgt. Der Mieter erhob deshalb Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz. Das Amtsgericht wies diese Klage ab. Die zuständige Richterin geht von einem 100-prozentigen Mitverschulden des Klägers an dem Unfall aus. Demnach wiegt die Mitschuld des Mieters an dem Unfall so stark, dass eine Ersatzpflicht der Vermieterin vollständig entfällt.
Begründung: Der Mieter habe bei der Benutzung des Treppenhauses die Sorgfalt außer Acht gelassen, die nach Lage der Sache erforderlich erschien, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Er habe sich beim Betreten des Treppenhauses offenbar nicht ausreichend am Treppengeländer festgehalten, obwohl die Gefahr des Ausrutschens offensichtlich bestand. Nach Aussage aller Zeugen sei das Treppenhaus zum Zeitpunkt des Sturzes sehr nass gewesen und dies sei vor allem auch deutlich erkennbar gewesen. Es seien großflächige, sehr nasse Stellen zu sehen gewesen. Der Hausflur sei gut beleuchtet gewesen. Zudem habe das damals benutzte Reinigungsmittel sehr stark gerochen. Der Kläger hätte demnach erkennen müssen, dass Rutschgefahr bestand. Er hätte sich deshalb am vorhandenen Handlauf festhalten müssen. Das Urteil ist rechtskräftig. np

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