Ein Jahr Bestellerprinzip: Nun zahlt meist der Vermieter

Essen (dpa) · Die Maklerprovision ist nun „Verhandlungssache“ und neue Internet-Anbieter suchen ihr Glück auf dem Wohnungsmarkt. Ein Jahr nach Einführung des Bestellerprinzips fahnden viele Makler noch nach neuen Geschäftsmodellen. Mieter sind zufrieden, und Vermieter zahlen.

 Seit Vermieter die Kosten eines Maklers übernehmen müssen, sind die Vermittler-Honorare gesunken. Foto: Jens Kalaene

Seit Vermieter die Kosten eines Maklers übernehmen müssen, sind die Vermittler-Honorare gesunken. Foto: Jens Kalaene

Feilschen statt Fest-Courtage: Seit einem Jahr sind die Karten für Mieter, Makler und Vermieter neu gemischt. Während früher vielfach die Mieter für die Dienste eines Maklers in die Tasche greifen mussten, flattert die Rechnung seit dem 1. Juni 2015 meist dem Vermieter ins Haus.

Die neue Regel lautet: Wer den Makler bestellt, zahlt auch. Und das ist üblicherweise der Wohnungseigentümer. Für die Akteure am Wohnungsmarkt hat das neue Bestellerprinzip zum Teil gravierende Folgen. Vor allem Makler mussten sich seitdem umstellen. „Gut 70 Prozent haben sich neu ausgerichtet und auf den Verkauf konzentriert“, berichtet die Bundesgeschäftsführerin des Maklerverbands IVD, Sun Jensch. Probleme bei dem neuen Geschäftsmodell bereiteten derzeit häufig jedoch fehlende Verkaufsobjekte. Die Folge seien deutliche Umsatzrückgänge.

Statt auf eine feste Courtage von zwei oder mehr Monatsmieten bauen zu können, müssen Makler nun mit ihren Kunden zunehmend über die Entlohnung ihrer Leistungen verhandeln. Die Spannbreite reicht dabei vom mietunabhängigen Festpreis, bis zu gestaffelten Vereinbarungen mit jeweils unterschiedlichen Leistungen. Das Angebot reicht vom Basispaket ohne Wohnungsbesichtigung und Vertragsschluss bis hin zum Komplettangebot, heißt es beim IVD.

Über 70 Prozent der Makler müssten sich nun allerdings mit reduzierten Honoraren von maximal 1,5 Monatsmieten zufriedengeben. Das sei bei einem Arbeitsaufwand von rund 20 Stunden und einer Durchschnittsmonatsmiete für eine 70-Quadratmeter-Wohnung von 418,60 Euro „nicht wirklich auskömmlich“, beklagt der Verband. Für einige Makler sei das sogar „existenzbedrohend“, sagt Jensch.

Beim Düsseldorfer Bezirksverband des Rings Deutscher Makler (RDM) verweist man auf Sparanstrengungen vieler Wohnungsvermittler. Arbeitsabläufe würden „gestrafft“ und Besichtigungstermine teilweise mit mehreren Interessenten organisiert, hieß es. Nur eine winzige Minderheit von vier Prozent der von dem Verband befragten Makler habe ihr bisheriges Vergütungsmodell jedoch komplett über Bord geworfen und rechne etwa nach Stunden oder mit einem pauschalen Satz ab.

Bei den nun meist zahlungspflichtigen Vermietern sieht man die Neuregelung dagegen eher entspannt. „Bei dem Gesetz kommt es nicht zu so vielen Streitigkeiten wie bei der Mietpreisbremse“, stellt Inka-Marie Storm von der Eigentümerorganisation Haus & Grund fest. „Wir haben das Gefühl, dass es eigentlich ganz gut funktioniert“, sagt Storm. Die Preisgestaltung der Makler sei nun „Verhandlungssache“. Nach unten hin sei bei den Preisen „ziemlich alles offen“.

Trotz „tiefroter Zahlen im siebenstelligen Bereich“ ist Hanno Heintzenberg, Geschäftsführer und Gründer des Internet-Maklers „McMakler“ mit dem ersten Geschäftsjahr seines Start-ups hochzufrieden. „Wir haben uns alle gefreut“, beschreibt er die Reaktion auf die Gesetzesänderung. Hinter der Neugründung stünden eine Reihe von zum Teil internationalen Investoren mit einem langen Atem. McMakler ist nach eigenen Angaben Marktführer in der nach Einführung des Gesetzes schnell gewachsenen Internet-Szene.

Rundum zufrieden mit dem neuen Gesetz ist auch der Deutsche Mieterbund. „Das Gesetz funktioniert“, sagt Sprecher Ulrich Ropertz. Den neuen Grundsatz hätten alle Beteiligten mittlerweile verinnerlicht. Dass Mieter von Maklern unerlaubt zur Kasse gebeten würden, sei eher die Ausnahme. „Die, die tricksen, sind möglicherweise ein bisschen doof“, sagt er. Betrogene Mieter könnten anschließend zudem in der Regel ihr Geld zurück verlangen.

IVD

Wo Wohnungen knapp sind, können Vermieter oft beijedem Mieterwechsel mehr verlangen. Diese Preisspirale sollteeigentlich die Mietpreisbremse verlangsamen, die vor einem JahrBerlin als erstes Bundesland zum 1. Juni eingeführt hat. Inzwischengilt sie - zumindest für ausgewählte Städte - in 11 von 16 Ländern.In diesen Städten dürfen Mieten bei neuen Verträgen in der Regel nurnoch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, wiesie im Mietspiegel festgelegt ist. Die Bilanz nach einem Jahr fälltaber durchwachsen aus.

Das Forschungsinstitut Empirica hat zwar einen kurzfristigen Effektfestgestellt. Dieser sei meist jedoch nach einigen Monaten verpufft,die Mieten stiegen weiter. In Hamburg und Berlin haben dieMietervereine die Neuvermietungen unter die Lupe genommen undfestgestellt, dass die Bremse nicht wirke. In Berlin liegen dieMieten für betroffene Wohnungen im Schnitt etwa ein Drittel höher alseigentlich zulässig. In Hamburg sei mehr als die Hälfte der aktuellenAngebote deutlich höher als erlaubt.

Vermieter nähmen das Gesetz nicht ernst, weil sie keine Sanktionenfürchten müssen, kritisierten Mietervertreter. Viele Mieter scheutendie Konfrontation und zeigten überhöhte Mieten nicht an. „Damit dieMietpreisbremse funktionieren kann, brauchen wir mehr Transparenz“,fordert der Deutsche Mieterbund und verlangt beispielsweise, dass derVermieter im Mietvertrag offenlegen muss, warum er möglicherweiseberechtigt ist, die Mietpreisbremsen-Grenze zu überschreiten.

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