Ein Sturz auf Glatteis mit Folgen

Wie weit geht im Winter die Räum- und Streupflicht vor der eigenen Haustür? Es kommt auf den Einzelfall an, sagen die Gerichte. Dazu ein Fall zu einem Privatweg in einer kleinen Wohnsiedlung.

Das Landgericht Coburg hat entschieden, dass ein Anwohner seiner Verkehrssicherungspflicht genügt, wenn er einen ausreichend breiten Streifen des Weges von Schnee und Eis befreit. Eine Verpflichtung zur umfassenden Räumung bestehe bei dem konkreten Weg nicht, so die Richter (Az.: 41 O 675/13).
Anlieger wusste nichts


Die Klägerin in dem von Juris veröffentlichten Fall ging im Februar 2013 mit ihrer Tochter im Bereich eines Privatweges, der insgesamt 13 Reihenhäuser erschloss. Dort wohnte der später verklagte Anlieger. Er hatte einen Streifen auf diesem Privatweg geräumt, ein Teil des Weges blieb ungeräumt. Genau dort war die Klägerin nach eigener Aussage schwer gestürzt und hatte sich erheblich verletzt: Sie sei der Tochter, die wegen Glatteises zu stürzen drohte, zu Hilfe geeilt. Dabei sei sie auf eine nicht erkennbare vereiste Fläche getreten und gestürzt. Sie hätte einen Bruch im Armbereich erlitten und sei über zwei Monate erwerbsunfähig gewesen. Sie habe immer noch erhebliche Schmerzen. Schuld daran sei der Anlieger, der seine Streupflicht nicht beachtet habe. Das ergebe sich aus Fotos, die der Ehemann der Verletzten am Tag nach dem Unfall gemacht habe.
Die Frau forderte deshalb vom Anlieger 4000 Euro Schmerzensgeld, darüber hinaus eine monatliche Schmerzensgeldrente von mindestens 50 Euro sowie Kosten für eine Haushaltshilfe von 280 Euro im Monat. Zudem wollte die Klägerin noch weiteren Schadenersatz in Höhe von etwa 4500 Euro.
Der beklagte Anlieger verteidigte sich damit, dass er von einem Sturz der Klägerin nichts wisse. Er sei erst Monate später durch die Rechtsanwältin der Klägerin angeschrieben worden und könne daher die Witterungsverhältnisse nicht mehr nachvollziehen. Aus den vorgelegten Lichtbildern sei jedoch erkennbar, dass ein ausreichend breiter Streifen geräumt gewesen sei. Zudem handele es sich um einen Privatweg, für den die gemeindlichen Räum- und Streupflichten nicht gelten würden, so die Auffassung des Anliegers.
Das Landgericht Coburg hat die Klage der Frau abgewiesen. Grundsätzlich folgten die Richter zwar den Angaben der Klägerin, dass sie am Unfalltag an der angegebenen Stelle gestürzt ist. Auch hätten für den Privatweg Räum- und Streupflichten gegolten. Es sei nämlich nicht offensichtlich, dass es sich um einen Privatweg handelt. Zudem sei der Weg allgemein zur Abkürzung von Fußgängern benutzt worden. Der Weg sei jedoch ausreichend geräumt gewesen, so das Gericht weiter.
Auf einem Fußweg müsse der geräumte Streifen so breit sein, dass zwei Fußgänger vorsichtig aneinander vorbeikommen. Diese Breite sei auf den Lichtbildern geräumt gewesen. In einem solchen geräumten Bereich könnten auch vereinzelt glatte Stellen vorkommen. Die Räum- und Streupflicht dürfe nicht so weit ausgedehnt werden, dass jede Gefahr hinsichtlich einer Schnee- und Eisglätte verhindert werden muss. Dies könne den Räum- und Streupflichtigen nicht zugemutet werden. Die Vorstellung der Klägerin, der geräumte Streifen müsse so breit sein, dass ein PKW und ein Fußgänger aneinander vorbeikommen, sei überzogen.
Zudem wies das Landgericht darauf hin, dass die Klägerin wegen ihres Verhaltens ein überwiegendes Mitverschulden treffe. Dieses sei hoch anzusetzen, so dass eine mögliche Haftung des Räum- und Streupflichtigen vollkommen zurücktrete. Die Klägerin habe den gut geräumten Weg leicht erkennen können und habe diesen Streifen dennoch nicht benutzt. Warum die Klägerin den geräumten Streifen verlassen habe, sei für eine Haftung des Beklagten insoweit unerheblich. Die Sturzursache könne jedenfalls keineswegs dem Anlieger zugerechnet werden. Das Urteil ist rechtskräftig. np

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