Juristische Grenzen auch für Stubentiger

Kamen · Katzen lieben das Streunen und das Jagen. Vor allem in den Sommermonaten haben sie mehr Gelegenheit dazu, ihrem Freiheitsdrang nachzukommen. Manche Nachbarn fühlen sich davon allerdings gestört.

Kamen. Üblicherweise ist der Sommer die Jahreszeit, in der die Haus- und Terrassentüren oder Fenster schon mal offenstehen. Manchmal trifft der Hauseigentümer oder der Mieter dann auf eine Katze oder einen männlichen Stubentiger aus der Nachbarschaft, welche(r) die Gegend erkundet.
Nicht jedem gefällt das. Aber was ist zu dulden? Ein wichtiges Kriterium bei der Beantwortung der Frage, wie viel "Katzenwanderung" der Nachbar klaglos hinzunehmen hat, ist die Lage des bewohnten Hauses. Dass in einem Mehrfamilienhaus in der Stadt die Toleranzgrenze niedriger ist als auf dem Land, liegt auf der Pfote. Exemplarisch dafür zwei Urteile.
Kot auf dem Balkon


Das Landgericht Bonn erklärte, dass es niemandem verwehrt sei, eine Katze zu halten. Jedoch ende diese Freiheit dort, wo dadurch die Freiheit anderer eingeschränkt werde. Der konkrete Fall ging zu Gunsten eines Mieters aus, der sich durch die beiden Katzen seines Vermieters unzumutbar belästigt fühlte. Sie strebten, so oft es ging, in seine Wohnung und hinterließen auf Balkon und Terrasse Kot und Erbrochenes.
Das Gericht bezeichnete den Vermieter - wie einen Nachbarn in gleicher Situation - als "Störer", der nicht verlangen könne, dass sein Mieter "unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Rücksichtnahmegebots" die Besuche seiner Vierbeiner hinzunehmen habe. Zumal in der Wohnung des Mieters inzwischen ein Säugling lebe (Az.: LG Bonn, 8 S 142/09).
Kein Massenauslauf


Der "Landfall": In einem ländlich geprägten Gebiet müsse es ein Hausbesitzer dulden, so das Landgericht Oldenburg, dass zwei Katzen seines Nachbarn "immer wieder mal" durch seinen Garten streunen und dort auch Kot hinterlassen. In einem solchen Gebiet gehöre es zu den "erweiterten Nutzungsmöglichkeiten", Tiere zu halten. Auch deswegen entschieden sich Bürger für die großen Grundstücke "auf dem Land".
Ist außerdem nicht bewiesen, dass die beiden Katzen gezielt das Grundstück des einen Anwohners ansteuern (was das Gericht auch nicht für wahrscheinlich hält), so müssen die Unannehmlichkeiten hingenommen werden (Az.: LG Oldenburg, 8 S 578/10).
Allerdings dürfe auch dort den Stubentigern nicht alles erlaubt werden. Ein Katzenhalter aus dem Landkreis Lüneburg musste das Streunen seiner schnurrenden Haustiere eindämmen - auch wenn er ländlich wohne.
Die Entscheidung erstritt ein Grundstücksbesitzer, der sich von den "stinkenden Duftmarken" der insgesamt drei - den ganzen Tag frei laufenden - Katzen seines Nachbarn gestört fühlte. Zu Recht. Maximal zwei Katzen dürfen umhertigern, weitere Tiere müssen im Haus oder eingezäunt auf Mäusejagd gehen (Az.: LG Lüneburg, 4 S 48/04).Extra

Katzen kann Streunen nicht verboten werden: Ein Mieter kann nicht gerichtlich verbieten lassen, dass zwei Katzen seines Nachbarn, mit dem er gemeinsam Zutritt zu einem Garten hat, seine Terrasse betreten. Ein solches Verbot auf einem Mietgrundstück wäre zu weit gefasst. Lediglich auf ein von einem Mieter allein genutztes Teilgrundstück dürfte sich ein solches Verbot erstrecken (Az.: LG Darmstadt, 7 S 241/01). Katzen dürfen nur in den eigenen vier Wänden futtern: Einem Mieter in einem Mehrfamilienhaus ist es nicht gestattet, die Fressnäpfe seiner Katzen im Hof des Hauses zu postieren, weil durch das Futter auch Mäuse und Ratten angelockt und dadurch auch die Nachbarn unzumutbar belästigt werden (Az: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 6 A 1211/00) Mäusejagd nicht durchs Treppenhaus: Uriniert die Katze eines Wohnungseigentümers regelmäßig ins Treppenhaus, wo sie auch gejagte Mäuse deponiert, so können die übrigen Eigentümer verlangen, dass der Besitzer sein Tier nicht ständig frei laufen lässt. Er dürfe sein Wohneigentum zwar nach seinem Belieben nutzen, seine Nachbarn dürften aber nicht unzumutbar belästigt werden, so die Richter des Amtsgerichts Dieburg (Az.: AmG Dieburg, 5 II 11/97). wbü

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