Keine guten Wegweiser - Kritik an Strompreis-Vergleichsportalen

Berlin (dpa/tmn) · Weil die Strompreise stetig steigen, suchen immer mehr Verbraucher im Internet Rat, wo der Strom am günstigsten ist. Doch laut Stiftung Warentest halten die Vergleichsportale nicht immer, was sie versprechen.

 Welcher Stromanbieter ist der günstigste? Bei dieser Frage sollen Vergleichsportale Verbrauchern helfen. Das tun sie aber nur bedingt, meint die Stiftung Warentest. Foto: Armin Weigel

Welcher Stromanbieter ist der günstigste? Bei dieser Frage sollen Vergleichsportale Verbrauchern helfen. Das tun sie aber nur bedingt, meint die Stiftung Warentest. Foto: Armin Weigel

Eigentlich sollen sie Verbraucher durch dichten Dschungel der Stromtarife führen, doch im Test fallen alle Preisvergleichsportale durch. Keiner der zehn untersuchten Tarifrechner bekam von der Stiftung Warentest eine gute oder sehr gute Note. Zu kompliziert, zu unübersichtlich sei die Suche bei den Portalen, sagte Holger Brackemann, Chef-Tester der Stiftung, in Berlin. Und wer sich als Verbraucher nicht auskenne, lande über die Vergleichsseiten schnell bei einem Angebot, das nur auf den ersten Blick günstig erscheint.

Auch die großen Vergleichs-Portale wurden von der Stiftung Warentest gerügt. Den Kunden würden mit den voreingestellten Suchoptionen zu viele Angebote empfohlen, die ihre Kunden mit Billig-Preisen köderten, im Laufe des Vertrages aber deutlich teurer würden. Einige verlangten außerdem Vorkasse und böten wenig Flexibilität bei einer Kündigung.

Die Vergleichsportale wehren sich gegen die Kritik: „Ein Kunde bekommt in unserem Vergleich alle Informationen, die er braucht, um für sich das beste Angebot zu finden“, sagte Daniel Friedheim von der Vergleichsplattform Check24. „Ein bisschen Verbrauchermündigkeit muss man allerdings voraussetzen können.“ Check24 bekam von der Zeitschrift „test“ (Ausgabe 3/2013) die Note 3,0 und liegt damit im Vergleich auf Rang vier.

Die beste Note bekam die Plattform Verivox. Die Stiftung vergab die Note 2,6 an das Unternehmen, bemängelte aber, dass zum Beispiel Bonuszahlungen für Neukunden mit in die Tarifberechnung einfließen. Viele Stromanbieter versprechen ihren Kunden beim Vertragsabschluss eine hohe Einmalzahlung. So hoch, dass Discount-Anbieter sogar draufzahlen, sagte der Chef der Test-Abteilung, Holger Brackemann. „Um trotzdem Gewinn zu erzielen, zahlen sie entweder den Bonus nicht aus oder erhöhen im zweiten Jahr die Preise deutlich“, erklärte Brackemann. Die Stiftung Warentest hält diese Angebote für unfair.

Verivox habe sich jedoch bewusst dafür entschieden, den Bonus miteinzubeziehen, entgegnet Unternehmenssprecherin Dagmar Ginzel. „Wir haben bei unseren Verbrauchern einfach festgestellt, in Kundenumfragen, dass sie den Bonus eingerechnet haben wollen.“ Das Unternehmen sei der Auffassung, die Verbraucher wüssten, dass der Bonus erst nach einem Jahr ausgezahlt wird. Die Kunden müssten sich vor allem darüber im Klaren sein, dass sie ihre Tarife mindestens einmal im Jahr überprüfen müssen, weil die Strompreise permanent anstiegen.

Von steigenden Preisen und undurchsichtigen Strom-Tarifen profitieren am Ende auch die Vergleichsportale: Die Verbraucher werden preisbewusster und suchen öfter Hilfe auf den Vergleichsseiten. Die meisten Seitenbetreiber finanzieren sich laut Stiftung Warentest über Provisionen für die Vermittlung von Stromkunden. Sie verdienen also an jedem Verbraucher, der über ihre Website einen Strom-Vertrag abschließt. Außerdem beraten die Portale laut Brackmann die Strom-Anbieter. Dabei gehe es zum Beispiel darum, wie die Nachfrage am deutschen Strommarkt aussieht und sich verändert. Die Energie-Unternehmen könnten zudem Werbung auf den Portalen schalten.

Gibt es hier einen Widerspruch zwischen Profitinteresse und der Unabhängigkeit der Vergleichsportale? Nein, sagt Friedheim von Check24. Sein Portal sei schon im eigenen Interesse unabhängig, sonst blieben ja auf Dauer die Kunden weg.

Die Stiftung Warentest ist jedoch bei den meisten Anbietern skeptisch. Es gebe Angebote, sagte Chef-Tester Brackemann, „die für uns und für den Verbraucher nach nicht nachvollziehbaren Kriterien auf relativ weit vorderen Plätzen gelistet werden.“

Lob für ihre faire Tarifauswahl bekommen im Test nur zwei Anbieter - die haben dafür laut Stiftung Warentest andere Nachteile: Bei Energieverbraucherportal.de gebe es nicht die Möglichkeit, direkt über die Seite zu einem vorgeschlagenen Anbieter zu wechseln. Außerdem seien die angezeigten Preise und Tarife zum Teil falsch und veraltet. Die Plattform Hauspilot.de sei zwar sehr verbraucherfreundlich, verlange aber für den Wechsel eine Gebühr von bis zu 45 Euro.

Und warum bietet die Stiftung Warentest kein eigenes Vergleichsportal für Stromtarife an? Zu teuer und sehr aufwendig sei die akkurate Erfassung und Auswertung der vielen Tarif-Daten, sagt Brackemann. Rund 9000 Strom-Tarife würden derzeit in Deutschland angeboten. Da sei es für die Stiftung Warentest schwer, gegen die Kostenlos-Konkurrenz im Netz zu bestehen. Verbraucher werden also auch weiterhin selbst ganz genau hinschauen müssen.

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