Lebenswertes Wohnen - Nachhaltiges Bauen mit Gewissen

Hannover (dpa/tmn) · Nur Umweltschutz war gestern. Wer heute ein Haus baut, achtet auf Nachhaltigkeit. Das schützt die Umwelt und spart Betriebskosten. Obendrein bringt es den Bewohnern mehr Annehmlichkeiten.

 Bauen im Einklang mit der Natur, heißt auch, nachhaltig zu bauen. Foto: Wolfgang Becker

Bauen im Einklang mit der Natur, heißt auch, nachhaltig zu bauen. Foto: Wolfgang Becker

Früher ging es um den Umweltschutz. Wer umweltgerecht bauen wollte, hat ein Gebäude mit möglichst wenigen Ressourcen geplant und gebaut, die begrenzt verfügbar sind. Das reicht heute nicht mehr, sagt der Architekturprofessor Dirk Althaus aus Hannover. Nachhaltiges Bauen sei das Gebot der Stunde. Das Haus muss mit der Natur im Gleichgewicht stehen - und obendrein deren Angebote nutzen. Nachhaltig heißt vor allem aber auch, dass die Bewohner etwas davon haben, erläutert Carmen Mundorff von der Architektenkammer Baden-Württemberg in Stuttgart.

Die Architektin nennt ein Beispiel: Ob eine Person das Raumklima in der Wohnung als angenehm empfindet, hänge nicht nur von der Temperatur ab, sondern auch von Luftqualität und von dem nach innen dringenden Lärm der Straße. Und die Beleuchtung sollte behaglich sein. Obendrein spiele die „Innenraumhygiene“ eine Rolle. Darunter versteht die Expertin, dass die Wohnräume frei von gesundheitlich belastenden Baustoffen sind. Auch sollten die Materialien geruchs- und emissionsarm sein.

Nachhaltiges Bauen schaffe damit Werte. Ein solches Gebäude sollte als komfortabel und qualitativ hochwertig empfunden werden, erläutert Mundorff. Hinzu kommt die Raumgestaltung: Alles muss möglichst gut und flexibel zu nutzen sein. Das bedeutet etwa, dass der Grundriss so gestaltet wird, dass eine Wohnung für eine Familie mit Kindern, aber später auch ohne große Umbauten für Senioren genutzt werden kann.

„Viele Ansätze der Baubiologie gehen Hand in Hand mit dem Ansatz, die Natur und die Gesundheit der Menschen zu schützen“, sagt Nicola Krettek, Referentin für Nachhaltige Siedlungsentwicklung beim Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Berlin. Dies reiche von der passenden Beleuchtung über die Verwendung natürlicher Materialien bis zur Vermeidung von elektromagnetischen Feldern im Wohnbereich.

Verbaut werden sollten insbesondere keine Produkte mit Formaldehyd, Chlor, Lindan, FCKW und Schwermetallen sowie stark lösemittelhaltige Farben und Baustoffen. Asbest als Baustoff ist in Deutschland verboten. Krettek rät auch, Aluminium und Kunststoffe zu vermeiden, wenn gleichwertige natürliche Materialien zur Verfügung stehen.

Zum Umweltschutz gehört, dass die natürlichen Ressourcen für nachfolgende Generationen verfügbar bleiben müssen. Der NABU empfiehlt daher die Verwendung nachwachsender und ausreichend verfügbarer Rohstoffe. Gebaut werden sollte mit Material, das auch bei der Herstellung möglichst wenig begrenzt verfügbare Energiequellen wie Kohle oder Gas benötigt. Baustoffe sollten außerdem möglichst wenig Schadstoffe bei der Produktion, beim Einbau, in der Nutzung und auch bei einem Brand ausstoßen. Zur Reduzierung der Transportwege sollten ausschließlich regionaltypische Baustoffe zum Einsatz kommen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) rät etwa für Dämmungen zu Holzfaser- oder Hanfplatten, Schafwolle sowie Schilf und Stroh. Gerade bei energetischen Sanierungen müsste ihr Einsatz deutlich ausgeweitet werden, sagt Umweltreferent Franz Pöter vom BUND-Landesverband Baden-Württemberg.

Die Gesellschaft steht vor einem Problem: Viele Rohstoffe wie Kohle, Öl und Gas sind bald verbraucht, sagt Prof. Althaus. Nachhaltige Architektur müsse demnach zum Ziel haben, in allen Facetten Ressourcen effizient zu nutzen. Daher ist ein weiterer Aspekt des nachhaltigen Bauens der sparsame Umgang mit Heizwärme und Strom. „Energie wird man sich in Zukunft leisten müssen“, sagt Anja Görtler von der Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin. Daher müssten die Bauherren und Bewohner - etwa mit Hilfe von Architekten - herausfinden, welche alternative Energiequelle sie am Wohnort am effektivsten nutzen können. Das hängt oft von der Lage und den klimatischen Bedingungen ab.

Die Möglichkeiten sind aber vielfältig. Die „Stadtunterwelt“ hat beispielsweise laut Althaus dem Bauherren viel zu bieten: Über Geothermie kann Warmwasser erzeugt werden, das Haus im Winter beheizt und im Sommer gekühlt werden. Und auf den Dächern wird mit Solaranlagen nicht nur Sonnenenergie eingefangen. Für eine nachhaltige Entwicklung werden dort auch immer öfter blühende Gärten angelegt.

Service:

Das BUND-Jahrbuch 2013 „Ökologisch Bauen und Renovieren“ mit Hinweisen zum nachhaltigen Bauen kann online für 8,90 Euro (zzgl. Versand) bestellt werden.

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