Unter einem Dach: So vertragen sich Raucher und Nichtraucher

Karlsruhe (dpa/tmn) · Der Raucher Friedhelm Adolfs hat vor dem BGH einen Etappensieg erzielt: Sein Fall muss neu aufgerollt werden. Wohnen Raucher und Nichtraucher Tür an Tür, sorgt das immer wieder für Zoff. Eine Expertin erklärt, wie man eine Eskalation vermeidet.

 Der Zigarettenqualm vom Nachbarbalkon stört? Dann sollte man das Thema in ruhigem Ton und ohne Vorwürfe ansprechen - vielleicht lässt sich das Problem so schon aus der Welt schaffen. Foto: Uli Deck

Der Zigarettenqualm vom Nachbarbalkon stört? Dann sollte man das Thema in ruhigem Ton und ohne Vorwürfe ansprechen - vielleicht lässt sich das Problem so schon aus der Welt schaffen. Foto: Uli Deck

Die fristlose Kündigung der Wohnung des Düsseldorfer Rauchers Friedhelm Adolfs muss neu überprüft werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch (18. Februar) entschieden. Die Richter hoben ein Urteil des Düsseldorfer Landgerichts wegen Rechtsfehlern auf und verwiesen den Fall zur erneuten Verhandlung und Aufklärung zurück.

Das Landgericht hatte es im Juni als „schwerwiegenden Pflichtverstoß“ bewertet, dass der 76-Jährige nicht gelüftet und seine vollen Aschenbecher nicht geleert habe. Damit habe er die Geruchsbelästigung im Flur gefördert, hieß es. Seine Vermieterin hatte dem Raucher 2013 die Wohnung gekündigt. Als Grund nannte sie die unzumutbare Belästigung der Nachbarn durch Zigarettenqualm im Hausflur.

Unabhängig von der BGH-Entscheidung ist eines sicher: Rauchende Nachbarn können Nichtraucher ganz schön nerven. Da sitzt man am Morgen bei der ersten Tasse Kaffee, schon strömt der Zigarettenqualm durchs offene Fenster und verdirbt den Appetit. Generell gilt: Mieter müssen Rücksicht auf andere Mieter nehmen, sagt Inka-Marie Storm vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Das sei in diesem Fall tatsächlich das A und O: Denn zum einen muss der Raucher rauchen dürfen. Zum anderen darf der Nachbar durch den Qualm aber nicht beeinträchtigt werden - eine Gratwanderung.

Wichtig sei daher, dass der Nichtraucher so schnell wie möglich mit seinem rauchenden Nachbarn spricht, sobald es ihn stört. Denn frisst er den Ärger immer nur in sich hinein, ist er womöglich schon auf 180, wenn das Problem das erste Mal überhaupt zur Sprache kommt. „Dadurch schaffe ich verhärtete Fronten“, erklärt Storm.

Gut ist also, das Thema in ruhigem Ton und ohne Vorwürfe anzusprechen und so auch ein Bewusstsein beim Raucher zu schaffen, dass der Zigarettenqualm stören kann, beschreibt Storm. Gemeinsam findet man vielleicht so schon schnell eine Lösung: Statt auf dem Balkon wird nun in der Küche geraucht - oder draußen vor dem Haus.

Ist es nicht möglich, sich miteinander zu arrangieren, kann der Nichtraucher eventuell seinen Vermieter einschalten. Dieser könnte den Raucher zum Beispiel abmahnen. Dafür ist aber wichtig, dass der Qualm den Nachbarn tatsächlich beeinträchtigt - die Grenzen, was hingenommen werden muss und was nicht, sind fließend. Daher kann es auch hilfreich sein, sich Rechtsbeistand zu suchen.

Handelt es sich um zwei Hauseigentümer, zwischen denen es qualmt, stehen in vielen Bundesländern auch Schlichtungsstellen zur Verfügung. Bei diesen sollen nachbarschaftliche Streitigkeiten ausgeräumt werden.

7. Mai 2013: Adolfs will sich vor Gericht gegen die fristlose Kündigung seiner Wohnung wehren und beantragt dafür finanzielle Unterstützung durch den Staat. Doch das Düsseldorfer Amtsgericht lehnt seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten ab.

8. Juli 2013: Das Düsseldorfer Landgericht stärkt Adolfs den Rücken. Er bekommt doch Prozesskostenhilfe. Das Landgericht hält den Fall für so bedeutsam, dass wohl eine höchstrichterliche Klärung notwendig sei.

31. Juli 2013: Das Amtsgericht bestätigt die fristlose Kündigung. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn habe in diesem Fall Vorrang vor dem Recht auf freie persönliche Entfaltung des Rauchers.

30. Januar 2014: Hoffnung für Adolfs in der zweiten Instanz. Die Kündigung sei wohl aus formalen Gründen unwirksam, deutet das Landgericht in der mündlichen Verhandlung an. Die Vermieterin habe zwischen Abmahnung und Kündigung mehr als ein Jahr verstreichen lassen - nach Ansicht des Landgerichts zu lang.

26. Juni 2014: 2:0 für die Vermieterin. Das Landgericht weist die Berufung von Adolfs doch zurück. Adolfs habe nichts dagegen unternommen, dass der Qualm in den Hausflur ziehe. Das Landgericht lässt aber die Revision zu, um grundsätzlich die Frage zu klären, ob Zigarettenrauch in einem Mehrfamilienhaus trotz der Rauchfreiheit in den eigenen vier Wänden ein Kündigungsgrund ist.

18. Februar 2015: Der Bundesgerichtshof gibt den Fall nach Düsseldorf zurück und rügt Rechtsfehler: Kein Ortstermin, zu wenige Zeugen, keine Schadstoffmessung. Adolfs und seine Vermieterin sollten sich überlegen, ob der Rechtsstreit ohne einen weiteren Prozess beendet werden könne, empfiehlt Richterin Karin Milger.

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