Wenn der Putz eh runter soll - Wann sich Dämmen anbietet

Berlin (dpa/tmn) · Besonders hellhörig werden Hausbesitzer, wenn das Stichwort Fassadendämmung fällt. Denn die dichte Außenwand ist einer der wichtigen Bausteine eines hehren politischen Ziels: der Energiewende. Die Dämmung lohnt sich, wenn der Putz ohnehin runter soll.

 Denkmalgeschützte Gebäude und solche mit aufwendiger Fassade müssen von innen gedämmt werden. Die Platten kommen wie eine warme Verkleidung an die Innenwände. Foto: Kai Remmers

Denkmalgeschützte Gebäude und solche mit aufwendiger Fassade müssen von innen gedämmt werden. Die Platten kommen wie eine warme Verkleidung an die Innenwände. Foto: Kai Remmers

Die Zahlen sprechen für sich: „In einem beispielhaften Einfamilienhaus lassen sich allein durch die Dämmung der Außenwände jährlich 8000 bis 9000 Kilowattstunden Energie einsparen“, sagt Christian Stolte, Bereichsleiter für Energieeffiziente Gebäude der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Berlin. Je nach energetischem Zustand des Gebäudes vor der Sanierung seien das rund 25 Prozent des gesamten Energieverbrauchs.

Die Wärmedämmung von Fassaden ist daher ein wichtiger Baustein der Energiewende. Sie ist Kernstück jenes Bereichs, den die Verbraucher umsetzen sollen. Neben der Nutzung regenerativer Energien kann der Hausbesitzer sein Gebäude so aufrüsten, dass es möglichst wenig Wärme und Energie verbraucht. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es meist sinnvoll, das Gebäude dann energetisch aufzurüsten, wenn es ohnehin saniert werden soll. Für Wolfgang Setzler, Geschäftsführer des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme in Baden-Baden, ist „ein idealer Zeitpunkt für das nachträgliche Dämmen, wenn Fassaden und Außenwände ohnehin neu gestrichen und instand gesetzt werden müssen“.

Die Dämmschicht verursache dann nur geringe Mehrkosten, die sich durch die Einsparung der Energiekosten schnell wieder hereinholen lassen. So kosten laut Setzler ein neuer Putz und Anstrich 50 bis 60 Euro je Quadratmeter, eine Dämmung mit einem Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) auf Polystyrol-Basis zusätzlich 20 Euro pro Quadratmeter. Stolte rät ebenfalls, die Dämmung mit anderen Arbeiten zu kombinieren: „Wenn zum Beispiel neben dem Dach und den Fenstern auch gleich die Außenwand mit modernisiert wird, braucht das Gerüst nur einmal aufgestellt werden.“

Sanierer können für die Dämmung der Außenwände verschiedene Systeme wählen. „Eine kostengünstige Lösung zur Verbesserung des Wärmeschutzes von Putzfassaden sind Wärmedämm-Verbundsysteme“, sagt Werner Eike-Hennig vom Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt. Hier kommt der Dämmstoff außen auf das Mauerwerk oder auf eine intakte Putzschicht. Darüber folgt ein neuer Putz. „Etwa 80 Prozent der Bauherren entscheiden sich für Wärmedämm-Verbundsysteme auf Polystyrol-Basis“, sagt Setzler. Alternative Stoffe sind Stein- und Glaswolle, Hartschaum, Holzweichfaser- und Zelluloseplatten.

„Auch vorgehängte Fassaden mit Wärmedämmung reduzieren den Heizbedarf alter Gebäude“, erläutert Eike-Henning. Holz, Faserzementplatten, Naturstein, Metall- und Tonplatten oder Glas kommen über eine Unterkonstruktion aus Holzlatten oder Aluminiumprofilen auf die Wand. Zwischen Vorhang und Mauerwerk klemmen die Wärmedämmplatten, die mit Halterungen auf die Wand gepresst werden.

Die Kosten sind hier höher. Der Großteil entfällt nach IWU-Angaben auf den Vorhang. Inklusive der Wärmedämmung, die etwa 25 bis 40 Euro pro Quadratmeter ausmacht, muss der Hausbesitzer mit Gesamtkosten von 100 bis 300 Euro pro Quadratmeter rechnen.

In Norddeutschland ist ein zweischaliges Mauerwerk üblich. Hier könne nachträglich zwischen die beiden Schichten Material eingeblasen werden, was die Dämmung verbessert, erläutert Eike-Henning. Denn zwischen der inneren und äußeren Mauerwerksschale befinde sich eine Luftschicht von 6 bis 7,5 Zentimetern. Zum Einblasen der Dämmstoffe wie Steinwolleflocken, Perlite-Granulat, Glasgranulat, Polyurethankügelchen oder Silikatschaum werden von außen Löcher in die Wetterschale gebohrt. Die Kosten liegen bei 20 bis 30 Euro pro Quadratmeter.

„Die Dämmung des Luftkerns ist besonders für nach 1960 errichtete Gebäude empfehlenswert“, sagt Eike-Hennig. Erst ab diesem Zeitpunkt seien die Schalen so verlegt worden, dass es eine durchgehende Luftschicht gibt und nur dünne Drahtanker aus Edelstahl die zwei Wände verbinden. Der Nachteil: Die Dämmdicke ist auf die Luftschicht begrenzt.

Den optischen Eindruck eines Hauses prägen vor allem dessen Außenwände. „Bauherren sollten im Modernisierungsfall deshalb nicht nur auf einen optimalen Wärmeschutz achten, sondern auch auf den Erhalt des Fassadenbildes“, sagt der Architekt Ulrich Zink vom Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung (BAKA) in Berlin. „Ein Haus, das energetisch dem neuesten Stand der Technik entspricht, aber seinen ursprünglichen Charakter eingebüßt hat, verliert an Wert.“ Deshalb komme bei aufwendigen Fassaden wie mit sichtbarem Fachwerk oder Backsteinfassaden sowie bei Denkmälern eine Außendämmung nicht infrage.

Hier kommt im Hausinneren eine Hülle auf die Wände. Laut IWU besteht eine Innendämmung in der Regel aus mehreren Komponenten: Der Tragekonstruktion, dem Dämmstoff, einer Dampfbremse und der Innenverkleidung. Auch hier haben Sanierer die Wahl zwischen verschiedenen Systemen: Es gibt auf Deckplatten verklebtes Dämmmaterial, wahlweise mit integrierter Dampfbremse, oder Konstruktionen aus Dämmstoffen zwischen Holzlatten. Bei sogenannten Innenputzsystemen kommt der Nassputz direkt auf die isolierenden Platten.

Ein Vorteil von Innendämmungen ist, dass sie sich relativ einfach anbringen lassen. „Und die Sanierung ist nicht an bestimmte Investitionszeitpunkte gebunden“, erläutert Zink. Man kann auch Raum für Raum beziehungsweise in Mehrfamilienhäusern wohnungsweise vorgehen. Es biete sich aber an, solche Maßnahmen ebenfalls mit der Renovierung und Sanierung zu verbinden: wenn das Wohnzimmer eh neu verputzt oder tapeziert wird oder es neue Fenster gibt.

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