Wenn Nachbars Bäume Schatten werfen

Mit viel Sonnenschein sind die meisten Bundesbürger sowieso nicht verwöhnt. Da ist es besonders ärgerlich, wenn in den Sommermonaten Nachbars Tannen oder andere große Pflanzen das Licht verschlucken. Wer gegen sein ungewolltes Schattendasein etwas tun will, sollte ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) dazu kennen.

 Der Schattenwurf von Bäumen aus Nachbars Garten ist ärgerlich, aber beim nötigen Grenzabstand nicht zu ändern. Karikatur: LBS

Der Schattenwurf von Bäumen aus Nachbars Garten ist ärgerlich, aber beim nötigen Grenzabstand nicht zu ändern. Karikatur: LBS

Foto: Bundesgeschäftsstelle LBS (ELI@S-Bildarchiv Saarbrücker Ze)

Bäume bieten einen guten Sichtschutz und dämpfen Lärm. Wenn aber der Balkon, die Terrasse, der Garten oder sogar die Innenräume kaum mehr Sonne abbekommen, dann greift so mancher Hauseigentümer in Gedanken schon mal gerne zur Axt.
Doch weder die Bäume des Nachbarn noch die eigenen dürfen einfach "umgelegt" werden, um endlich wieder ein pralles Sonnenbad oder lichtdurchflutete Räume genießen zu können.
Rückschnitt erst ab Herbst


Sofern es lediglich um überhängende Zweige geht, sieht es für einen Hausbesitzer noch relativ gut aus. Denn Paragraf 910 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestimmt: "Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten." Das Gleiche gilt bei aufs eigene Grundstück herüberragenden Zweigen, dem sogenannten "Überhang".
Selber abschneiden darf der beeinträchtigte Grundstückseigentümer den Überhang aber nur, wenn der Eigentümer des Nachbargrundstücks selbst Gelegenheit hatte, den Rückschnitt innerhalb einer angemessenen Frist zu erledigen. Außerdem sind in manchen Bundesländern gesetzliche Rückschnittzeiten zu beachten, so dass je nach Landesrecht ein Beseitigungsanspruch erst für die nächste laubfreie Zeit, also frühestens zum nächsten Herbst verlangt werden kann.
Abstand bis vier Meter


Ragen die Bäume allerdings weit in die Höhe, ist damit noch nicht viel Sonnenlicht gewonnen. Da hilft es nur, wenn die Bäume gestutzt oder gar gefällt werden. Ein Beseitigungsanspruch kann durchaus bestehen, wenn das Eigentum beeinträchtigt wird, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH, Az: V ZR 229/14) im Juli. Es ging um einen Reihenhaus-Besitzer aus NRW, der sich von bis zu 25 Meter hohen Eschen auf dem Nachbargrundstück gestört fühlte. Ein Beseitigungsanspruch (nach Paragraf 1004 Absatz 1 BGB) setze aber voraus, dass der Grenzabstand nicht eingehalten wurde. Je nach Art des Gewächses und dem jeweiligen Landesgesetz sind das meist zwischen ein und vier Meter - gemessen ab der Mitte des Baumstammes bis zur Grundstücksgrenze. In diesem Fall war der Abstand gewahrt - der Reihenhaus-Besitzer verlor deshalb den Prozess. Wichtig zu wissen: Selbst wenn der Grenzabstand nicht eingehalten wurde, muss man die Verjährung im Auge behalten. Nach dem Nachbargesetz von Nordrhein-Westfalen (NachbG NRW) läuft die Verjährungsfrist zum Beispiel sechs Jahre nach der Anpflanzung ab, in anderen Bundesländern teilweise schon nach fünf Jahren.
Dann kann der beeinträchtigte Nachbar allenfalls noch einen Verkürzungsanspruch auf die maximal zulässige Höhe der Anpflanzung geltend machen, so das Oberlandesgericht Stuttgart (AZ: 12 U 97/06) in einer älteren Entscheidung.
Bäume stehen unter Schutz


Wer sich von den eigenen Bäumen gestört fühlt, kann diese ebenso wenig nach Belieben abholzen. Der Grund sind die Baumschutzsatzungen der Kommunen, die auch den Baumbestand auf Privatgrundstücken unter Schutz stellen können. Soll ein Baum verschwinden, muss eine behördliche Erlaubnis eingeholt werden. Die Rechtsprechung dazu ist aber ebenfalls sehr restriktiv. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied zum Beispiel (Az: 11 K 3691/07), eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Schatten liege nur vor, wenn gewöhnliche Tätigkeiten wie Lesen oder Spielen nur bei Kunstlicht möglich wären.
Gefahr für die Sicherheit


Aus anderen Gründen kann die Beseitigung eines Baumes nur dann erreicht werden, wenn von ihm erhebliche Gefahren für die Sicherheit oder den Bestand des Gebäudes ausgehen. Zum Beispiel, dass der Baum nicht mehr standsicher ist und durch das Wurzelwerk Feuchtigkeitsschäden verursacht werden können. np

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