Ein guter Ton schafft Emotion

Berlin · Ob Film, Hörspiel oder Werbung: Für die passende Tonkulisse sorgen Sounddesigner. Sie sind Klangkünstler und Tontechniker in einem.

Berlin (dpa) Wie klingt Trockeneis auf Metall? Paul Rischer weiß die Antwort, als Sounddesigner ist das Teil seines Berufs. Der 37-Jährige hat bereits bei Kinofilmen wie der Hitler-Satire "Er ist wieder da" und der Komödie "Feuchtgebiete" mitgewirkt. Pro Projekt arbeitet er bis zu zwei Monate lang in seinem Tonstudio an der perfekten Klangkulisse. "George Lucas hat einmal gesagt: Der Ton macht 50 Prozent des Kinoerlebnisses aus", erklärt er. Denn ob eine Szene dramatisch oder harmonisch wirkt, hängt stark von der Qualität der klanglichen Untermalung ab.
Und wenn bei einem Film das Bild im Kasten ist, fängt beim Ton die Arbeit erst an. "Selbst bei einer Szene in der Disco ist es am Set ganz still", erklärt Rischer beispielhaft. "Die Musik und die Hintergrundgeräusche kommen erst später dazu." Ohne sein Zutun würde der Film daher ziemlich nackt wirken. Ähnlich wie bei der Filmmusik gehe es bei seiner Arbeit darum, mit Klängen Emotionen zu erzeugen, sagt Rischer. Von Action bis Romantik - die Klangtüftler müssen für jede Stimmung etwas parat haben.
Ein Instrument spielen zu können, ist dabei kein Muss. Sounddesigner sind vielmehr eine Mischung aus Tonkünstlern und Tontechnikern. "Ihr Instrument ist in der Regel der Computer", erklärt Professor Jörg Remy, der das Fach Audiodesign an der Hochschule der populären Künste in Berlin (HDPK) lehrt.
Das Aufgabenfeld ist groß: Es reicht vom Handy-Klingelton über Hörspiele, Musik, TV und Radio bis zum Kinofilm. Sounddesigner vertonen aber auch Computerspiele und kreieren Telefonwarteschleifen, erläutert die Bundesarbeitsagentur. Auch in der Werbeindustrie sind sie gern gesehen. Damit kennt sich auch Jörg Remy aus - sein Repertoire reicht von Bach bis Mercedes Benz. Denn der studierte Konzertgitarrist hat nicht nur Klassik-CDs eingespielt, sondern auch an der Produktion von Werbebotschaften mitgewirkt. Dort sind neben musikalischen Kompositionen auch sogeannte Sound-Logos gefragt. Firmen setzen häufig auf einen unverwechselbaren Markenklang, mit dem Kunden ein Produkt verbinden sollen, erläutert Remy.
In den Beruf führen viele Wege. Manche studieren an Filmhochschulen: Paul Rischer etwa hat einen Abschluss als Diplom-Tonmeister von der Filmuniversität Babelsberg. Andere sind ausgebildete Musiker und kommen wie Jörg Remy darüber zur Soundtechnik. Für den 53-Jährigen war es ein Kindheitstraum, ein Instrument spielen zu können. "Einige meiner Studenten kommen dagegen eher aus der elektronischen Musik", erzählt er.
Studiengänge wie Sound- oder Audio-Design gibt es inzwischen neben den Angeboten in Berlin und Babelsberg etwa in Hamburg, Ludwigsburg, Dortmund und Darmstadt. Außerdem bieten Privateinrichtungen entsprechende Lehrgänge an. In Babelsberg müssen Bewerber dabei unter anderem auf einem Instrument vorspielen. An der HDPK wird von ihnen verlangt, zwei eigene Werke zu präsentieren.
Angehende Sounddesigner brauchen Kreativität und technische Fähigkeiten. Denn zum einen sind von ihnen künstlerische Ideen gefordert. Und zum anderen müssen sie sich gut mit Tontechnik und Programmen für das Aufnehmen und Bearbeiten von Klängen sowie das Abmischen eines Stücks auskennen.
Absolventen arbeiten typischerweise als Freiberufler und sind oft allein im eigenen Tonstudio tätig. Teamwork ist aber auch gefragt. Beim Film etwa müssen sie sich eng mit dem Komponisten der Musik abstimmen, erläutert die Bundesvereinigung Filmton, der Interessenverband der Tontechniker.
Außerdem sei es ihre Aufgabe, die Wünsche des Regisseurs oder Marketings zu erfüllen. Der Zeitdruck ist laut Jörg Remy dabei oft hoch: "Da heißt es auch mal: In drei Tagen muss das fertig sein."
Extra: IN DREI BIS VIER JAHREN ZUM KLANGKÜNSTLER


Wer Audio- oder Sounddesign studieren möchte, braucht nicht unbedingt (Fach-)Abitur. Bei besonderer künstlerischer Begabung erlauben die meisten Universitäten den Zugang auch ohne Hochschulreife. Diese Qualifikationen müssen Bewerber dann in einem Eingangstest unter Beweis stellen. Das grundständige Studium dauert laut Bundesarbeitsagentur in der Regel sieben Semester, als Abschluss winkt ein Bachelor of Arts. Studenten bekommen die wissenschaftlichen und praktischen Grundlagen sehr verschiedener Themengebiete nähergebracht: Von Elektroakustik über Gesangs- und Klaviergrundlagen bis hin zum Medienrecht reicht die Palette.

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