Der Burgherr macht die Kanone zum Feuern bereit

Veldenz · Schloss Veldenz, Heimat des Veldenzer Grafengeschlechts, war im 15. Jahrhundert eine der größten Burgen an der Mittelmosel. Einmal im Monat lädt der Burgherr zur Führung durch die Ruine ein - ein schaurig schönes Erlebnis.

Veldenz. In einem Seitental der Mosel, auf einem Felsen über dem Ort Thalveldenz, liegt die Ruine von Schloss Veldenz. Die Burg war Jahrhunderte lang die Heimat des bekannten Veldenzer Grafengeschlechts. Kein Graf, aber der heutige Burgherr ist der Trierer Gilbert Haufs-Brusberg. Einmal im Monat öffnet er die Tore der Ruine und gewährt Gästen einen Einblick in das mittelalterliche Leben auf der Burg.

Zur ersten Führung in diesem Jahr hat sich eine Gruppe aus Köln angemeldet. Vor dem großen Turm, einem der imposantesten Überreste des Grafensitzes, nimmt sie der Schlossherr in Empfang und berichtet seinen rund 30 Besuchern von den Anfängen der Burg. 1107 wurde sie erstmals urkundlich erwähnt. Seitdem war sie Adelsburg Dutzender Grafen, die als Lehnsherren die Ländereien rund um die Burg verwalteten. "Ich bin die Nummer 29 in der Reihe", erklärt der heutige Besitzer schmunzelnd. Die Bezeichnung Schloss verdankt die Ruine ihrer Größe und Bedeutung als Grafensitz.

Heißes Pech für Angreifer



Dass von der einstigen Festung nur noch Mauerreste übrig sind, habe man den Franzosen zu verdanken. Sie zerstörten die Burg 1680. "Bis dahin war Schloss Veldenz uneinnehmbar - und ich zeige Ihnen, wieso", sagt Haufs-Brusberg und stemmt sich gegen das Tor. Dahinter liegt ein vier Meter langer Stollen, durch den sich die Besucher drängen. Am Ende des Ganges stoppt sie der Burgherr und deutet nach oben: "Wer bis hierher kam, hatte Pech." Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Denn von oben schütteten die Frauen heißes Pech auf die Angreifer herab.

Die wohl gefährlichste Waffe der Burgbewohner steht jedoch auf einer kleinen Anhöhe im Innenhof: eine fünf Meter hohe Steinschleuder, auch Blide genannt. Sie wurde 2001 in Frankreich originalgetreu rekonstruiert - und ist regelmäßig im Einsatz, am Tag des offenen Denkmals. "Dann schießen wir mit Wassermelonen auf den Burgweg", berichtet Haufs-Brusberg seinen staunenden Gästen. "Wie weit fliegen die denn?", will ein Besucher wissen. "Unser weitester Wurf war 300 Meter", erklärt der Burgherr stolz.

Von der Schleuder geht es weiter treppab vor die Außenmauer. Dort zeigt Haufs-Brusberg auf ein kleine Spalte im Mauerwerk: "Da drin wurde unser Gespenst entdeckt." Ein Handwerker habe bei Aufräumarbeiten zufällig eine Kammer entdeckt, zu der es keinen Zugang gab. Auf dem Boden fand er das Skelett eines etwa 30 Jahre alten Mannes. "Der arme Kerl wurde lebendig eingemauert." In Adelsbauten seien solche "ewigen Wächter" früher üblich gewesen. Das Veldenzer Skelett werde einmal im Monat lebendig und laufe durch die Burg. "Es ist gut zu erkennen, denn die Knochen leuchten im Mondlicht - und es klappert."

Schauriges gibt es auch vom Folterkeller zu berichten. Dort wurden vor allem Frauen gequält, die man für Hexen hielt. "Irgendjemand musste ja für das schlimme Moselhochwasser verantwortlich sein", scherzt Haufs-Brusberg. Wie sich die Frauen dabei gefühlt haben, erfährt Besucherin Sylvia Selbach am eigenen Leib. Der Burgherr fesselt sie mit einer Eisenkette und führt sie in eine winzige Kammer: das Gefängnis. Die Triererin ist beeindruckt: "Das ist schon ziemlich unbequem und düster."

Weiter geht die Tour in eines der wenigen Gebäude, das komplett wieder aufgebaut worden ist. Eine Treppe führt hinab in den Rittersaal. "Das war das Wohnzimmer der Grafen", erzählt Haufs-Brusberg. Die Besucher verteilen sich auf den mit Tierfellen gepolsterten Bänken entlang der Tafel. Es gibt einen großen Kamin, an der Decke hängt ein schwerer Kronleuchter, die Wände zieren Bilder der Veldenzer Grafen. Zwischen den Dachbalken wehen Fahnen, auf denen ein blauer Löwe mit goldener Krone prangt. "Der Veldenzer Löwe, eines der ältesten Wappen in Deutschland", erklärt der Burgherr. Und in vielen weiteren Wappen vertreten: 1835 habe ihn sogar der bayerische König ins Staatswappen übernommen.

Zum Ende der Führung wartet noch eine Überraschung vor dem Burgtor. Dort steht eine Kanone, die der Schlossherr mit Schwarzpulver befüllt. Den Stab mit der Zündschnur reicht er einem Besucher. Nach wenigen Sekunden gibt es einen lauten Knall - und dichte Rauchschwaden ziehen über den Platz. "Ein echter Knaller zum Abschluss" findet Maria Peszat. Die Luxemburgerin ist erstaunt über die Größe der Ruine: "Hier gibt es noch sehr viel zu sehen." Auch Sylvia Selbach hat es gefallen: "Die vielen Geschichten haben es lebendig gemacht - ein toller Ausflug fürs Wochenende!"

Bilder und weitere Touren auf volksfreund.de/tagestour

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