Führungen im Frankfurter Rotlichtviertel

Frankfurt/Main (dpa/tmn) · Im Frankfurter Bahnhofsviertel können Frauen geführte Touren durch das Rotlichtmilieu machen. Stripperinnen, Dominas und ansonsten eher verschwiegene Security-Leute erzählen aus ihrem Alltag. Die Gäste erhalten Einblicke, die sonst nicht möglich sind.

 Ulrich Mattner (M) ist Experte für das Frankfurter Bahnhofsviertel mit seinen Rotlichtstraßen. Für Frauen bietet er spezielle Führungen an. Foto: Andreas Ebert

Ulrich Mattner (M) ist Experte für das Frankfurter Bahnhofsviertel mit seinen Rotlichtstraßen. Für Frauen bietet er spezielle Führungen an. Foto: Andreas Ebert

Eine Freimaurerloge, Luxushotels, der gut sortierte türkische Gemüsehändler, eine Vielzahl von Asia-Läden - und die berüchtigte Rotlichtmeile: Dieser bunte Milieu-Mix hat Frankfurts Bahnhofsviertel zum Hotspot des Nachtlebens gemacht.

Der Journalist Ulrich Mattner lebt seit acht Jahren mitten im gelebten Multikulti. In der Zeit ist er so etwas wie der Chronist des berüchtigten Viertels der Bankenmetropole geworden. Mit Erfolg. Seit vier Jahren führt er Frauen durchs Rotlichtviertel, hinein in die Bars, Bordelle und Table-Dance-Lokale. Die Führungen „Sex in the City“ speziell für Frauen sind über Monate ausgebucht. Mattner kennt Imame, Dominas, Ladyboys, Junkies, Freier und Streetworker, aber auch Kreative und neuerdings Anwohner, die in die ersten schicken Neubauten rund um die Schmuddel-Etablissements ziehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bezogen die amerikanischen Besatzer im Bahnhofsviertel Quartier und legten den Grundstein für die Männer-Vergnügungsmeile. „Wir unterhalten uns aber auch mit Frauen“, sagt Claudia, die Bardame des Lokals „My Way“. Wie zum Beweis gesellt sich Animierdame Natascha dazu und beantwortet die Fragen zu den Sexpraktiken einer Domina. Umsonst, einfach weil sie gesprächig ist und in der Bar gerade nicht so viel los ist. Ansonsten ist natürlich ein Getränk ab 18 Euro für ihre Gesellschaft fällig.

Falls Männer mehr wollen, stehen die Türen in den oberen Etagen im Laufhaus nebenan für sie offen. Beide Etablissements gehören einem Hells-Angels-Mitglied. „Ein Laufhaus ist so etwas wie die Discountversion eines klassischen Bordells“, erklärt Mattner.

Im Großbordell „Crazy Sexy“, das 1968 der erste offizielle Puff im Bahnhofsviertel war, sitzt heute im Kontakthof die Security. Es ist eines von 23 Bordellen. Die etwa 20 verbliebenen illegalen Prostituierten im Viertel sind rauschgiftsüchtig. Junkies vegetieren herum, und Dealer offerieren ihnen gestrecktes Zeug. „Das menschliche Elend ist schon bitter“, sagt Mattner.

Zurück zur Führung durchs legale Gewerbe: „Nennt mich Niko“, sagt der muskulöse Kosovare, der für die Sicherheit des Bordells zuständig ist. Seinen Namen will er nicht sagen: „Meine Familie weiß nicht, wie ich mein Geld verdiene.“ Was hinter den geschlossenen Türen geschieht, kümmert ihn nur, wenn eine Sexarbeiterin einen versteckten Alarmknopf betätigt. Dann sind Nikos Deeskalierungskünste gefragt. „Dazu muss man kein Muskelpaket sein“, sagt er. Doch manchmal kommen durchaus die Fäuste zum Einsatz, wie die Presse regelmäßig berichtet.

Letzte Station der Führung ist die Table-Dance Club „Pure Platinum“, wo am Wochenende manchmal sogar eine Rechtsanwältin strippt, wie Mattner weiß. In dem Keller-Club lassen Damen- und Herrengruppen es bei Junggesellenabschieden schon mal so richtig krachen. An einem Dienstag wie heute räkeln sich die jungen Damen aber eher gelangweilt an den Stangen. Das Publikum fehlt. „Es geht nach Zwölf erst richtig los“, sagt Mattner. „Und natürlich am Wochenende.“

Führungen: Dreistündige Touren mit Ulrich Mattner sind ganzjährig buchbar und beginnen um 20.00 Uhr. Die Tour „Sex in the City“ ist nur für Frauen und schließt einen Besuch bei einer Domina ein. Für gemischte Gruppen gibt es die Redlight-Tour. Außerdem widmet sich eine Nightflight-Tour der nächtlichen Szene und den Highlights im Rotlichtviertel. Die Hidden-Places-Tour führt in versteckte Ecken.

 Der Begriff Rotlichtviertel kommt nicht von ungefähr: Sexarbeiterinnen in der Taunusstraße. Foto: Ulrich Mattner

Der Begriff Rotlichtviertel kommt nicht von ungefähr: Sexarbeiterinnen in der Taunusstraße. Foto: Ulrich Mattner

 Die Lichter sind bereits vielsagend: Diese Laufhaus steht in der Taunusstraße im Frankfurter Bahnhofsviertel. Foto: Ulrich Mattner

Die Lichter sind bereits vielsagend: Diese Laufhaus steht in der Taunusstraße im Frankfurter Bahnhofsviertel. Foto: Ulrich Mattner

 Ist dieses Bordellzimmer erotisch oder kitschig? Das liegt wohl im Auge des Betrachters. Foto: Ulrich Mattner

Ist dieses Bordellzimmer erotisch oder kitschig? Das liegt wohl im Auge des Betrachters. Foto: Ulrich Mattner

 Im Zimmer der Domina finden sich allerlei Spezialutensilien, mit denen die Frau ihre devoten Kunden zufriedenstellt. Foto: Ulrich Mattner

Im Zimmer der Domina finden sich allerlei Spezialutensilien, mit denen die Frau ihre devoten Kunden zufriedenstellt. Foto: Ulrich Mattner

 Zum Laufen sind diese High Heels nicht wirklich gedacht - eine Sexarbeiterin in einem Bordell im Frankfurter Bahnhofsviertel. Foto: Ulrich Mattner

Zum Laufen sind diese High Heels nicht wirklich gedacht - eine Sexarbeiterin in einem Bordell im Frankfurter Bahnhofsviertel. Foto: Ulrich Mattner

 Artistisch: Eine Animierdame im „Pure Platinum“ beim Poledance. Foto: Ulrich Mattner

Artistisch: Eine Animierdame im „Pure Platinum“ beim Poledance. Foto: Ulrich Mattner

 Nackte Haut ist das Geschäft: Szene aus der Animierbar „Pure Platinum“. Foto: Ulrich Mattner

Nackte Haut ist das Geschäft: Szene aus der Animierbar „Pure Platinum“. Foto: Ulrich Mattner

Informationen: Ulrich Mattner, (Tel.: 069/42696611, E-Mail: um@umattner.de). Tourist Information Hauptbahnhof, Empfangshalle (Tel.: 069/21238800, E-Mail: info@infofrankfurt.de).

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