"Kann Stress auch positiv sein?"

Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas, Krebs und chronischer Stress: Dazu haben Leser bei der TV-Telefonaktion im Rahmen der Serie "Ihre Gesundheit" Fragen gestellt.

 Juliane Hellhammer. Foto: StressZentrum Trier

Juliane Hellhammer. Foto: StressZentrum Trier

Hier einige Beispiele, die Leser bei der TV-Telefonaktion unseren Experten gestellt haben:

Krebserkrankungen:
Ich leide an Lungenkrebs und erhalte gerade eine Chemotherapie, die ich gut vertrage. Von mehreren Seiten wurde mir empfohlen, zusätzlich eine alternativmedizinische Behandlung durchzuführen. Würden Sie mir dazu raten?
Dr. Stefan Burg, Facharzt für Krebs- und Magen-Darmerkrankungen und Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin des Kreiskrankenhauses St. Franziskus Saarburg: Um zu klären, ob eine alternativmedizinische Therapie erforderlich ist, sollten Sie sich bei einem fachkundigen Arzt beraten lassen, da dies nur im Einzelfall geklärt werden kann und die Indikation geprüft werden muss. Grundsätzlich ist bei einer Chemotherapie eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Betätigung zu empfehlen. Wichtig ist es auch, soziale Kontakte weiter zu pflegen.TV-Serie Ihre Gesundheit

 Dr. Stefan Burg. Foto: Gerhard Kaiser

Dr. Stefan Burg. Foto: Gerhard Kaiser

 Dr. Karl Eugen Hauptmann. Foto: privat

Dr. Karl Eugen Hauptmann. Foto: privat

 Professorin Dr. Dorothee Decker. Foto: Mutterhaus Trier

Professorin Dr. Dorothee Decker. Foto: Mutterhaus Trier


Ich bin 55 Jahre alt und habe gehört, dass die Krankenkasse mir eine Darmspiegelung zur Krebsvorsorge empfiehlt. Ich habe aber Angst vor Schmerzen.
Dr. Stefan Burg: Die Darmspiegelung zur Krebsvorsorge ist sehr wichtig und sollte ab dem 55. Lebensjahr bei jedem Menschen durchgeführt werden, da man dadurch effektiv den Darmkrebs verhindern kann, indem Darmpolypen als Krebsvorstufen abgetragen werden. Angst vor Schmerzen braucht man nicht zu haben, da die Untersuchung mit einer Kurznarkose beispielsweise mit Propofol durchgeführt werden kann.

Adipositas:
Ich bin adipös und möchte mich operieren lassen. Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen? Und bezahlt die Krankenkasse meine Operation?

Professorin Dr. Dorothee Decker, Leiterin des Adipositaszentrums Trier am Klinikum Mutterhaus: Die operative Therapie bei Adipositas setzt eine konsequente halbjährige konservative Therapie bestehend aus Ernährungsberatung, Bewegungstherapie und psychologischer Unterstützung voraus. Zudem muss eine Erkrankung der Schilddrüse oder eine Erkrankung der Nebennieren ausgeschlossen sein. Es muss natürlich auch geprüft sein, dass die Operation kein zu großes Risiko darstellt, das heißt, die Operationsfähigkeit muss gegeben sein. Sind alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft und gut dokumentiert, so wird ein Kostenübernahmeantrag für eine operative Therapie an die Krankenkasse gestellt und im Einzelfall entschieden, ob eine Therapie bewilligt wird oder nicht.
Wie wirken operative Therapien?
Professorin Dr. Dorothee Decker: Die operativen Verfahren wirken auf zwei Arten: Zum einen restriktiv, das heißt, es kann weniger Nahrung aufgenommen werden. Zum anderen metabolisch, das heißt, über eine veränderte Hormonausschüttung und über eine veränderte Aufnahme von Nahrungssubstanzen. In Deutschland werden derzeit zwei Operationsverfahren am häufigsten durchgeführt. Die Schlauchmagenbildung und die Magenbypass-Operation. Beim Schlauchmagen wird der Magen auf circa 100 ml verkleinert, so dass die Nahrungsmenge, die aufgenommen werden kann, sehr gering ist. Zusätzlich werden Hormone nicht mehr ausgeschüttet, die die Sättigung hemmen. Bei der Bypass-Operation wird der Magen verkleinert, und die verspätete Zuführung der Galle zum Nahrungsbrei führt zu einer verminderten Aufnahme von zum Beispiel Fetten und Kohlenhydraten. Die operative Therapie ist lediglich eine unterstützende Maßnahme und ist erst dann sinnvoll, wenn alle anderen konservativen Behandlungsmöglichkeiten wie Ernährungsberatung und Bewegungstherapie ausgeschöpft sind.
Ich bin schon seit der Kindheit adipös, möchte aber keine Operation. Wie viel Gewicht kann ich mit einem Magenballon abnehmen?
Professorin Dr. Dorothee Decker: Der Magenballon ist ein Ballon, der bei einer Magenspiegelung in den Magen eingeführt wird und dann mit 500 bis 750 ml Wasser oder Luft gefüllt wird. Er verbleibt ein halbes Jahr im Magen. Die Gewichtsabnahme in dieser Zeit beträgt circa zehn bis 15 Kilogramm, wenn begleitend eine Ernährungstherapie durchgeführt wird.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
Wie lange halten Gefäßstützen, die an Engstellen im Herzkranzgefäß eingebaut wurden, damit das Blut wieder fließen kann?
Dr. Karl Eugen Hauptmann, Internist, Kardiologe und Chefarzt am Brüderkrankenhaus Trier: Die Prognose der Stents ist nicht abhängig vom Ort, an dem sie eingebaut wurden, sondern von den Risikofaktoren. Wenn der Patient raucht, einen nicht eingestellten Blutdruck hat oder zuckerkrank ist, und der Diabetes falsch eingestellt ist, dann ist die Haltbarkeitsprognose nicht gut. Wenn die Risikofaktoren behandelt wurden, hält der Stent nahezu unbegrenzt.
Ich habe einen Bypass. Wie lange hält er?
Dr. Karl Eugen Hauptmann: Arterielle Bypässe halten länger als venöse. Die Prognose ist abhängig von der Grunderkrankung der Arteriosklerose. Bei Rauchern, falsch behandelter Diabetes oder nicht behandeltem Bluthochdruck halten venöse Bypässe lediglich wenige Jahre und arterielle etwa zehn Jahre. Wenn aber der Patient von seinem Hausarzt bezüglich der Risikofaktoren behandelt wird und damit die Grunderkrankungen gestoppt werden, können Bypässe weit über 20 Jahre funktionieren.
Ich habe Herzmuskelschwäche und werde medikamentös behandelt. Damit die Tabletten besser wirken, trinke ich extra viel, etwa drei Liter am Tag. Ist das richtig?
Dr. Karl Eugen Hauptmann: Die Wirksam- und Verträglichkeit dieser Medikamente wird durch eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr nicht gesteigert. Im Gegenteil: Durch zu viel Flüssigkeit wird das Herz zusätzlich belastet. Bei einer Herzmuskelschwäche sollte man nicht mehr als anderthalb Liter am Tag trinken.

Stress:
Ich führe ein kleines erfolgreiches Unternehmen. Von mehreren Seiten wird mir gesagt, dass Stress möglicherweise meine Gesundheit beeinträchtigt. Woran merke ich das?
Juliane Hellhammer, Leiterin des StressZentrums Trier, einer Einrichtung des Forschungsinstituts daacro: Vermutlich haben Mitarbeiter des Unternehmers Veränderungen im Wesen wahrgenommen, die sie zu dieser Vermutung kommen lassen. Dass sie ihren Chef darauf ansprechen, ist ein erster Schritt, denn eine Wesensveränderung kann immer ein erstes wichtiges Signal für Überforderung sein. Weitere Warnzeichen sind beispielsweise ein gestörter Schlaf, Reizbarkeit, Nervosität und Gewichtszunahme. Es kommt vor, dass man sich selbst als nicht gestresst erlebt, beziehungsweise denkt, es sei positiver Stress. Dabei kann der Körper durch die genannten Symptome bereits signalisieren, dass man die eigenen Kräfte und Ressourcen überschätzt und sich möglicherweise bereits einem Burn-out nähert.
Man hört immer nur davon, dass Stress ungesund ist. Aber er kann doch auch positiv sein, oder?
Juliane Hellhammer: Kurzfristiger Stress ist etwas völlig normales und ermöglicht sinnvolle Reaktionen, um in schwierigen Lebenssituationen richtige Strategien zu entwickeln. Auch sehen wir bei Menschen, die überbehütet groß geworden sind, ein großes Defizit mit alltäglichen Stressoren vernünftig umzugehen. Problematisch für unsere Gesundheit sind besonders starke Stresszustände (Traumata) oder auch chronische Stresszustände, in denen der Körper sich nicht mehr erholen kann. Dazu kommen ungesunde Lebensweisen unserer Zeit, wie zum Beispiel ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung, permanente Erreichbarkeit, Lärm, Arbeitsverdichtung sowie Arbeitsplatzunsicherheiten. Daher ist unter anderem das Berufsfeld ein zentraler Bereich für chronischen Stress geworden. Eine Prävention durch betriebliche Maßnahmen im Bereich Gesundheit ist deswegen sehr wichtig.

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