Wenn beim Jüngsten die Gelenke schmerzen

Schon Kleinkinder können von Rheuma betroffen sein – Interview mit Ärztin Isa Feddersen

 Dr. med. Isa Feddersen ist Oberärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier. Ihre Schwerpunkte sind Hämatologie/Onkologie und Rheumatologie/Immunologie.

Dr. med. Isa Feddersen ist Oberärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier. Ihre Schwerpunkte sind Hämatologie/Onkologie und Rheumatologie/Immunologie.

Foto: Privat

Rheuma bei Kindern? Kommt denn das vor? So reagieren viele, weil sie denken, es handele sich um eine Krankheit, die nur Erwachsene trifft. Nach Angaben der Medizinerin Isa Feddersen vom Trierer Mutterhaus sind in der Region Trier ungefähr 100 Kinder betroffen.

Im Interview mit unserer Mitarbeiterin Claudia Szellas beantwortet Isa Feddersen wichtige Fragen und bezieht sich dabei auf Angaben der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie.

Woran erkennt man kindliches Rheuma?
Isa Feddersen: Mit dem Fachbegriff Juvenile Idiopathische Arthritis (JIA) beschreibt man eine Entzündung der Gelenke, insbesondere wenn sie länger als sechs Wochen andauert. Eltern sollten folgende Symptome als Warnhinweise beachten: Schwellung oder Schmerzen in einem Gelenk (gerade im Kniegelenk) oder auch in mehreren Gelenken, vor allem wenn es plötzlich auftritt, Hinken, Verweigerung zu laufen, ungewöhnliches Greifen. Ein Kleinkind ist schon gelaufen, will plötzlich aber wieder getragen werden. Bei älteren Kindern sind es oft Rücken- oder Fersenschmerzen, morgens gibt es eine langanhaltende "Morgensteifigkeit" der Gelenke, und häufige Fieberschübe ohne erkennbare Ursache sind ein weiteres Warnzeichen.

Was für Auswirkungen hat Rheuma auf das tägliche Leben?
Isa Feddersen: Je nach Schwere der Erkrankung kann es zu deutlichen Einschränkungen kommen. So müssen die Kinder manchmal mehrmals pro Woche zur Krankengymnastik und Ergotherapie, es müssen regelmäßig Medikamente eingenommen werden. Bestimmte Sportarten und Schulsport sollten bei akuten Schüben vermieden werden. Wenn die Hände und Finger betroffen sind, können die Kinder manchmal nicht so gut schreiben, daher sollte ihnen bei Klassenarbeiten grundsätzlich mehr Zeit eingeräumt werden. Auch alltägliche Dinge wie das Aufdrehen einer Flasche können beeinträchtigt sein. Hier können spezielle Hilfsmittel verordnet werden.

Wie behandelt man Rheuma?
Isa Feddersen: Je nach Krankheitsbild werden unterschiedliche Medikamente verordnet. Vor allem bei heftigem Rheuma ist deren Einnahme sehr wichtig, denn damit wird vor allem die Entzündung in den Gelenken beseitigt. Verzichtet man auf diese medikamentöse Therapie, so kann es zu Gelenk- und Knorpelstörungen kommen. Die Krankheit kann im Verlauf fast immer verbessert werden - bei mehr als der Hälfte der betroffenen Kinder kann sie bis ins Erwachsenenalter zum Stillstand gebracht werden. Je nach Untergruppe der Erkrankung haben 70 bis 90 Prozent einen zufriedenstellenden Verlauf ohne größere Beeinträchtigung, es gibt aber leider immer noch einzelne, sehr schwerwiegende Erkrankungsbilder mit ungünstiger Prognose. Alternative Medizin kann man ebenfalls einsetzen, aber nur unterstützend.

Wie hoch ist die Zahl der Neuerkrankungen?
Isa Feddersen: Insgesamt erkranken in unserer Region etwa sieben Kinder pro Jahr neu an einer rheumatischen Erkrankung, ungefähr 100 sind insgesamt betroffen.

Welche Ursache hat Rheuma?
Isa Feddersen: Die genaue Ursache der Entstehung dieser Erkrankung ist unbekannt. Es handelt sich um eine sogenannte Autoimmunerkrankung, bei der eine Fehlsteuerung des eigenen Immunsystems vorliegt und es so zu einer Entzündung des körpereigenen Gewebes, hier der Gelenke, kommt. Es wird von einem multifaktoriellen Geschehen ausgegangen, wobei bestimmte Erbfaktoren eine Rolle spielen, kombiniert mit äußeren Einflüssen wie beispielsweise Infektionen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort