Edelmetall im Höhenflug Das Interesse an Gold ist wieder gewaltig

Düsseldorf · Wer ein Gefühl dafür entwickeln möchte, wohin in nächster Zeit der Goldpreis tendiert, sollte an diesem Mittwoch in die Vereinigten Staaten schauen. Dort werden die aktuellen Inflationsdaten für die größte Wirtschaftsnation veröffentlicht.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Wenn es stimmt, dass die Teuerung in den USA zuletzt von sechs auf 5,2 Prozent gesunken ist und die sogenannte Kerninflationsrate sich kaum verändert hat, könnte es sein, dass sich der Zinsanstieg in den USA zumindest verlangsamt.

Das wäre schon mal ein gutes Zeichen für den Kurs des Edelmetalls. Goldpreis und Zinsen verhalten sich nämlich in der Regel gegenläufig. Vereinfacht gesagt: Wenn die Zinsen steigen, deutet viel darauf hin, dass der Goldpreis sinkt, und umgekehrt. Die modelltheoretische Erklärung dafür liefert die Opportunitätstheorie: Wenn die Zinsen steigen, investieren Anleger verstärkt in verzinste Produkte, weniger in Gold, das eben keine sicheren Zinserträge abwirft. Das ist zuletzt so passiert. „Die Opportunitätskosten beim Goldkauf sind deutlich gestiegen“, sagt Chris-Oliver Schickentanz, Leiter des Portfoliomanagements beim Vermögensverwalter Capitell.

Binnen fünf Wochen hat sich der Preis für eine Feinunze, die gut 31 Gramm Gewicht hat, um etwa zehn Prozent erhöht; vor Ostern hat er die 2000-Dollar-Marke geknackt. Das Interesse ist wieder gewaltig, auch bei Großinvestoren, die ihre Einlagen bei Banken zugunsten von Geldmarktfonds und Gold verringert hätten, erklärt Schickentanz.

Was den Preis treibt, ist auch die Sorge um eine amerikanische Wirtschaft, die in eine Rezession stürzen könnte – „auch wenn historisch Gold in Rezessionszeiten nicht so gut performt hat“, so Schickentanz. Aber die Wahrnehmung der Investoren ist so. Erstens, weil Gold ihnen anders als beispielsweise Aktien von konjunkturabhängigen Unternehmen als sicherer Hafen gilt. Zweitens, weil eine schwache Wirtschaft bedeuten könnte, dass die Zinserhöhungswelle ihren Höhepunkt erreicht hat und damit Investments in festverzinsliche Anlagen nicht mehr an Attraktivität gewinnen. Und drittens – und das ist eigentlich der wichtigste Kurstreiber –, weil unter der Konjunkturdiskussion auch der Wert der amerikanischen Währung gelitten hat, in der das Gold gehandelt wird. Und je schwächer der Dollar, umso günstiger ist der Kauf für Investoren aus anderen Währungsräumen – beispielsweise aus Europa und Asien.

Die Konjunktursorgen und die jüngste Bankenkrise in den USA nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank haben vor Ostern Spekulationen ausgelöst, der Goldpreis könne seinen Rekordwert von 2075 Dollar übertreffen. Doch bei solchen Hoffnungen ist zumindest Vorsicht geboten. Der Edelmetallhändler He­raeus rechnet nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur für die kommenden Monate mit einem eher stabilen Goldpreis unterhalb von 2050 Dollar, die Commerzbank hob ihre Jahresendprognose jüngst von 1950 auf 2000 Dollar an. Das entspricht in etwa dem aktuellen Niveau, das wiederum noch fast vier Prozent vom Allzeithoch entfernt ist. Ist das Goldhoch also schon an sein Ende gekommen? Zumindest, so heißt es, verkauften in Europa Privatkunden ihre Goldbestände, da sie aufgrund der Inflation Geld brauchen.

Auf jeden Fall sollten Investoren nach Einschätzung von Capitell-Experte Schickentanz derzeit nicht auf eine Fortsetzung des jüngsten Höhenflugs in unverändertem Tempo setzen. „Natürlich kann man ein neues Rekordhoch nicht ausschließen, aber durch den Kursanstieg von 1650 auf 2000 Dollar innerhalb eines halben Jahres ist schon viel Potenzial vorweggenommen worden“, sagt Schickentanz. Wer also auf eine schnelle positive Entwicklung setze, sollte vorsichtig sein. Wer dagegen langfristig in Gold als Depotbeimischung mit drei bis fünf Prozent des Gesamtportfolios investiere, betreibe Risikodiversifizierung.

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) empfiehlt Privatanlegern, Barren und/oder Münzen „nur bei seriösen Anbietern“ zu kaufen. Wie man die erkennt? Zumindest sollten sie das tun, was der Bankenverband für seine Branche in Anspruch nimmt. Banken garantierten für die Echtheit der von ihnen angebotenen Goldbarren und Goldmünzen, erklärt der Verband. Die Preise für Anlagegold seien abhängig von Gewicht, Feingoldgehalt und Prägung. Daher sollte der Preis nicht mehr als zehn Prozent über dem aktuellen Goldpreis liegen, rät der BdB.

Und noch ein Rat: Das sogenannte physische Gold (also Barren und Münzen) sollte man auf jeden Fall in einem Schließfach aufbewahren, damit man im Falle eines Einbruchs nicht Gefahr läuft, das Gold zu verlieren. Wobei Lagerung (und Versicherung) zusätzliches Geld kosten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort