Energydrinks sind ungesund Energydrinks sind schädlich für Kinder und Jugendliche (und auch für Erwachsene)
Meinung · Bei Energydrinks bewahrheitet sich der Spruch des Arztes Paracelsus: „Die Dosis macht das Gift.“ Jedes fünfte Schulkind in Deutschland trinkt laut einer Studie der DAK regelmäßig Energydrinks. Demnach trinken 19 Prozent der Schüler aus der fünften bis zehnten Klasse mindestens einmal im Monat diese Getränke: Buntes, poppiges Design in auffälligen Neonfarben spricht Kinder besonders an.
Je bunter und poppiger, umso attraktiver sind die gefährlichen kleinen Dosen besonders für den noch unreifen Kreislauf und das Nervensystem von Kindern. Sie enthalten nicht nur 80 mg Koffein, sondern auch 24 Stück Würfelzucker sowie das Kreislauf- und Nervensystem erregende Zusatzsubstanzen.
Zu viel Koffein hat wahrscheinlich den Tod eines Schülers in den USA verursacht. Nach Angaben der Ärzte starb er an einer Herzrhythmusstörung. Zuvor hatte er in kurzem Abstand einen Kaffee, einen koffeinhaltigen Softdrink und einen Energydrink konsumiert. Kleiner Energie-Schub? Nein, purer Stress! Energydrinks fördern Unruhe bis hin zu Angstzuständen und können nach dem Absetzen sogar zu Entzugserscheinungen führen.
Es ist wichtig, dass Eltern konsequent „Nein“ sagen. Energydrinks versetzen Kinder in einen permanenten Stresszustand, der aktuell schädlicher für Körper und Psyche ist denn je. Regelmäßiger Konsum bringt den Körper in einen Dauer-Stresszustand, im Laufe der Zeit kann dies Auswirkungen auf das sich entwickelnde Gehirn und das Herz-Kreislauf-System haben. Auf Dauer drohen: Schlafstörungen, starke Unruhe, Konzentrationsprobleme, Angstzustände, Stimmungsschwankungen, hoher Blutdruck, abnormale Herzrhythmen, eventuell auch cerebrale Anfälle. Beim Absetzen von Energydrinks drohen Kindern Entzugserscheinungen. Denn Koffein macht süchtig, besonders wenn man täglich hohe Dosen konsumiert. Entzugssymptome sind Reizbarkeit, Kopfschmerzen oder Muskelschmerzen, auch Launigkeit.
Für den kindlichen Körper und die junge Psyche sind das unnötige Erfahrungen. Wichtig ist es, sich nicht auf Diskussionen einzulassen. Erlauben Sie Ihrem Kind meinetwegen jeden Tag ein Eis, Energydrinks gehören auf die No-Go-Liste. Auch Erwachsenen würde ich nicht empfehlen, das Zeug zu trinken.
Und warum sind die Getränke für Kinder frei verkäuflich? Es ist Kindern jeden Alters erlaubt, sie zu kaufen! In Litauen, Großbritannien und den Niederlanden dürfen sie hingegen nur an Personen über 16 Jahren abgegeben werden. Bei der Bundesregierung stößt das Thema bislang auf taube Ohren. Obwohl Ärzt*innen sowie die Verbraucherzentrale Hamburg schon vor Jahren ein Verbot von Energydrinks forderten, hält die Bundesregierung dies für unnötig. Immerhin ist das Geschäft lukrativ: So liegt der Gesamtumsatz durch Energydrinks in Deutschland jährlich über eine Milliarden Euro. Tendenz steigend.
„Dass ein Kind oder ein Jugendlicher durch Koffein stirbt, ist selten, kann aber vorkommen“, sagt der Kinderkardiologe Josef Kahl. Er verweist darauf, dass Kinder oder Jugendliche in einem solchen Fall meist an Vorerkrankungen leiden. Wenn zu dem hochdosierten Koffein Alkohol komme oder anstrengende körperliche Bewegung, steigt das Risiko für einen tödlichen Zwischenfall.
Hermine Nock vom Bundesverband Herzkranke Kinder erklärt, dass Jugendliche zu Risikoverhalten neigten. Wenn beim Feiern im Club Koffeintabletten oder -pulver, sogenannte Wachmacher, die Runde machten, wenn beim Sport Energydrinks konsumiert würden, trauten sie sich oft nicht, „Nein“ zu sagen, selbst wenn sie wüssten, dass Koffein in konzentrierter Form schädlich für sie sei.
Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa können gesunde Erwachsene über den Tag verteilt bis zu 400 Milligramm Koffein zu sich nehmen. Das entspricht etwa fünf Tassen Filterkaffee oder Espresso. Alternativ sei diese Menge in rund fünf Dosen Red Bull (je 250 ml) oder zweieinhalb Dosen Monster (je 500 ml) oder in neun Tassen schwarzem Tee (je 200 ml).
Für Kinder und Jugendliche gelten 3 mg Koffein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag als okay. Was aber bedeutet, dass ein 40 Kilogramm schweres Kind umgerechnet nur 1,5 Dosen am Tag trinken dürfte. „Gesunde Jugendliche können sicher ohne Gefahr für Leib und Leben die angegebenen Mengen Koffein vertragen“, sagt Kahl. Allerdings sollten sie nicht zusätzlich Alkohol trinken. Bei anstrengenden körperlichen Bewegungen sollten sie darauf achten, genug Flüssigkeit zu sich zu nehmen, und zwar Wasser oder Saftschorlen. Für herzkranke Jugendliche könnten die angegebenen Mengen bereits schädlich sein. Sie sollten am besten ganz auf Koffein und natürlich auf Alkohol verzichten.“
Ganz schön uncool … Ich rate Eltern, mit ihren herzkranken Jugendlichen über das Problem zu sprechen und sie darin zu bestärken, Haltung zu zeigen und Wachmacher abzulehnen. „Ein Herz-Kreislauf-Kollaps ist nicht nur ganz schön uncool, sondern kann lebensgefährlich sein.“
Energydrinks fördern Hyperaktivität bei Schulkindern. Schulkinder der Mittelstufe, die Energydrinks konsumieren, haben ein um 66 Prozent erhöhtes Risiko für Hyperaktivität und Konzentrationsprobleme. Zu diesem Ergebnis kommt eine amerikanische Studie der Yale School of Public Health. Sport-Getränke, die lediglich den Kohlenhydrat- und Mineralstoff-Haushalt des Körpers verbessern sollen, sind dagegen völlig unbedenklich.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden bei Jugendlichen oft nicht sofort entdeckt. Wenn diese Jugendlichen regelmäßig Energydrinks konsumieren, können sie eine bestehende Erkrankung verschlimmern. Darüber hinaus können verschiedene Faktoren die Wirkung von Energydrinks auf Herz und Kreislauf verstärken. Denn die Drinks werden häufig in Situationen getrunken, die belastend für den Kreislauf sind, etwa zusammen mit Alkohol, nach körperlicher Anstrengung oder Übermüdung. Darüber hinaus können sie die Wirkung von Medikamenten beeinflussen. Deshalb sollte jeder, der regelmäßig Medikamente und Energydrinks zu sich nimmt, seinen Arzt kontaktieren. Ob auf Partys, beim Lernen oder nächtelangem Zocken im Internet: Energydrinks versprechen eine hohe Konzentration und sind vor allem bei jungen Menschen beliebt. Fast 70 Prozent der 14- bis 18-Jährigen trinken gelegentlich eine der bunten Dosen.
Für betroffene Eltern gibt es zwei Tipps. Setzen Sie sich mit Ihrem Kind hin und sprechen Sie mit ihm darüber. Fragen Sie, warum es das Getränk will. Liegt es daran, dass die Freunde es trinken? Oder hat es das Gefühl, wenig Energie zu haben? Oft zeigt sich, welche eigentlichen Bedürfnisse sich dahinter verbergen. Darüber gilt es sich vertrauensvoll zu unterhalten.
Dr. med. Agathe Traut, Ärztin für Kinder und Jugendliche