Angestellter im Team oder doch lieber der eigene Chef?

Sie alle wollen ihre Entwürfe und Kollektionen auf dem Laufsteg oder in den Straßen bewundern - doch dahin führen unterschiedliche Wege. Der Trierische Volksfreund hat mit Absolventen und einer Studentin der Trierer Fachhochschule über ihre Erfahrungen, ihre Wünsche und ihren Werdegang gesproche

Angestellter im Team oder doch lieber der eigene Chef?
Foto: istock/Matt Jeacock

Der Chefdesigner


In zwölf Jahren vom Fachhochschulabsolventen in Trier zum Chef designer bei der Mode firma Marc Aurel - Thomas Molitor blickt auf eine steile Karriere zurück. Auch wenn er selbst sagt, dass es für ihn anfangs schwer war, überhaupt in den Beruf reinzukommen. "Ich habe sehr viele Bewerbungen geschrieben bis es geklappt hat", erinnert sich Molitor. "Ich hatte dann Glück, dass eine Firma in Bochum in meiner Diplomarbeit Potenzial und Qualität gesehen hat." Dort musste er dann als einziger Designer sofort ins kalte Wasser springen - eine Herausforderung, die er heute als "Glücksfall" bezeichnet. Denn vom Entwurf der T-Shirts, Pullover und Hosen bis zur Absprache mit Lieferanten musste er alles selbst machen. Nach fünf Jahren zog er weiter. Diesmal zu einer Firma, die viel mit besonderen Stoffen und Produktionsverfahren arbeitete. Auch dort blieb er fünf Jahre - bis er zu Marc Aurel nach Gütersloh wechselte. Zunächst als Designer, bevor er zwei Jahre später zum Chefdesigner aufstieg.

Inzwischen hat Molitor den Job, den er schon immer machen wollte. "Ich bin jemand, der sich gern Dinge ausdenkt, Neues entdeckt", sagt Molitor. Als Chefdesigner könne er das einfach tun. Entworfen wird bei Marc Aurel alles vom Abendkleid bis zur Damenjacke. Designer in zweiter Linie müssten sich dagegen viel öfter rückversichern. "Dafür hält man als Chefdesigner aber auch den Kopf für alles hin", ergänzt er. Es laste großer Druck auf den Verantwortlichen, denn schwierige Situationen gebe es im Arbeitsalltag immer wieder.

"Viele Studenten beginnen die Ausbildung mit Vorstellungen, die nicht der Wirklichkeit entsprechen", sagt Molitor. Aber die Arbeitswelt sei nicht wie bei Yves Saint Laurent oder Dior auf dem Laufsteg. "Man muss sich von High Fashion etwas verabschieden." Ziel des Studiums sei nicht London und die Fashion Week, sondern sich mit so vielen Themen wie möglich vertraut zu machen und zu lernen, wie man an eine Kollektion rangehe. "Die Ausbildung in Trier gibt einem dafür ein gutes Rüstzeug mit", ist Molitor überzeugt.

Die Studentin



Der gute Ruf der Fachhochschule hat auch Lisa Anell aus Heidenburg (Kreis Bernkastel-Wittlich) nach Trier gezogen. Obwohl die Studentin eigentlich immer woanders studieren wollte.

Nach einigen Praktika unter anderem bei Maßschneidereien und einem Schnupperkurs an einer Hochschule, bei dem ein kompletter Designprozess durchgespielt wurde, ist sie inzwischen im zweiten Semester - und immer noch dabei herauszufinden, was sie genau machen möchte.

"Was meinen Weg in der Modebranche angeht, weiss ich noch nicht genau, wohin es mich verschlägt", sagt Anell. "Aber ich habe ja noch etwas Zeit das herauszufinden." Obwohl Modedesign schon "ziemlich lange mein Wunschberuf ist". Kreativ sein und viel entwerfen - das soll auf jeden Fall dabei sein. "Mich direkt nach dem Studium in die Selbstständigkeit zu stürzen, ist aber keine Option", ergänzt die 21-Jährige. "Vielleicht werde ich das irgendwann mal machen, ich möchte aber erst mal für eine Firma arbeiten." Dass sie Trier dafür höchstwahrscheinlich verlassen muss, ist ihr bewusst. Anell weiß: "Für die, die bleiben wollen, bleibt deshalb oft nur der Weg in die Selbstständigkeit."

Die Selbstständige



Die Selbstständigkeit als letzter Ausweg? Die junge Modedesignerin Anja Herznach macht deutlich, dass sie diese Entscheidung nie aus der Not heraus getroffen hat. "Ich hätte auch bei einem Modeunternehmen in Paris anfangen können, aber ich wollte unbedingt mein eigenes Label gründen", sagt die FH-Absolventin, die in Trier aufgewachsen ist und 2011 das Unternehmen Cuir Royal gegründet hat. Sie ist sich sicher: Insgeheim wünsche sich jeder Modedesign-Student selbstständig zu sein, sein eigenes Ding zu machen.

Herznach macht ihr eigenes Ding - Damenbekleidung aus exklusivem Leder. In einem Atelier mit integriertem Showroom in der Nähe des Trierer Bahnhofs. "Ich habe mich explizit für Trier entschieden", betont sie. "Weil man meiner Meinung nach auch hier gut Mode machen kann." Auch wenn es zu Beginn einer Selbstständigkeit immer schwierig sei. Bevor man richtig Fuß gefasst habe, vergingen ein paar Jahre, sagt Herznach. Nach einem Jahr intensiver Vorbereitung stellt sie gerade ihre erste Kollektion vor.

Finanziell sei sie dabei natürlich auf Unterstützung angewiesen. "Ich habe mein Startkapital gehabt, aber es war auch ein zusätzliches Darlehen nötig", erzählt sie von ihren Erfahrungen. Schließlich muss sie zwei Mitarbeiterinnen bezahlen - eine Schnitttechnikerin sowie eine Maßschneiderin. Doch sie ist auch stolz darauf, Mitarbeiter zu haben: "Ich bin froh, dass ich von Anfang an attraktive Arbeitsplätze anbieten kann." Mit ihrer Kollektion hat Anja Herznach viel vor: Über Einzelhändler möchte sie sie in Boutiquen verkaufen. Um mit ihnen in Kontakt zu kommen, hat die Jungdesignerin sich einen Standplatz für Messen in Berlin und Düsseldorf gemietet. Doch auch ohne eigenen Laden hat sie schon einiges verkauft. Herznach: "Es ist aber noch Luft nach oben."

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