Auf den Spuren der Chinesen

Immer mehr Menschen legen sich ein Fahrrad mit Elektromotor zu. Macher, Menschen + Märkte-Autor Rainer Nahrendorf ist dem Boom dieser Fortbewegungsmittel nachgegangen.

 Elektrisch unterstützt geht es auch auf dem Fahrrad ohne Anstrengung schnell bergauf.

Elektrisch unterstützt geht es auch auf dem Fahrrad ohne Anstrengung schnell bergauf.

Foto: auto-reporter

Mit dem Frühling hat für Andrea B. nicht nur die schönste Jahreszeit begonnen. Die Lehrerin startet dann in das heraufziehende Zeitalter der Elektromobilität, vollzieht ihre ganz persönliche Energiewende. Das Auto bleibt in der Garage, das Pedelec - ein Fahrrad mit elektrischem Unterstützungsmotor - wird herausgeholt, Schulbücher und Klassenarbeiten werden in den Gepäcktaschen verstaut und die vier Kilometer bis zur Schule in wenigen Minuten zurückgelegt.

Die Bergstrecke hat ihre Schrecken verloren, seit die Lehrerin statt ihres gewöhnlichen Rads ein Pedelec besitzt. Jetzt kommt der Kreislauf auch ohne starken Kaffee in Schwung, die Gesundheit wird stabiler und die Kondition von Tag zu Tag besser. Denn in die Pedale treten muss Andrea B. immer noch, nur ins Schwitzen kommt sie nicht mehr. Dem Elektromotor mit seinen Unterstützungsstufen sei dank.

Das Aufladen des leichten Lithium-Akkus kostet nur zehn Cent. Bei den astro nomischen Spritpreisen ein Grund mehr, den Schulweg per Elektrorad zurückzu legen und kleine Besorgungen ohne das gerade auf Kurzstrecken teure Auto zu machen. Selbst der hohe Anschaffungspreis für das Qualitätsrad von rund 2000 Euro rechnet sich, wenn man den Gesundheitsaspekt und die entfallenden Kosten für das Fitnesstraining in der Muckibude berücksichtigt.

Dies gilt erst recht, wenn man nicht nur mit dem Pedelec zur Arbeit fährt. Im Trierer Umland, in der Eifel und im Hunsrück locken zahlreiche leicht zu radelnde Bahntrassen-, Fluss- und Familienradwege.

Dank der Pedelecs und der stärkeren E-Bikes können auch Ältere ohne Überanstrengung sportlich in wunderschönen Landschaften fahren. Gute Einkehrmöglichkeiten, Verleih- und Akkulade stationen sowie Regioradlerbusse, die auch E-Bikes transportieren, sorgen für entspannendes Freizeitvergnügen. Eine Akkuladung reicht je nach Gelände zwischen 50 und 70 Kilometer weit, im ebenen Gelände und auf der geringsten Unterstützungsstufe bis 100 Kilometer.

Das Reha- und Rentnerrad-Image gehört spätestens der Vergangenheit an, seit auch Hollywoodstar Leonardo DiCaprio ein E-Bike fährt. Rund 900 000 E-Bikes und Pedelecs gibt es in Deutschland schon. Der Boom hält an. Der Zweiradverband rechnet nach 310 000 neuen Exemplaren im vergangenen Jahr mit 400 000 zusätzlichen Pedelecs und E-Bikes 2012.

Der Boom in Deutschland verblasst gegenüber China. Zwar können sich auch immer mehr Chinesen ein Auto leisten, aber die Zahl der Fahrer von Elektrorädern dort wird auf 130 bis 140 Millionen, die Zahl der Hersteller auf 3000 geschätzt. 20 bis 30 Millionen Räder sollen Jahr für Jahr hinzukommen. Sie helfen gegen das Verkehrschaos und den Smog in den chinesischen Millionenstädten. Selbst wenn man die meisten chinesischen Elek troräder nicht mit den deutschen vergleichen kann, zeigen sie doch eines: E-Mobilität färbt den Himmel von grau wieder blau. Wenn der Strom dann nicht mehr aus dreckigen Kohlekraftwerken stammt, stimmt auch die Umweltgesamtbilanz.

E-Bikes und Pedelecs sind mehr als Trendsetter für die Freizeit, für die Mobilität einer älter werdenden Gesellschaft. Sie sind Pioniere für einen nachhaltigen umweltschonenden Verkehr und eine Energiewende, die jeder selbst einleiten kann.

www.adfc.de/monitor

Der Autor ist ehemaliger Handelsblatt-Chefredakteur.

DEUTSCHE FAHREN MEHR RAD



Das Fahrrad ist das zweitbeliebteste Verkehrsmittel der Deutschen. In jedem Haushalt stehen durchschnittlich 2,5 Fahrräder. Das sind zwei Ergebnisse der Studie Fahrrad-Monitor Deutschland 2011, des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) und des Meinungsforschungsinstituts Sinus. Ein Drittel der Befragten gab an, das Fahrrad in Zukunft häu figer nutzen zu wollen. Und bereits 38 Prozent nutzen das Rad für die Fahrt zur Arbeit, zur Schule oder zur Ausbildung. Das sind zwölf Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Dennoch sagen nur fünf Prozent der Befragten, dass sie sich im Straßenverkehr beim Radfahren sehr sicher fühlen. Beim ersten Fahrrad-Monitor 2009 waren es noch 19 Prozent. Objektiv ist der Radverkehr laut ADFC sicherer geworden: Die Anzahl der Fahrradunfälle in Deutschland stagniert, die Zahl der getöteten Radfahrer ging 2010 sogar deutlich zurück, während gleichzeitig der Radverkehrsanteil gestiegen ist. Die stellvertretende ADFC-Bundesvorsitzende Sabine Kluth sagt: "Das bestätigt uns, dass mehr Radverkehr zu mehr Verkehrssicherheit für Radfahrer beiträgt, einfach deshalb, weil die Radfahrer im Straßenbild vermehrt sichtbar sind." red

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