"Barmherzigkeit ist selten der Grund für eine Fusion

Ordensfrau und Managerin: Diese ungewöhnliche Kombination vereint die 71-jährige Schwester Basina. Sie ist Gesellschafterin der Marienhaus GmbH, einem der größten Akteure auf dem deutschen Gesundheitsmarkt. Die Ordensfrau gilt als eine der mächtigsten Frauen in der katholischen Kirche Deutschlands. Sie sagt, dass die Gesundheitsversorgung mittelfristig nur durch Fusionen von Kliniken erhalten bleiben wird.

Wenn man ihr zuhört und dabei die Augen schließt, denkt man nicht, dass dort eine Ordensfrau spricht. Man glaubt, eine moderne Managerin vor sich zu haben. Wie selbstverständlich geht der 71-jährigen das Vokabular der Unternehmensführung über die Lippen. Sie spricht von Zielorientierung, Profit, Märkten, Rentabilität und Macht.

Schwester Basina ist ohne Zweifel eine ungewöhnliche Frau und gilt als die mächtigste in der katholischen Kirche Deutschlands. Sie ist die Generaloberin des 1863 gegründeten Ordens der Franziskannerinnen in Waldbreitbach (Landkreis Neuwied). 1957 trat die in der Steiermark geborene und in Idar-Oberstein aufgewachsene Dorothea Kloos in den Orden ein und erhielt dann den Namen Basina. Von 1988 bis 1994 und dann wieder seit 2000 führt sie den Orden als Generaloberin. Ihre Amtszeit endet im kommenden Jahr und kann nicht verlängert werden. Die streitbare Kirchenfrau gilt auch als Frauenrechtlerin, die sich dafür ausspricht, Priesterinnen und Bischöf innen zuzulassen.

Das allein macht sie aber nicht zu der mächtigen und einflussreichen Person, die Schwester Basina ohne Zweifel ist. Die Ordensfrau ist Gesellschafterin der Marienhaus GmbH, einem der größten kirchlichen Träger im deutschen Gesundheitswesen mit mehr als 60 Krankenhäusern, Altenheimen und sozialen Einrichtungen. Als Generaloberin ist sie sozusagen die oberste Chefin dieser Einrichtungen und hat damit das Sagen über rund 13 800 Mitarbeiter.

Außerdem ist Schwester Basina eine von zwei Vorstandsvorsitzenden der 2009 gegründeten Hildegard-Stiftung. Unter deren Dach wiederum befindet sich die Cusanus-Trägergesellschaft (vormals Caritas-Trägergesellschaft), ebenfalls ein großer katholischer Akteur auf dem deutschen Gesundheitsmarkt. Zu ihr gehören in der Region etwa das Verbundkrankenhaus Bernkastel-Wittlich oder das Altenheim im Eifelort Waxweiler.

Gerade der Zusammenschluss des katholischen Marienkrankenhauses Trier-Ehrang und dem evangelischen Elisabeth-Krankenhaus Trier zum ökumenischen Verbundkrankenhaus Trier im Jahr 2011, zeigt, dass Schwester Basina keine Berührungsängste gegenüber anderen Konfessionen hat. "Bei jeder Fusion müssen Vorteile für beide Seiten herauskommen", hat sie kürzlich bei einem Symposium des Zen trums für Gesundheitsökonomie der Universität Trier gesagt. Der kleinere Partner dürfe sich bei solchen Zusammenschlüssen nicht benachteiligt fühlen. Fügt dann aber noch hinzu: "Barmherzigkeit ist selten der Grund für eine Fusion." Mit anderen Worten: Auch Fusionen unter kirchlicher Trägerschaft sind Interessen geleitet. Rentabilität, Marktorientierung und Gewinn spielten im christlichen Gesundheits wesen die gleiche Rolle wie bei freien Trägern, sagt die Generaloberin. Um dann doch noch einzuschränken: "Nicht nur die betriebswirtschaftlichen Faktoren dürfen im Mittelpunkt stehen." Die "ökonomische Melodie" dürfe nicht überwiegen.

Es ist der Spagat zwischen modernem Management und christlicher Soziallehre, zwischen Profit und Profil, den die 71-Jährige damit aufzeigt.

Schwester Basina macht nicht den Eindruck einer knallharten Managerin. Doch sie lässt auch keinen Zweifel daran, dass eine Freundin der klaren Worte ist. Die Generaloberin ist niemand, der diskutiert um des Diskutierens willen. Offenbar macht sie klare Ansagen, haut auch mal auf den Tisch und erwartet dann zügig ein Ergebnis.

Wenn sich bei Gesprächen herausstelle, dass eine Kooperation keinen Sinn ergebe oder nicht gelingen könne, dann müsse man eben die Pläne wieder auf Eis legen, sagt die Schwester. Drei bis fünf Jahre dauere es in der Regel, bis eine "gut vorbereitete" Fusion gelungen sei. "Bei Schnellschüssen gehen Fusionen schief."

Oft, so sagt sie, scheitere ein Zusammenschluss gar nicht aus ökonomischen Gründen. Zumeist seien es menschliche. Nämlich Macht erhalt und -gerangel unter Führungskräften. "Eitle Führungspersönlichkeiten, die ihre Macht erhalten wollen", sagt Schwester Basina, "sind hindernd für eine Fusion."

Und: "Das größte Risiko sind Persönlichkeitsstrukturen." Daher sei es wichtig, von Anfang an eine Vertrauenskultur aufzubauen, diese auch zu leben. "Ohne Vertrauen zwischen den beiden Partnern, gibt es keine erfolgreiche Fusion", lautet ihre Erkenntnis.

Den Wandel auch leben



Das Management müsse dafür "Impulsgeber" sein, müsse zeigen, dass der Wandel auch gelebt werde. Man müsse den Häusern und auch dem Personal Zeit geben, die unterschiedlichen Kulturen zusammenwachsen zu lassen.

Die Mehrzahl der Fusionen gelinge aber. Auch wenn sich das vor allem in den ersten Jahren nicht immer gleich in Umsatzsteigerungen bemerkbar mache.

Hört man der der eloquenten und deutlich jünger aussehenden Ordensfrau zu, könnte man den Eindruck gewinnen, sie strebe Fusionen an, um den ohnehin schon enormen Einfluss der Marienhausgesellschaft zu vergrößern. Sicherlich steht dieses Ziel bei den Kooperationen immer irgendwie im Hintergrund. Doch macht Schwester Basina auch klar, dass ohne den Zusammenschluss mit dem großen kirchlichen Träger kleine Einrichtungen kaum noch überlebensfähig sind.

Das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass ein großer Träger anders gegenüber den Kostenträgern wie den Krankenkassen und gegenüber der Politik auftreten kann. Es geht dabei auch schlicht und einfach darum, die ärztliche Versorgung vor allem auf dem Land zu sichern. Ohne Fusionen werde es mittelfristig keine Gesundheitsversorgung mehr in der Fläche geben, bringt es Schwester Basina drastisch auf den Punkt.

"Uns laufen die Ärzte und Pflegekräfte weg, und wir kriegen keinen Ersatz", schildert der Trierer Gesundheitsökonom und Vorsitzende des Zentrums für Gesundheitsökonomie, An dreas J. W. Goldschmidt, anschaulich die Realität vieler Kliniken vor allem in der Region.

Vor diesem Hintergrund scheint sich vor allem für kleinere Häuser gar nicht die Frage zu stellen, ob Fusion oder nicht, sondern wann Fusion und mit wem.

Schwester Basina stellt aber klar, dass sie nicht auf "Einkaufstour" sei. "Wir gehen nur dann auf andere zu, wenn wir glauben, dass es Sinn macht." Wie zum Beispiel in Essen. Dort hat das Ruhrbistum eine "strategische Partnerschaft" mit der zur Marienhausgesellschaft gehörenden St. Elisabeth GmbH vereinbart.

Ziel sei es, mit externer Unterstützung des erfahrenen Trägers die Kliniken und Heime zeit gemäß weiterzuführen und dabei die notwendigen Konsolidierungsaufgaben anzugehen. Es dürfte zum ersten Mal sein, dass ein Bistum die Unterstützung eines kirch lichen Trägers sucht, dessen Einfluss damit noch weiter wachsen dürfte.

DIE MARIENHAUS GMBH



Gesellschafterin der Trägergesellschaft ist die Ordens gemeinschaft der Franziskanerinnen von Waldbreitbach, deren Generaloberin Schwester Basina ist. Zur Marienhaus GmbH zählen 21 Krankenhäuser an 31 Standorten, 29 Alten- und Pflegeheime, drei Kinder- und Jugendhilfe einrich tungen, neun Hospize, neun weitere Einrichtungen und zehn Bildungseinrichtungen verteilt auf die Bundes länder Nord rhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saar land. Insgesamt arbei ten in der Marienhaus GmbH etwa 13 800 Menschen. In der Region gehören der Gesell schaft die Kranken häuser in Bitburg, Gerolstein und Hermeskeil, außerdem das ökumenische Verbund krankenhaus Trier sowie drei Altenzentren in Trier, Morbach und Hermeskeil.

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