Die gastfreundliche Region

In fast allen deutschen Ferienregionen ist Opti mismus für die Touristiker, Hoteliers und anderen Anbieter eine sehr realis tische Haltung. Die gewerb lichen Gastgeber verzeichneten 2010 einen Über nachtungszuwachs von 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Entwicklung in der Region Trier bestätigt diesen Trend. Doch wie sehen die Prognosen aus: Wird die Attraktivität für Reisende gehalten - und wenn ja, wie?

Die gastfreundliche Region
Foto: istockphoto/Milan Vasicek

In Rheinland-Pfalz wird das, was einst Fremdenverkehr hieß, heute landesweit von einer Marketing-Agentur mit Sitz in Koblenz unterstützt: Die Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH (RPT) gibt die Leitmotive und Empfehlungen vor für jene Themen, mit denen sich die einzelnen Teilregionen wie Eifel, Moselland und Hunsrück am aussichtsreichsten positionieren können. Diese sogenannten Säulen des Tourismus wurden mit Marktanalysen wissenschaftlich erarbeitet und sind in einer langfristigen Strategie definiert: Wein, Gesundheit, Wandern, Radwandern und Kultur.

Daran wird sich nach Auskunft von RPT-Geschäftsführer Achim Schloemer auch in den kommenden zehn Jahren nichts Wesentliches ändern: "Wir können relativ zuverlässige Prognosen stellen, weil die Bedürfnisse unserer Gäste bekannt sind." Zwar werde auf Grund der demografischen Entwicklung vermutlich weniger Nachfrage nach Events zu verzeichnen sein, die ein jüngeres Publikum anziehen, dafür aber umso mehr nach Naturerleben, Kultur und Gesundheit. Auch das barrierefreie Reisen werde in den Vordergrund rücken: "Da ist konkrete Kreativität gefragt, beispielsweise rollstuhl gerechte Weinkeller oder Wein etiketten in Brailleschrift", regt der Touristiker an.

"Unsere besondere Chance im Vergleich zu anderen Destinationen in Deutschland liegt darin, dass wir aus diesen Themen vor Ort jeweils unverwechselbare Angebotskombinationen kre ieren können", erläutert Schloemer eine gute Ausgangsposition im Wettbewerb um die Gäste. "So können wir etwa an der Mosel das Thema Wein sehr eng mit Kultur und Gesundheit verbinden, in der Eifel gehen Wandern, Radwandern und Gesundheit bestens zusammen. Die immer anspruchsvolleren Reisenden wollen in ihrem Urlaub verschiedene Facetten erleben - bei uns können sie das." Künftig sehen sich nach Einschätzung Schloemers die Gastgeber vor die Herausforderung gestellt, keine starren Pauschalen anzubieten, sondern Erlebnisbausteine, die Gäste vor Ort spontan und individuell buchen können. "Eine solche optionale Verfügbarkeit ist schwierig, aber sie muss sein. Mit innovativen Netzwerken der Hoteliers untereinander ist das machbar."

Viele andere deutsche Ferienregionen seien in einem vergleichbaren Abstimmungsprozess noch nicht so weit fortgeschritten - die rheinland-pfälzischen Gastgeber haben demnach einen klaren Zeitvorteil, um sich bei den Reisenden zu profilieren. Auch bei völlig neuen Zielgruppen. Denn mit einem verstärkten Marketing im Ausland - etwa in Skandinavien, Großbritannien oder Südeuropa - sollen ausländische Touristen in die Eifel, in den Hunsrück oder an die Mosel gelockt werden, die hier bislang noch Seltenheitswert haben. Die Vorhut allerdings ist bereits jetzt zu beobachten: Spanische Urlauber am Schalkenmehrener Maar in der Vulkaneifel - es gibt sie tatsächlich.

Besonderer Service ist ein Muss



Die Region ist auf dem Weg zu einer der gefragtesten Urlaubsziele Deutschlands - davon ist auch Gereon Haumann überzeugt. Der Hotelier aus Horath (Landkreis Bernkastel-Wittlich) im Hunsrück und Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Rheinland-Pfalz wird nicht müde, seinen Kollegen die immense Wichtigkeit von Servicequalität auf die Fahnen zu schreiben. "Es gibt in Deutschland relevante Unterschiede in der Qualität der Dienstleistung. Wir sind in dieser Hinsicht spitze und zählen zu den besten drei Regionen", sagt Haumann stolz und verweist auf die Regionalinitiative Mosel als Beispiel, die beim Mosel kongress am 4. April in Trier weitere Gastgeber für besondere Servicequalität auszeichnen wird.

Doch diese Position sei kein Selbstläufer - insbesondere nicht mit Blick in die Zukunft. Es gebe immer noch Betriebe, die auf hohen Gästedurchlauf mit schnellem Profit setzen. Doch ein solches Konzept dürfte künftig nicht mehr ausreichen, ebenso wenig wie die Vermarktung von Natur und Sehenswürdigkeiten allein. "Wir müssen uns deutlich unterscheiden von anderen Mittelgebirgsregionen. Zugleich sind unsere Konkurrenten längst Destinationen wie die Kanaren oder Malediven."

Die Gäste seien international reiseerfahren und durch das Internet hervorragend aufgeklärt. Mit der Folge, dass sich vorhandene Defizite nicht mehr verbergen lassen. Daher appelliert Haumann an seine Kollegen, sich der Sterneklassifizierung zu stellen. In beliebten Reiseländern wie Portugal, Spanien, Griechenland oder Italien ist sie vorgeschrieben, in Deutschland freiwillig.

Die Klassifizierung garantiere ein transparentes Preis-Leistungs-Verhältnis, wie es die Gäste erwarten. "Wir brauchen in der Region attraktive Gastgeber in jeder Klasse, denn nicht nur die ‚Leuchttürme' prägen das Image - es sind die vielen kleinen Betriebe."

Haumanns Familienhotel in Horath selbst gehört zu den Pilotunternehmen der IchZeit, wie die landesweite Initiative für den Gesundheitstourismus benannt ist. Eine Innovation ist diese Ausrichtung für ihn nicht, sagt der Hotelier: "Wir haben Entschleunigung, familiengerechte Entspannung, gesunde Ernährung und physiotherapeutische Angebote schon lange im Haus. Besonders Städter nehmen das gern in Anspruch." Die schätzen aber nicht nur die entsprechende Ausstattung des Hotels, sondern vor allem etwas, das nicht kopiert und nicht simuliert werden kann. "Die Liebenswürdigkeit im Umgang mit den Menschen wird immer wichtiger. Nichts zieht die Gäste mehr an als ein offener und herzlicher Gastgeber. Das wird in Zukunft sicher noch mehr den Ausschlag geben."

Doch bevor ein Gast die Freundlichkeit eines Gastgebers von Angesicht zu Angesicht erleben kann, muss er durch gutes Marketing bereits hergelockt worden sein. Dafür müsse ein effektives Themenmarketing her, auch für die IchZeit. "Um die Ernte unseres guten Potenzials einfahren zu können, muss Geld in die Hand genommen werden. Angesichts klammer kommunaler Kassen recht schwierig für die Touristiker in den Kreisen und Verbandsgemeinden."

Kommunalpolitik kann Impulse geben



Werner Klöckner, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daun im Landkreis Vulkaneifel, ist niemand, der sich von derartigen Pro blemen gleich entmutigen ließe. Er gehört zu den Initiatoren der Gesundheitslandschaft Vulkaneifel: Unter diesem Namen sind die Kurorte Daun, Bad Bertrich (Landkreis Cochem-Zell) und Manderscheid (Landkreis Bernkastel-Wittlich) angetreten, um ab 2013 mit konkreten gesundheitstouristischen Angeboten eine der führenden deutschen Ferienregionen für Gesundheitsbewusste zu werden. Zugleich ist Klöckner Vorsitzender des Tourismus- und Heilbäderverbands Rheinland-Pfalz e.V. und in dieser Funktion Aufsichtsratsvorsitzender der RPT.

Für Klöckner ist daher Kommunalpolitik äußerst eng mit der Förderung des Tourismus verbunden. Er nennt nüchterne Zahlen, die illustrieren, wie sehr die Branche den Wirtschaftsstandort der Region prägt: "Der Tourismus gehört mit rund 7,7 Millionen Gästen und 21,4 Millionen Übernachtungen - ohne die Campingplätze - zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen des Landes. Hinzu kommen jährlich circa 170 Millionen Tagestouristen. Etwa 190 000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Tourismus ab. Die Bruttowertschöpfung beträgt insgesamt 6,2 Milliarden Euro jährlich. Tourismus ist auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gerade in den ländlichen Regionen ein stabiler Wirtschaftsfaktor und verdient deshalb vor allem auf lokaler Ebene noch mehr Beachtung als bisher."

Die optimale Abstimmung des Innenmarketings mit benachbarten Kommunen und Regionen sei allerdings noch Zukunftsmusik. Die für Tourismus verantwortlichen, insgesamt 380 Institutionen im Land seien von einem "hohen Maß an Heterogenität" gekennzeichnet: "Hier finden sich Klein- und Kleinstorganisationen, die zum Teil nicht über eine öffentlich zugängliche Geschäftsstelle für den Publikums- und Gästeverkehr verfügen, bis hin zu hoch professionellen und starken Organisationen." Die Bandbreite reiche von Ämtern als Teil der Verwaltung (63 Prozent) über eingetragene Vereine (22 Prozent) bis zu Gesellschaften mit beschränkter Haftung (sechs Prozent). Auch die Personalstärke sei sehr unterschiedlich und häufig knapp bemessen. "Tatsache ist also, dass viele zurzeit nicht so gut aufgestellt sind, als dass sie die Themen der Tourismusstrategie und ihre zentralen Aufgaben schlagkräftig wahrnehmen könnten. Hier gilt es darüber nachzudenken, wie vor Ort wirkungsvolle touristische Einheiten geschaffen werden können."

DIE TOURISTISCHE STRUKTUR DER REGION TRIER



Das zentrale Marketing für die touristischen Betriebe findet unter dem Dach der Koblenzer Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH und der drei großen regionalen Agenturen Eifel Tourismus GmbH in Prüm, Mosellandtouristik GmbH in Bernkastel-Kues und Hunsrück Touristik GmbH am Flughafen Frankfurt-Hahn statt. Sie vertreten ihre Regionen auf Messen wie der ITB. Um weiteres Marketing kümmern sich die Tourist-Informationen der Verbandsgemeinden oder der Stadt Trier - außerdem dezentral die Leistungsträger selbst. Die Tourist-Infos und Agenturen sind über ein touristisches Kommunikationsnetzwerk mit den teilnehmenden Gastgebern verbunden. Touristen können über entsprechende Plattformen online passgenaue Unterkünfte suchen und buchen sowie nähere Informationen über das gewünschte Ferienziel bekommen. In puncto Servicequalität bietet die Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH den Betrieben Zertifizierungen an, die das Niveau erhöhen und für mehr Transparenz der Leistungen sorgen.

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