Frostige Kälte, defekte Motoren und ein Fachmann, der hilft

Wenn der Motor komische Geräusche macht oder sich überhaupt nicht mehr rührt, ist schnelle Hilfe gefragt. Dann sind Dirk Voss und seine Kollegen vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) im Einsatz. Sie helfen, wenn beim Auto nichts mehr geht.

Für den roten Mitsu8bishi Colt auf der A.64 nahe der Sauertalbrücke kommt jede Hilfe zu spät. Dirk Voss vom ADAC lässt den knapp 24 Jahre alten Wagen an und lauscht den Motorgeräuschen. Und die hören sich gar nicht gut an. Es scheppert unter der Motorhaube. Die Diagnose ist klar: Hier liegt ein Motorschaden vor. Für den alten Wagen ist dies das Todesurteil, Reparatur zwecklos, weil zu teuer. Die Besitzerin des Mitsubishi nimmt die Nachricht gefasst auf. Es ist kurz vor 8 Uhr und etwa 10 Grad unter null, sie friert und möchte jetzt vor allem weg.Der ADAC-Mann ruft einen Abschleppdienst in Trier an, der den Wagen abholen soll. Jetzt muss er nur noch die Daten in den Computer in seinem Auto eingeben: Fall abgeschlossen, Weiterfahrt nicht möglich. Für alles gibt es beim ADAC Abkürzungen oder Zahlen. 000 heißt es bei einem Motorschaden, wenn nichts mehr geht. Auch diese drei Nullen tippt Voss in den Computer ein. Dieser Fall ist eher die Ausnahme. In rund 84 Prozent können die Pannenhelfer die Autos wieder flottmachen.Voss kann jetzt weiter zum nächsten Auftrag, die Frau muss allerdings noch etwas in der eisigen Kälte verharren. ´Für den Pannenhelfer ist es der zweite Einsatz an diesem Morgen. Um 6 Uhr hat seine Schicht begonnen. Sobald er daheim in Bettenfeld in den gelben Ford S-Max einsteigt, beginnt für ihn der Dienst. Das Auto ist sein Arbeitsplatz, eine Zentrale oder ein Büro gibt es nicht. Die Aufträge kommen von der Leitstelle in Groß-Gerau nahe Frankfurt direkt auf seinen Computer. Dort ist eine von fünf ADAC-Zentralen in Deutschland, bei denen die Anrufe eingehen. Die Mitarbeiter in Groß-Gerau sehen auf einem Monitor, wo sich die Einsatzfahrzeuge befinden und funken dasjenige an, das am schnellsten am Einsatzort sein kann.Doch nicht immer liegt ein Auftrag aus Groß-Gerau vor. Manchmal liegt die Arbeit auch direkt am Weg. An der A.602 hat Dirk Voss heute schon ein Fahrzeug flottgemacht, das er im Vorbeifahren am Straßenrand gesehen hat.Bisher ist es noch relativ ruhig. Erst mit dem Berufsverkehr gegen 8 Uhr geht es für die Pannenhelfer richtig los. Die Menschen wollen zur Arbeit und das Auto springt nicht an. Oder aber sie wollen - wie beim nächsten Einsatz des ADAC-Manns - von der Arbeit heimfahren. Der Anrufer sei seit Stunden unterwegs und wolle nach Hause, verrät das Computerdisplay im Cockpit des Wagens. Und noch mehr: "SNA" steht auf dem Display. Das ist die Kurzform von "Springt nicht an". Bei der Kälte an diesem Morgen ist das nichts Ungewöhnliches. Auch den Namen des Anrufers verrät das Display, dazu Fahrzeugtyp, Kennzeichen und Farbe des Autos. So kann gleich der richtige Wagen angesteuert werden.Batterienmit an BordDazu gibt es noch eine Telefonnummer und den Vermerk R10. Das heißt, dass sich der "Gelbe Engel" vom Automobilclub zehn Minuten vor dem Eintreffen per Telefon meldet. Der Mann, der auf den ADAC wartet, meldet sich mit müder Stimme, ist aber offensichtlich froh, dass die Hilfe naht.Für Voss ist nach kurzem Versuch, den Opel Astra, der nahe der Trierer Ostallee steht, anzulassen, der Fall klar. Die Batterie tut es nicht mehr. Er hängt ein Ladegerät an Plus- und Minuspole und schaut, ob Strom aufgenommen wird. Doch schnell wird deutlich, diese Batterie ist schon in die Jahre gekommen und wird mit den sibirischen Temperaturen nicht mehr fertig. Bei dem Besitzer des Wagens, der nach einer Nachtschicht im Krankenhaus müde ist, ist nicht viel Überzeugungsarbeit notwendig. Die alte Batterie muss raus, eine neue rein. Voss zieht eine Schublade in seinem Auto auf und holt das neue Gerät raus. Ersatzteile sind in den Autos der Pannenhelfer immer dabei. Ob Batterie, Zündspule oder sonstige Teile, vieles kann direkt ausgewechselt werden.Jedes der insgesamt 1700 Pannenhelferfahrzeuge in Deutschland hat eine Grundausstattung mit Werkzeug und Ersatzteilen. Jeder Fahrer kann aber selbst entscheiden, welche Teile oder Werkzeuge er besonders häufig verwendet und dementsprechend seinen rollenden Arbeitsplatz ausstatten.Nach etwa einer halben Stunde läuft der Astra mit seiner neuen Batterie wieder gut. Der Fahrer muss noch die Batterie bezahlen und den Einsatz mit seiner Unterschrift quittieren. Für ihn beginnt jetzt der Feierabend, während auf Voss schon der nächste Einsatz wartet. Dafür muss der gelernte KFZ-Meister nicht weit fahren. Wenn er wie heute in Trier unterwegs ist, kommen ohnehin nicht so viele Kilometer zusammen. Doch an anderen Tage fährt er auch über Land. Sein Ford ist erst zwei Monate alt und schon 6000 Kilometer gelaufen. Die Lebensdauer eines ADAC-Autos liegt bei etwa sieben Jahren.Beim nächsten Einsatz in der Trierer Güterstraße gibt es ein Problem: Die angegebene Telefonnummer ist falsch, der Anrufer ist nicht zu erreichen. Doch das Auto ist schnell entdeckt, der schwarze Renault Twingo steht vor einem Wohnhaus auf dem Parkstreifen. Voss klingelt bei der angegebenen Adresse, ein junger Mann kommt runter und berichtet, dass der Wagen schon einige Tage zuvor nicht angesprungen ist.Auch hier die bei der an diesem Morgen herrschenden Kälte übliche Diagnose: Batterie leer. Bevor Voss die Überbrückungskabel anschließen kann, gibt es ein weiteres Problem. Der Hebel, mit dem sich die Motorhaube entriegeln lässt, ist abgebrochen. Eine Zange muss her und schon springt die Haube auf. Improvisation gehört bei den Pannenhelfern zum Alltag.Bei dem Fahrzeug aus dem Baujahr 2000 zeigt sich, dass die Batterie ebenfalls schon die besten Tage hinter sich hat. Doch in diesem Fall wird erst einmal der Wagen angelassen. Nachdem die Formalitäten erledigt sind, will der Twingofahrer den Wagen zum Aufladen etwas bewegen.Das Helfen bei Autopannen ist für Dirk Voss nicht nur Beruf. Er sieht es auch als Berufung an. Auch wenn bei sehr frostigen Temperaturen das Arbeitsleben für ihn nicht leicht ist, er mag seine Arbeit.Er ist überzeugt "Wenn ich freundlich zu den Leuten bin, bekomme ich das zurück". Zumindest an diesem Morgen stimmt das. Alle sind froh, wenn das gelbe Pannenfahrzeug kommt. Sowohl der Umgang mit den Menschen, aber auch die ganz unterschiedlichen Problemstellungen machen für Voss den Reiz seiner Arbeit aus. Kein Tag ist wie der andere. Voss geht sogar noch weiter "Keine Stunde ist wie die andere", sagt er.Dabei gibt es auch negative Erfahrungen. Menschen, die ihn anpöbeln, weil ihnen die Zeit bis zum Eintreffen des Pannenhelfers zu lange erschien. In der Regel dauert es bis zu einer Stunde, bis die ADAC-Mitarbeiter vor Ort sind. Es kann auch noch mehr Zeit vergehen, wenn viel zu tun ist. Nicht jeder hat dafür Verständnis.Besonders ärgerlich sind für die Pannenhelfer auch Leute, die den Dienst als billige Werkstatt missbrauchen wollen. Wenn beispielsweise ein Autohalter anruft, weil bei seinem Viertürer das Schloss einer hinteren Tür blockiert, hört das Verständnis der ADAC-Helfer auf. Aber das seien Ausnahmen.Generell haben Clubmitglieder Vorrang. Geholfen wird überall, vor allem bei wirklichen Notfällen. Wenn beispielsweise jemand sein Auto nicht öffnen kann, weil der Schlüssel drinnen liegt und sich noch ein Kind im Auto befindet, dann muss alles andere warten.Ganz so dramatisch ist es an diesem Morgen nicht. Es sind eher Routineeinsätze. Auch beim nächsten Auftrag in der Nähe des Konzer Bahnhofs heißt es wieder SNA - springt nicht an. Ein Ford Mondeo, der zwar noch nicht so alt ist, dessen Batterie aber offensichtlich gelitten hat, weil sein Fahrer nur Kurzstrecken unter einem Kilometer fährt. Das mag kein Auto, schon gar nicht bei Frost. Der ADAC-Mann gibt Starthilfe, der Autohalter verspricht, eine Werkstatt aufzusuchen.Auch wenn Voss in seinem Wagen alleine unterwegs ist, der Kontakt zu seinen Kollegen ist gut. Immer wieder melden sich andere Pannenhelfer über Handy zu einem kurzen Gespräch. Auch ein Kollege, der an diesem Tag in Rente geht, ruft kurz an, um sich zu verabschieden. Er weiß noch nicht, dass für ihn an diesem Nachmittag noch eine Überraschungsparty der "Gelben Engel" starten soll.Autotypen undihre speziellen MackenEs ist mittlerweile 10.30 Uhr, und die nächsten Aufträge stehen bereits an. Diesmal wieder in Trier, Trimmelter Hof. Ein Opel Omega, der zwar aus der Garage rausgefahren ist, aber nun die Weiterfahrt verweigert. Auch hier wird der Pannenhelfer erfreut empfangen. Der Gymnasiallehrer ist ein überzeugtes Mitglied des Automobilclubs. Schon mehrfach hat er die Hilfe in Anspruch genommen.Bei diesem Auto hat zwar auch die Batterie schlappgemacht, doch der KFZ-Meister vermutet noch eine andere Ursache. Es muss ein Teil geben, dass bei diesen Temperaturen zu viel Strom zieht. Er tippt auf den Vorheizer, so etwas Ähnliches wie eine Standheizung bei dem Dieselfahrzeug. Voss ist stolz darauf, über viele Autotypen Bescheid zu wissen. Mindestens einmal pro Quartal gibt es Schulungen für die ADAC-Mitarbeiter, damit sie immer auf dem neuesten Stand sind und sich bei vielen Auto8typen und ihren typischen Macken auskennen. Denn Pannen haben nicht nur die alten Autos. ADAC Deutschland

Der ADAC wurde 1903 als Deutsche Motorrad-Vereinigung gegründet und 1911 zum Allgemeinen Deutschen Automobilclub umgewandelt. Sein Hauptsitz ist in München. Der ADAC ist mit mehr als 17.Millionen Mitgliedern der zweitgrößte Automobilclub weltweit. Alleine in Rheinland-Pfalz gibt es rund 986.700 Mitglieder.Etwa 1700 Pannenfahrzeuge sind deutschlandweit im Einsatz. Besonders viele Einsätze hatten die Pannenhelfer bei der letzten Kältewelle im Februar: Mit bundesweit 20.000 Hilferufen pro Tag war die Nachfrage doppelt so groß wie sonst. Allein in Rheinland-Pfalz wurden rund 1400 Einsätze pro Tag gezählt. dpa/noj Zur Person

Dirk Voss ist seit fünf Jahren Pannenhelfer beim ADAC. Der 35-Jährige aus Bettenfeld ist gelernter KFZ-Meister und hatte vorher eine eigene Werkstatt.Sein Einsatzgebiet liegt zwischen Trier und Bettenfeld, reicht aber bei Bedarf auch bis nach Nonnweiler oder Kaisersesch. Von oben: Warnleuchten am gelben ADAC-Fahrzeug schützen auch an unübersichtlichen Stellen vor Gefahren. Im Fahrzeug befinden sich in Schubladen viel Werkzeug und einige Ersatzteile. Nach dem Einsatz füllt ADAC-Pannenhelfer Gerd Voss einen Beleg für die Kunden aus. An kalten Tagen ist der Spannungs- und Strommesser (links) ein wichtiges Werkzeug. Leere Batterien sind

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