Geschäfte mit Mord und Totschlag

Bis zur Jahrtausendwende war Hillesheim ein Ort wie viele andere im heutigen Landkreis Vulkaneifel. Es gab einen Viehmarkt und den üblichen Fremdenverkehr - die Gäste kamen wegen der schönen Landschaft und der guten Luft. Heute ist Hillesheim die Krimi-Hauptstadt - Monika und Ralf Kramp haben der Gemeinde einen völlig neuen Wirtschaftszweig verschafft.

 Ralf und Monika Kramp beim Einräumen ihres Antiquariats gegenüber dem Hillesheimer Kriminalhaus. Foto: Falk Straub

Ralf und Monika Kramp beim Einräumen ihres Antiquariats gegenüber dem Hillesheimer Kriminalhaus. Foto: Falk Straub

Hillesheim. "Es gibt keinen Zufall", sagt Ralf Kramp, bevor er in die Vergangenheit ausholt. "Es scheint alles schon bereit gewesen zu sein und hat nur auf uns gewartet."

Die Auslöser der schönen Geschichte, wie Mord und Totschlag nach Hillesheim kamen, sind zum einen die Leidenschaft für Kriminalromane, der beide Kramps verfallen sind. Und zum anderen der Autor Jacques Berndorf alias Michael Preute. Seine Eifel-Krimis - der erste davon, "Eifel-Blues", erschien 1989 - haben den Grundstein für die Begeisterung für regionale Kriminalromane bereitet, die inzwischen bundesweit grassiert. Preute ist es, der dem gebürtigen Euskirchener Ralf Kramp rät, dessen Erstlingsroman "Tief unterm Laub" zu veröffentlichen. Das 1996 erschienene Debüt erhält noch im selben Jahr den Förderpreis des Eifel-Literaturfestivals, und der Autor besucht im Rahmen des Krimi-Festivals Criminale zum ersten Mal Hillesheim in der Vulkaneifel.

Der Moment, in dem Kramp seine zukünftige Ehefrau Monika kennenlernt - sie führt eine Buchhandlung in Hillesheim -, ist der Beginn der Verwandlung des Orts in die Krimi-Hauptstadt Deutschlands. 2002 übernimmt Kramp den KBV-Verlag in Elsdorf (Rheinland) und verlegt sein Büro nach Hillesheim, in die Buchhandlung seiner Frau. Inzwischen haben Berndorfs und Kramps Eifel-Krimis weite Kreise gezogen. Aus ganz Deutschland reisen Fans an, um sich in der Eifel die Schauplätze der mörderischen Geschichten der stetig wachsenden Autorenschar anzuschauen. Heute verlegt KBV die Werke von rund 50 Autoren, deren Geschichten zumeist in der Eifel angesiedelt sind.

In der ehemaligen Gerberei von Hillesheim erhält die Erfolgsgeschichte eine weitere Wendung: "Wir planen nicht aus kaltem Kalkül her aus", sagt Kramp, "als wir das Gebäude mieteten, wussten wir noch gar nicht exakt, was hier entstehen soll." 2007 eröffnen die Kramps während der Reihe "Tatort Eifel" das Kriminalhaus.

In dem eigentümlich verwinkelten Gebäude sind inzwischen drei Unternehmen angesiedelt: Monika Kramp führt die Buchhandlung Lesezeichen und das Café Sherlock, Ralf Kramp ist Geschäftsführer des KBV-Verlags, der sein Büro unter dem Dach hat. Im ersten Stock ist das Deutsche Krimi-Archiv untergebracht. Es umfasst etwa 26 000 Bände und ist sowohl ein Treffpunkt für Fachleute als auch für Krimifans aus aller Welt. Vereine und Krimi-Zirkel treffen sich ebenfalls dort. "Es kam einfach eins zum anderen", erzählt Monika Kramp. "Und erst später entstand das Konzept dazu. Die Gäste des Archivs können sich beispielsweise in der Buchhandlung mit Krimis eindecken oder im Café Sherlock essen und trinken." Gleich auf der anderen Straßenseite betreibt das Ehepaar seit einigen Monaten das Antiquariat Krimi & Co., in dem eine Sherlock-Holmes-Dauerausstellung zu bewundern ist - ein weiterer Anziehungspunkt für Krimi-Touristen.

Das Kriminalhaus macht die Stadt einmalig



Alles in allem sind bei Monika und Ralf Kramp 25 Arbeitnehmer beschäftigt. "Das alles kommt ohne irgendeine Form der Förderung aus", sagt Stefan Lieser, Pressesprecher des KBV-Verlags. "Hier haben Unternehmer eine gute Idee in die Praxis umgesetzt, und eine ganze Stadt profitiert davon." Hillesheim habe durch das Kriminalhaus ein Alleinstellungsmerkmal gewonnen, "wie es in Deutschland einmalig ist", meint Lieser.

Der Krimi-Tourismus sei ein wichtiger Wirtschaftszweig in der Marktstadt, den niemand mehr missen möchte. In und um Hillesheim sind in den vergangenen Jahren weitere Anlaufpunkte für die Fans mörderischer Geschichten entstanden: Der Eifelkrimi-Wanderweg führt an elf Schauplätze der Romane von Kramp und Berndorf, im Krimihotel mit seinen 24 Themen-Zimmern lässt es sich stilecht übernachten. Und im Hotel Zum Amtsrichter, dem ehemaligen Königlich Preußischen Amtsgericht in Hillesheim, ist der Gast zwar König - aber auch Sträfling. Hier nächtigt er in ehemaligen Gefängniszellen.

"Es ziehen viele Leute an einem Strang", erklärt Ralf Kramp. "Und wir würden uns freuen, wenn noch weitere kommen." Er glaube, "es gibt nirgendwo auf der Welt einen fruchtbareren Boden für Krimi-Ideen als in Hillesheim. Dass die Bevölkerung hier das Ganze so positiv aufnimmt, ist eine Tatsache, die uns sehr fasziniert und auch vorantreibt".

Vladi Nowakowski

ZU DEN PERSONEN



Monika Kramp wurde am 12. Januar 1959 in Daun geboren. Nach ihrem Hauptschulabschluss machte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau, schulte dann im Alter von 34 Jahren zur Kauffrau für den Groß- und Einzelhandel um. Seit 1999 ist sie selbstständig und betreibt die Buchhandlung Lesezeichen, seit 2007 auch das Café Sherlock in Hillesheim. Ralf Kramp, am 29. November 1963 in Euskirchen geboren, absolvierte nach dem Abitur eine Lehre als Maler und Lackierer. Später machte er sich als Karikaturist selbstständig und zeichnete unter anderem für den Kölner Stadtanzeiger. Seit 1998 veranstaltet der erfolgreiche Krimi-Autor und Chef des KBV-Verlags unter dem Titel "Blutspur" Krimi-Wochen enden in der Eifel. Seit 2007 führen Monika und Ralf Kramp in Hillesheim das Kriminalhaus, in dem neben dem KBV-Verlag, in dem überwiegend Kriminalromane erscheinen, das Deutsche Krimi-Archiv mit rund 26 000 Bänden, das Café Sherlock und die Buchhandlung Lesezeichen untergebracht sind.

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