Heißluftballone made in Germany kommen aus Schweich

Weltweit gibt es nur etwa 15 Hersteller von Heißluft ballonen. In Europa sind es sieben. Und in Deutschland genau einer: In Schweich bei Trier produziert Schroeder fire balloons seit 25 Jahren die farbenfrohen Luftfahrzeuge.

 Bahn an Bahn: Katharina Schneider näht die Hülle eines Heißluftballons zusammen.

Bahn an Bahn: Katharina Schneider näht die Hülle eines Heißluftballons zusammen.

Foto: Schroeder fire balloons

Schweich. Katharina Schneider sitzt in einem Meer aus roten, gelben und grünen Stoffbahnen. Die Nähmaschine surrt, Meter für Meter zieht sie unter der Nadel hindurch. Zwischendurch steht sie auf, greift scheinbar wahllos in die Stoffmenge und rafft die Streifen zusammen. Die Bahnen seien nummeriert, erklärt sie. So weiß sie, welche aneinandergenäht werden müssen.

Zwölf Mitarbeiterinnen sind in der Näherei von Schroeder fire balloons angestellt. Je nach Größe des Ballons müssen 400 bis 500 Teile zusammengenäht werden. Basis ist ein am Computer entworfener Zuschnittplan, der anzeigt, wo das Muster oder der Schriftzug der Werbung verläuft.

60 bis 80 Heißluftballone, die nach ihren Erfindern, den Brüdern Montgolfier (siehe Extra) auch Mongolfière genannt werden, verlassen im Jahr die Produktionshallen in Schweich. Der kleinste (Volumen: 1800 Kubikmeter) kann in seinem Korb zwei Personen in die Luft heben, der größte (Volumen: 8500 Kubikmeter) transportiert bis zu 13 Passagiere.

Für einen mittelgroßen Ballon werden etwa 1000 Quadratmeter eines speziellen Nylonstoffs benötigt. Mit Hilfe von Schablonen schneiden die Frauen den 1,54 Meter breiten Stoff zu unterschiedlich großen Trapezen, die anschließend anhand des Zuschnittplans zu Bahnen zusammengefügt werden.

Die ersten drei Ballone in unterschiedlichen Größen hat der Firmengründer Theo Schroeder Mitte der 80er Jahre gefertigt, um die Musterzulassung vom Luftfahrt-Bundesamt zu erhalten. In den 70er Jahren hatte er das Ballonfahren als Sport für sich entdeckt - und musste feststellen, dass es sehr kompliziert ist, seine Ballone in Deutschland reparieren zu lassen oder Ersatzteile zu bekommen.
1986 werden die ersten Ballone verkauft

65 Jahre alt war der Ingenieur, als er sich entschloss, die Luftfahrzeuge selbst herzustellen. "Schwierig oder geht nicht gibt's nicht", zitiert der heutige Unternehmenschef Friedhelm Schroe der seinen Vater, der 2008 verstorben ist. Kurzerhand reservierte Theo Schroeder einen Raum in seinem Unternehmen rheimotherm Luft- und Klimatechnik, das ebenfalls in Schweich angesiedelt ist, für die Ballonherstellung. Eine Mitarbeiterin konnte gut nähen und wurde prompt engagiert. Die Musterzulassung gab es 1986 - der Herstellungsbetrieb für Luftfahrtgeräte war genehmigt. Im selben Jahr stiegen bereits die ersten Ballone made in Schweich in die Luft. Ein Jahr zuvor war mit dem Bau der Produktionshalle begonnen worden. Erfahrene Näherinnen und Korbflechter wurden eingestellt, die wiederum junge Leute ausbildeten. Manche Mitarbeiter der ersten Stunde sind noch heute für Schroeder tätig.

Am Anfang sei es schwierig gewesen, sich gegen die Konkurrenz aus dem Ausland, besonders aus Großbritannien, zu behaupten, berichtet Schroeder junior. Etwas Einmaliges musste her. Gemeinsam mit einem Stoffhersteller wurde ein Material für die Hüllen entwickelt, das den britischen Stoffen überlegen war: Die Lebensdauer der Ballone wurde dadurch verdoppelt. "Das hat sich herumgesprochen", sagt der 58-jährige Diplom-Ingenieur. Mit der Zeit habe es immer wieder kleine Verbesserungen gegeben, zum Beispiel, um das Aufrichten zu erleichtern.

Heute liege der Marktanteil seiner Firma in Deutschland bei 45 Prozent, sagt Friedhelm Schroeder, der das Unternehmen gemeinsam mit Hans Kordel leitet. Kordel ist passionierter und erfolgreicher Ballonfahrer: 2010 fuhr der Diplom-Ingenieur mit einer Montgolfière aus Schweich in weniger als sieben Stunden 885 Kilometer von Thüringen nach Rumänien.
Mehr als 100 000 Euro kostet der teuerste Ballon

60 Prozent der in Schweich produzierten Ballone würden nach Deutschland verkauft, schätzt Schroeder. Etwa 30 000 Euro kostet der kleinste. Für die teuerste Ausführung fallen mehr als 100 000 Euro an. 90 Prozent der Ballone trage Werbung. Sie spielt bei der Finanzierung eine wichtige Rolle. Wobei es unterschiedliche Systeme gibt: Manchmal ist das werbende Unternehmen selbst Eigentümer des Ballons. In anderen Fällen gehört er beispielsweise einem gewerblichen Fahrunternehmen oder einem Ballonsportler, der die Finanzierung über Sponsoring regelt, indem er die Hülle als Werbefläche anbietet. Die Aufträge bekommt Schroeder also entweder vom Piloten oder direkt vom Unternehmen. Warsteiner beispielsweise lässt seit einigen Jahren alle seine Ballone in Schweich herstellen.

Etwa vier Wochen dauert es, bis die Montgolfière fahrbereit ist. Ein Designer fertigt das Muster am Computer. Von dort werden die unterschiedlichen Trapeze, aus denen die Hülle zusammengesetzt ist, über einen sogenannten Plotter oder Kurvenschreiber im Maßstab 1:1 auf Pappe übertragen. Das sind die Schablonen für die Näherinnen.

Während die Frauen in der ersten Etage die Hülle fertigen, werden im Untergeschoss Körbe geflochten. Das Geflecht besteht aus indonesischem Peddigrohr. Das sei besonders widerstandsfähig und leicht, erklärt Schroeder.

In einer weiteren Halle fliegen die Funken: Dort arbeiten Metallbauer, Dreher und Schweißer. In Reih und Glied stehen Gasbehälter aus Edelstahl auf dem Boden. Auch diese speziellen Ballongasflaschen produziert die Firma selbst. Der Brenner, das Triebwerk des Ballons, benötigt Gas, um die Luft in der Hülle zu erhitzen und so für Auftrieb zu sorgen. Die Brennerleistung liegt bei 1,5 bis zwei Megawatt. Eine normale Hausheizung kommt auf 15 bis 20 Kilowatt.

"Jedes einzelne Bauteil, das zur Ballonherstellung benötigt wird, stellen wir her", betont Schroeder. Von der Verdampferspirale für den Brennerbau über Beschläge und Rahmen für den Korbbau bis zum Aufrüstgebläse und den Transportanhängern, mit denen die fertigen Ballone zu den Kunden gebracht werden.

Die größte Halle ist oft leer. Dort werden die Hüllen vor ihrer ersten Fahrt getestet. Zudem muss jeder Ballon nach 100 Betriebsstunden und mindestens einmal pro Jahr zum TÜV. Diese Lufttüchtigkeitsprüfung kann Schroeder ebenfalls übernehmen. Dafür wird die Hülle in der Halle aufgeblasen und überprüft - und wenn nötig direkt ausgebessert und repariert. "Durch die UV-Strahlung von außen und die Innentemperatur von 100 Grad Celsius wird das Gewebe der Hülle mit der Zeit mürbe", erklärt Schroeder. Wenn die Festigkeit des Materials unterschritten werde, darf der Ballon nicht mehr abheben. "Es gibt Kunden, die fahren mit Tränen in den Augen."

Insgesamt 1472 Schroe der-Ballone sind seit Firmengründung bereits in den Himmel gestiegen. Friedhelm Schroeders Lieblingsexemplar hat eine klassische Form mit einem Elefanten darauf. Es war der letzte Ballon, den sein Vater Theo Schroeder, ein begeisterter Afrikareisender, für sich selbst entworfen hat.

www.schroederballoon.de

DIE GESCHICHTE DES HEIßLUFTBALLONS

Der Heißluftballon wird als ältestes Luftfahrzeug der Menschheit gehandelt. Als Erfinder gelten die Brüder Joseph Michel und Jacques Étienne Montgolfier. Im Juni 1783 präsentierten die Papierfabrikanten ihren unbemannten Ballon erstmals öffentlich. Bei der zweiten Präsentation in Versailles gab es dann die ersten Passagiere: ein Hahn, ein Hammel und eine Ente stiegen in das "Luftmeer", wie die Brüder sagten. Entsprechend hießen die Fahrer "Luftschiffer". Diese Bezeichnung wird als eine Begründung genannt, warum - zumindest in der deutschen Sprache - Ballone fahren und nicht fliegen. Es gibt aber auch andere Erklärungen, darunter eine physikalische: Anders als ein Flug zeug ist ein Ballon, wenn er mit heißer Luft oder mit Gas ge füllt ist, leichter als Luft. Und in der Physik heißt es, dass al les, was leichter als Luft ist, fährt, und nur, was schwerer ist, fliegt. Wer selbst einen Ballon fahren will, muss einen Piloten schein machen. Ein Ballon kann nicht gelenkt werden. Er gleitet. Nur die Höhe kann der Pilot regu lieren. Ansonsten bleibt es dem Wind überlassen, wohin ein Ballon seine Passagiere trägt. Deswegen gibt es für die Ballone auch eine "allgemeine Außenlandeerlaubnis". Sie dürfen also auf jedem Grundstück landen. Sollte dabei jedoch ein Schaden entstehen, muss dieser dem Grundstückseigentümer erstattet werden.

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