Herr der wertvollen Bücher: Der Speicherer Peter Fritzen führt seit 25 Jahren ein Antiquariat in Trier

Trier · Peter Fritzen besitzt mehr als 500 kostbare Bücher und 5000 Grafiken. Eines haben seine Schätze alle gemeinsam: Sie sind alte Raritäten. Diese vertreibt er erfolgreich in seinem Antiquariat in der Trierer Ostallee.

 Peter Fritzen

Peter Fritzen

Foto: Hannah Schmitt

Die verschnörkelten Lederumschläge sprechen Bände. Jede Seite erzählt eine Geschichte, die es zu enträtseln gilt. Zumindest für Peter Fritzen. Der Antiquar liebt "das detektivische Nachspüren". Dank diesem hat der 53-jährige Speicherer, der seit 25 Jahren ein Antiquariat in Trier führt, bereits mehr als 500 wertvolle Bücher und 5000 Grafiken zusammengetragen. Die meisten sind mehrere Jahrhunderte alt. Dafür verbringt Fritzen viel Zeit vor dem Computer und recherchiert in der Trierer Stadtbibliothek. So stöbert er alte Bücher und Grafiken auf, sucht nach seltenen Ausgaben, entschlüsselt Anmerkungen von Vorbesitzern. Denn viele seiner Bücher sind schon durch einige Hände gegangen. Und gerade das macht sie so besonders.
Kleine Anfänge
mit Gebrauchtbüchern


"Das müssen Sie sehen und einschätzen können und danach ihr Wissen darauf implementieren", sagt Fritzen. Das mache seine Arbeit aus. Und das sei auch der Grund, warum er mit diesem kuriosen Beruf bestehen könne. Dennoch war es auch für ihn nicht immer leicht, sein Geld mit Raritäten zu verdienen.

Alles begann in einem Hinterhaus in der Trierer Simeonstraße. "Mitten in der Fußgängerzone und doch ziemlich versteckt", erzählt Fritzen. Dort stieg er 1987 gemeinsam mit zwei Freunden in das Antiquariat eines Kommilitonen ein. Alt und wertvoll waren die meisten Bücher aber nicht. "Wir haben vor allem Gebrauchtbücher verkauft", sagt Fritzen. "Wenn da mal eins 100 Mark gekostet hat, dann war das schon viel." Mit der Zeit kamen immer mehr Raritäten hinzu. Das Antiquariat zog um in die Sternstraße, doch auch dort war bald nicht mehr genug Platz für die vielen alten Schätze. "Ich wollte die besonders wertvollen Stücke auch zeigen", erzählt Fritzen. Deshalb lagerte er einen Teil des Antiquariats in die Ostallee aus.

Bei der reinen Präsentation blieb es aber nicht. Fritzen und sein Kollege weiteten ihr Angebot aus - und nutzten die großen Räume für Kunstausstellungen. Aus dem Antiquariat wurde das Kunsthaus am Museum. "Es ging auch darum, so Menschen für das Antiquariat zu begeistern", erzählt Fritzen. Wirtschaftlich sei diese Zeit für ihn sehr erfolgreich gewesen, besonders nach Luxemburg habe er viele Exponate verkauft. Dennoch hat er das Kunsthaus nach zehn Jahren aufgegeben und sich wieder auf wertvolle Bücher und Karten beschränkt. Diesmal aufgrund "unterschiedlicher Geschäftsphilosophien" ohne Partner. "Es war einfach frustrierend", sagt der 53-Jährige heute. Denn in Trier habe sich kaum jemand für seine Galerie interessiert. "Ich hatte das Gefühl, dass die Trierer diese Ausstellungen nicht brauchten."

Peter Fritzen scheint dieser Entscheidung aber nicht nachzutrauern. Ganz im Gegenteil: Er habe nun mehr Zeit zu reisen, statt im Kunsthaus auf Besucher zu warten. Von einer dieser Reisen ist er erst vor kurzem zurückgekehrt. Im Gepäck drei Bücher, die er auf einer Messe in Metz entdeckt hat.
Vorsichtig huschen seine Finger über die geprägten Buchdeckel, öffnen Klappen, blättern Seiten um, bleiben an besonderen Stellen hängen. Diese "handschriftlichen Anmerkungen", "Notizen in Spiegelschrift", und "der Einband mit dem Königswappen in Goldprägung" sind es, die Fritzen faszinieren.

Dabei waren wertvolle Bücher und Grafiken nicht immer seine Leidenschaft. Als Schüler habe er sich gar nicht für Kunst interessiert, sagt Fritzen. Die Wende kam mit der Wartezeit auf den Zivildienst. Fast sechs Monate war er mit einer Kamera unterwegs. Danach stand sein Berufswunsch fest: Fritzen wollte Fotografie studieren.
Als er an der Uni Düsseldorf nicht angenommen wurde, nahm der Zufall seinen Lauf. In der Zeitung entdeckte er eine Anzeige, die auf freie Plätze im Studiengang Kunstgeschichte in Trier hinwies. Peter Fritzen nutzte die Gelegenheit - und blieb hängen. Auch wenn er es nie zum Abschluss geschafft hat. Die Arbeit im Antiquariat kam ihm dazwischen. Doch auch das sieht er gelassen: "Ich habe keinen Abschluss in der Hand, aber ich brauche ihn auch nicht."

Inzwischen kann Fritzen von seiner Arbeit sehr gut leben - auch ohne akademischen Grad. Zwischen 50 und 50?000 Euro kosten seine Schätze. Bis es so weit war, hat es allerdings fast 15 Jahre gedauert. Um so lange durchzuhalten, braucht es laut Fritzen vor allem eins: Leidenschaft. Denn Arbeitstage könnten auch schon mal von 6 bis 22 Uhr dauern - schließlich habe er Kunden von Amerika bis Asien. Seine Stammkunden kommen jedoch vor allem aus Luxemburg - dort ist er bei nahezu allen kulturellen Institutionen als Lieferant und Berater tätig. Zudem betreut er private Sammlungen. Viele Bücher verkauft er aber auch auf Messen.

Ein Leben ohne die Leidenschaft für Raritäten kann er sich heute nicht mehr vorstellen. So ist auch nicht verwunderlich, dass "alte Bücher lesen" eine der ersten Antworten auf die Frage nach seinen Hobbys ist - zusammen mit dem Besuch von Basketballspielen der TBB. Generell vergehe auch kein Tag, an dem er nicht an die Arbeit denke, verrät der 53-Jährige. "Es interessiert mich einfach permanent."

ZUR PERSON

Peter Fritzen wohnt in Speicher und arbeitet in Trier. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der 53-Jährige hat Kunstgeschichte in Trier und Wien studiert, aber nie einen Abschluss gemacht. Seit April 1987 ist er als Antiquar tätig. Sein Motto: "Amor librorum nos unit" (Die Liebe zu Büchern vereint uns). Fritzen ist stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek Trier.

Peter Fritzen in seinem Antiquariat in Trier. Unten: Alte Handschriften, die der 53-Jährige aufgespürt hat.

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