Immer mehr Menschen interessieren sich für Carsharing - Auto mit anderen teilen spart Geld

Der Traum vom eigenen Auto steht bei der Jugend nicht mehr zwingend an erster Stelle. Etwa 37 Prozent der jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren sehen im Teilen eines Autos - dem sogenannten Carsharing - eine Möglichkeit, beim Konsum zu sparen und trotzdem mobil zu sein.

Das hat eine Studie des Marktforschungsinstituts PSB Research ergeben, die Ford Deutschland vor wenigen Wochen veröffentlichte.

Kein Wunder, dass pfiffige Studenten über neue Geschäftsmodelle nachdenken. Vor einem Jahr haben an der Hochschule Trier Frederic Kokott und David Lauer unter der Leitung von Tom Hirt das Projekt Flinkster Campus entwickelt. Als Partner gewannen sie die Deutsche Bahn (DB) und den Autobauer Opel. Petra Ringeisen von der DB ist nach einem Jahr zufrieden: "Das Projekt wurde mit 206 Buchungen im Jahr 2013 gut angenommen. Mit der Fahrzeugauslastung sind wir zufrieden." Für die Fahrzeuge sorgt der Hersteller Opel, die er inklusive Elektrotankstelle für das Modell Ampera zur Verfügung stellt. Reservieren und buchen können die Nutzer mit ihren Handys, Gebühren fallen nicht an. Abgerechnet wird nach einem Stundentarif, der gleich bei der Buchung mit angezeigt wird.Mitfahrer suchen als Option


Damit es noch billiger für alle wird, kann der Flinkster-Campus-Nutzer per Handy in sozialen Netzwerken eine Mitfahrgelegenheit ausschreiben. "Das Konzept wurde von den Hochschulen in Wiesbaden/Oestrich-Winkel und Furtwangen übernommen, weitere sollen folgen", erläutert Hirt. Einen besonderen Reiz sieht er in der Bereitstellung des Opel Ampera: "Ein Elektroauto zu testen und diese Technologie auch für junge Menschen verfügbar zu machen, finde ich wunderbar." Der Trie rer Professor freut sich dabei über Nebeneffekte: "Wir haben uns mit dem Fachbereich Technik getroffen und uns anhand des Opel Ampera über die kommende Elektromobilität ausgetauscht. Vielleicht entstehen dadurch in Zukunft spannende Projekte zwischen den Fachbereichen Technik und Gestaltung."

Und warum hat sich die Deutsche Bahn an dem Projekt beteiligt? "Wir wollen eine junge Zielgruppe, welche in hohem Maße kein eigenes Fahrzeug besitzt, auf Flinkster Campus und unser eigenes Angebot Flinkster - Mein Carsharing aufmerksam machen und frühzeitig binden. Außerdem stellen wir bei der Gelegenheit die gesamten Mobilitätsangebote der Bahn vor", sagt Petra Ringeisen. Die Sprecherin weist darauf hin, dass die Bahn mit ihrem Angebot Flinkster in 140 deutschen Städten vertreten ist - in Trier sogar dreimal.Über das Internet Privatautos mieten


Szenenwechsel. Auch bei der Internetplattform Tamyca sind es vier ehemalige Studenten, die den Gedanken des Autoteilens aktiv vorantreiben. Seit drei Jahren stellen Privatleute über das Portal ihr Auto zur Verfügung, wenn sie es selbst nicht brauchen. Dabei legen sie ihre eigenen Bedingungen fest. Mieter können die Angebote der Vermieter online miteinander vergleichen und bequem das passende Auto buchen. Auch für Vermieter ist das eine lohnende Sache. Denn durch den Verdienst, den sie für die Vermietung des eigenen Autos erhalten, können sie die Unterhaltskosten besser decken.

Als Vermittler begleitet Tamyca diesen Vorgang und hat hierfür passende Abläufe, Verträge und Versicherungen entwickelt. Dass dabei insbesondere Kleintransporter stark nachgefragt sind, verwundert nicht. "Umzugswagen und größere Transporter großer Vermietungen lassen Umzugskosten schnell nach oben schnellen", kommentiert Michael Minis, Tamyca-Gründer und -Geschäftsführer. "Da Verbraucher über uns mitunter weniger als die Hälfte für einen Transporter bezahlen und genauso gut versichert sind, als würden sie einen Transporter bei einer herkömmlichen Autovermietung leihen, ist die Nachfrage entsprechend groß."

Laut dem Bundesverband Carsharing e.V. entwickelt sich die Carsharing-Szene in Großstädten mit einer Einwohnerzahl von über 200 000 dynamisch. In einem aktuellen Vergleich verteidigte Karlsruhe seinen Spitzenplatz aus dem Vorjahr. Mit 1,93 Carsharing-Autos pro 1000 Einwohner können die Einwohner der badischen Metropole auf ein wesentlich dichteres Angebot zugreifen als diejenigen in anderen deutschen Großstädten. Im Vergleich des Verbands folgen Stuttgart (1,38), Köln (1,17), Düsseldorf (1,00) und München (0,87).

Die Aufsteiger der vergangenen zwölf Monate sind Stuttgart und Köln. In diesen beiden Großstädten wurden angebotsorientiert mit großen Fahrzeugzahlen neue stationsunabhängige Angebote installiert. Absteiger im Ranking sind die Metropolen Düsseldorf, München und Berlin, wo die Angebote zwar nicht abgebaut wurden, jedoch der Zuwachs vergleichsweise gering ausfiel.Auto teilen und Bahn fahren


Interessant vor allem für ländlich strukturierte Räume ist die Kooperation des Bundesverbands Carsharing e.V. mit der Allianz pro Schiene. Diese Zusammenarbeit wurde im Juni ins Leben gerufen. "Carsharer und Bahnfahrer passen gut zusammen, denn beide leben nach der Devise: nutzen statt besitzen" - mit dieser Aussage begründete Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, die Zusammenarbeit. Insbesondere dünn bewohnte Räume wie die Region Trier profitieren davon. Denn während in Großstädten die Menschen auf viele Möglichkeiten der Mobilität zurückgreifen können, gibt es im ländlichen Raum kaum eine Alternative zum Auto. Dass Carsharing ein interessantes Modell für beide Seiten sein kann, darauf weist auch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hin: "Wenn man sämtliche Kosten für Unterhalt, Versicherungen und Anschaffung berücksichtigt, so stellt sich schnell die Frage die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Denn das eigene Auto kostet auch, wenn es bloß vor der Tür steht."

Text: Rolf Lorig

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