Leise, neu und ungewohnt: Wie praxistauglich sind E-Mobile - Eine Fahrt mit einem

Unter Hochdruck arbeiten deutsche Hersteller an der Entwicklung elektronischer Autos. Bis 2020 sollen in Deutschland nach Vorstellungen der Politik eine Million Elektroautos rollen. "Macher, Menschen + Märkte" ist ein E-Mobil - aus Frankreich - Probe gefahren.

Der Umwelt zuliebe: Mit dem Einsatz elektrischer Autos auf deutschen Straßen soll der Ausstoß des Klimakillers CO{-2} um 80 Prozent verringert werden, außerdem wird das Öl knapper. Eine Million Autos bis 2020 sind dabei nur eine Etappe. 2030 sollen sogar sechs Millionen E-Mobile nach der Vorstellung der Bundesregierung unterwegs sein.

Das hat die Hersteller in Zugzwang gebracht. Die 2010 gegründete Plattform Elektromobilität (NPE) hat kürzlich einen ernüchternden Zwischenbericht vorgelegt: Deutschland hinkt in Sachen Technologie noch hinterher. China, Japan Korea, die USA oder Frankreich haben die deutschen Hersteller demnach abgehängt.

Um die Industrie zu mehr Einsatz anzustacheln, wurde eine Kaufprämie für Elektrofahrzeuge diskutiert. Frankreich bietet seinen Autofahrern 5000 Euro. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle lehnt eine Abwrackprämie für E-Mobile ab. Aber die Regierung weiß: Bei der Batterie- und Antriebsforschung sind Milliarden-Investitionen notwendig. 2011 gibt der Bund für die E-Auto-Entwicklung 500 Millionen Euro.

In Deutschland wurden vor allem Defizite in der Elektrochemie - also der Entwicklung von Batteriezellen - vom Präsidenten des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, genannt. Er sagt allerdings auch im Hinblick auf die ausländische Konkurrenz, das sei für die deutsche Industrie wie beim Marathonlauf: "Es geht nicht darum, wer als Erster losläuft, sondern wer als Erster ins Ziel kommt."

Auf dem deutschen Markt angekommen sind jetzt drei ausländische E-Mobile: Eine Allianz des französischen Automobilkonzerns PSA (Peugeot Société Automobiles) und der japanischen Mitsubishi Motor Corporation (MMC) verhilft drei baugleichen Stadtflitzern zum Run auf die Steckdose. Den Mitsubishi i-Miev, den Peugeot iOn und den Citroën C-Zero verbindet eines: Sie bewegen sich völlig emissionsfrei, ausschließlich mit elektrischer Energie.

Wer heute eines der Modelle bestellt, kann in etwa drei Monaten mit der Lieferung rechnen. Wie aber sieht es mit ihrer Alltagstauglichkeit aus? Bei einer Probefahrt durch Köln macht der C-Zero einen ansprechenden Eindruck. Ein wenig gleicht er einem Smart, auch leichte Assoziationen zu Mazdas ehemaliger "Knutschkugel", dem 121, drängen sich auf. 3,48 Meter ist das Autochen lang. Das optisch durchaus gelungene Gefährt bietet ausreichend Platz für Kopf und Beine. Der Fronttriebs-Protagonist Citroën hat aus baulichen Gründen in diesem Falle auf einen Hinterradantrieb gesetzt.

Den ersten Nachweis seiner Praxistauglichkeit liefert der abgasfreie Franzose bei den Ausmaßen ab: 166 Liter Ladevolumen im Kofferraum reichen sowohl für den obligatorischen Wocheneinkauf wie auch zum Shopping-Bummel. Klappt man die Rücksitze um, stehen sogar 860 Liter zur Verfügung. Zur Serienausstattung des C-Zero gehören Servolenkung, ABS, ESP, Traktionskontrolle, elektrische Fensterheber, sechs Airbags und Klimaanlage. Das Trio dieser französisch-japanischen Allianz hat jedoch wie alle E-Mobile mit anderen Problemen zu kämpfen. Eines ist die Reichweite: Die Energie des Stadtflitzers reicht für 150 Kilometer (siehe Extra: Die Technik) dann muss er wieder relativ lange zu Hause an die Steckdose. Die Alternative wäre, das Auto an eine Schnellladestation zu hängen, die allerdings mit einem geschätzten Preis von 13 000 Euro für Privathaushalte unerschwinglich ist. So wären Ladestationen zurzeit bestenfalls für Einkaufszentren, kommunale Einrichtungen, Unternehmen oder Pflegedienste möglich. Der Tankstellenbetreiber "Total" plant in den nächsten zwei Jahren, in Belgien insgesamt zwölf dieser Schnellladestationen an eigenen Tankstellen zu errichten.

Der umweltfreundliche Antrieb hat seinen Preis



Außerdem müssen das Recyceln der Batterie, Service, Wartung und Reparatur eines solchen Fahrzeugs (siehe Extra) ebenfalls noch bewältigt werden. Citroën will die Mitarbeiter seiner Autohäuser bis die geplanten 1000 Fahrzeug-Einheiten 2011 in Deutschland auf dem Markt sind, in entsprechenden Kursen vorbereiten und ausbilden lassen.

Und es geht - besonders bei einem Elektro-Automobil - um den Preis. Der schwerste Rucksack, den die Elektromobilität nämlich im Anfangsstadium zu schleppen hat, ist die relativ teuere Batterie. Dadurch kostet der Citroën C-Zero 35 164,50 Euro. Das sind etwa 1000 Euro mehr als der Mitsubi shi i-Miev. Peugeot will seinen iOn zunächst nur als Leasingmodell anbieten. Im Vergleich dazu: Für ein paar Hundert Euro mehr erhält man einen Audi A6 mit 2,0-Liter-Benzinmotor und 170 PS. Der schnuckelige kleine Franzose hingegen bringt es nur auf 67 PS.

Bei Citroën heißt es, mehr als 400 Vorbestellungen lägen bereits vor. Und deren Auftraggeber dürfen sich über einen Punkt, in dem der C-Zero den A6 kalt lächelnd "in den Sack" steckt, ganz besonders freuen: Der Citystromer hat einen fast wartungsfreien Motor und der "Tank" ist beim aktuellen Strompreis für umgerechnet zwei Euro prall gefüllt. Die Technik Die in der Fahrzeugmitte verbauten Lithium-Ionen-Batterien können entweder regulär über eine haushaltsübliche Steck dose innerhalb von sechs Stunden ganz voll oder über ein Schnellladeverfahren innerhalb von 30 Minuten zu 80 Prozent geladen werden. Nach Citroën-Angaben sind die Akkus für 1500 Ladezyklen ausgelegt, was einer theoretischen Fahr leistung von 225 000 Kilometern entspricht. Diese Strecke soll sich auch dadurch nicht verringern, wenn man den C-Zero mit halbvoller Batterie wieder an den Strom hängt. Die maximale Reichweite des Citroën C-Zero von 150 Kilometern ergibt sich nur dann, wenn der vorherige Nutzer mit moderatem Tempo unterwegs war. Das Steuergerät merkt sich nämlich die Fahrweise und berechnet auf dieser Basis die theoretisch verbleibenden Reichweiten-Kilometer. Das kann bewirken, dass im Display trotz voller Batterie nur eine Reich weite von 75 Kilometern angezeigt wird. Absolute Reichweiten killer sind Klimaanlage und Heizung, die möglichst nur im Bedarfsfall genutzt werden sollten. Der Hersteller übernimmt nach eigenen Angaben das Recyceln der Batterien. So fährt sich der Citroën C-Zero Dreht man den Schlüssel zum Start und wählt eine Fahrstufe ("R" für rückwärts oder "D" für Dauerbetrieb) hört man erst einmal nichts. Gespenstische Stille. Das Fahrzeug setzt sich bei einem beherzten Tritt auf das Gaspedal sofort ruckelfrei in Bewegung. Im Display wird eine Reichweite von 150 Kilometern angezeigt, wenn das Fahrzeug frisch von der Steckdose kommt (siehe Hintergrund "Die Technik"). Typisch Elektromobil: Das maximale Drehmoment - in diesem Fall 180 Newtonmeter - steht sofort zur Verfügung. Das Fahrzeugverhalten bei der angegebenen Höchst geschwindigkeit von 130 km/h konnten wir aus nach voll ziehbaren Gründen auf der Teststrecke zwischen Kölner Dom und Heumarkt allerdings nicht bewerten. Das Fahrwerk bügelt die vielen kleinen Stolperfallen im Asphaltgewirr der Kölner City klaglos aus. Der Wendekreis ist ungeheuer klein. Fast scheint es so, als drehe man sich auf der Stelle. Die völlige Geräuschlosigkeit des Fahrzeugs kann für Fußgänger im All tag zu einer Gefahr werden, da diese das E-Mobil nicht kommen hören. Künstliches Motorengeräusch via Sounddesign will der Hersteller jedoch nicht erzeugen.Stand der Entwicklung Die BMW Group hat derzeit 600 Testfahrzeuge des Mini E (rechts, Foto: dpa) in einen Feld versuch ge schickt. Ab 2011 soll auch ein Konzept modell namens Active E getestet werden, das auf dem 1er Coupé von BMW basiert. Die Elektroversion des Smart fortwo von Daimler (links, Foto: dpa) soll 2012 in einer Großserie auf den Markt kommen. Die Stutt garter verkaufen bereits 20 Prozent ihrer luxuriösen S-Klasse als Hybridversion (Kombination aus Verbrennungs- und Elektro motor). Der Audi e-tron, ein Sport wagen mit einer Leistung von um gerechnet 312 PS (230 kW) stand als Konzeptauto 2010 auf der US-Auto messe in Detroit. Volkswagen lässt sich noch länger Zeit in Sachen Elektro mobilität. Ein Klein wagen mit Namen E-Up soll erst ab 2013 in Serie produziert werden. Opel dagegen will bereits 2011 mit dem Elektroauto Ampera in Serie gehen, das allerdings erst ab 42 900 Euro zu haben ist. Der Nissan Leaf (unten, Foto: Nissan) ist zum Auto des Jahres 2011 gewählt worden. Laut Hersteller ist er das weltweit erste vollelektrisch betriebene Großserienfahrzeug für den globalen Markt. Seine Reichweite umfasst 160 Kilometer. Der Leaf setzte sich bei der Wahl zum "European Car of the Year 2011" gegen 40 andere Modelle durch. Im ersten vollen Jahr will Nissan 50 000 Leafs bauen. Zunächst soll der Wagen nur dort angeboten werden, wo E-Autos speziell gefördert werden. In Japan und den USA zum Beispiel sowie in England, Irland und den Nieder landen. Die deutschen Händler müssen wohl bis Ende 2011 auf den Leaf-Ver kaufs start warten. Hier zulande wird das Auto dann rund 35 000 Euro kosten.

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