Lizenz zum Schlafen

Er ist Geschäftsmann mit Hang zum Tüfteln: Christian Haag. Der gelernte Einzelhandelskaufmann stammt aus der Trierer Betten-Haag-Dynastie und führt seit einem Jahr die Bettenmanufaktur in Igel. Selbst ent wickelte Matratzen mit speziellen Schäumen lässt Haag im Saarland an fertigen.

 Christian Haag

Christian Haag

Foto: Gabriela Böhm

Trier-Ruwer. Ideen muss man haben: "Psst - Lizenz zum Schlafen" verheißt ein freches Werbebanner in Igel (Landkreis Trier-Saarburg) in Anlehnung an einen bekannten Filmtitel. Wer das Geschäft betritt, muss freilich keine Actionszenen oder gar einen Schusswechsel à la James Bond fürchten - im Gegenteil. Im Hintergrund läuft Entspannungsmusik vom Band, ganz passend zum Thema, um das sich in der Bettenmanufaktur Haag alles dreht: das gute Schlafen.

System lässt sich individuell verändern



"Das mit der Lizenz zum Schlafen war die Idee der Designerin Stefanie Radtke", sagt Geschäftsführer Christian Haag und freut sich über das frische Werbekonzept. Es passt gut zu der Erfindung, die Haag vor einigen Monaten machte und quasi über Nacht realisierte: ein neues Matratzensystem mit unterschiedlich harten und weichen Modulen, die flexible und individuelle Änderungen erlauben.

Er ist ein kreativer Kopf, nach eigenem Bekunden stets auf der Suche nach etwas Neuem. "Das ist das große Problem", sagt Haag und schmunzelt. Musikalisch ist er, spielt Keyboard oder Bass und war Mitglied einer Band. Ivan Fröhlich und die Scharlatane lautete der Name der Formation, die auch bei einem Fanclubtreffen von Guildo Horn in Meckel (Eifelkreis Bitburg-Prüm) auftrat. Den bekannten Schlagermeister hatte Haag bei seinem Zivildienst in der Trierer Lebenshilfe-Werkstatt kennengelernt. Dort arbeitete Haag ein Jahr lang musiktherapeutisch mit geistig behinderten Menschen und erinnert sich ehrfürchtig an die pädagogische Begabung von Horn.

Vor fünf Jahren starb Vater Hans-Peter Haag, seitdem führte Christian Haag das hauptsächlich auf Wasserbetten spezialisierte Geschäft in Zewen allein weiter, bis er die Geschäfts räume nach Igel verlegte: vergrößert und mit einem neuen Konzept.

Ein Vorbild aus Großvaters Zeiten



"Zu weich!", "Zu mittel!", "Zu hart!" lauteten die steten Kundenklagen über ihre heimischen Matratzen. Das setzte kreative Kräfte in Christian Haag frei, der das dreigeteilte Matratzensystem früherer Generationen vor Augen hatte - auch Großvater Peter produzierte diese seinerzeit in Zewen. "Aus den Dreiteilermatratzen könnte man doch irgendwas machen", überlegte Haag und entwarf vor einem Dreivierteljahr an einem Morgen auf einem Blatt Papier eine einfache Skizze - die Idee des Baukasten prinzips mit nachträglich einstellbaren Modulen war geboren.

Das war an einem Montag, danach ging es Schlag auf Schlag. Dienstag: Besprechung mit Freund Robert Weidig, der im saarländischen Bexbach mit modernen Maschinen Schäume und Rohlinge anfertigt. Weidig, dessen Firma Saarschaum sonst in größeren Mengen fabriziert, ist begeistert von Haags Erfindung. Mittwoch: Haag ruft Weidig an: "Du musst einen Prototyp machen!" Freitag: Anruf von Weidig bei Haag. "Das Ding ist fertig!" Als Haag am selben Tag nach Bexbach eilt, findet er seinen Freund selig auf der Matratze liegend und restlos begeistert vor. "Perfekt", stellen sie fest. Ein Name für das Produkt muss her, schnell sichert sich Haag die Internetadresse. Knapp 20 Matratzen habe er seitdem verkauft und seine ursprüngliche Produktidee, die er Pyramed nennt, bereits weiterentwickelt: Das erste Modulsystem mit dem nach dem Standard Ökotex zertifizierten und pyramiden artig zugeschnittenen Kaltschaum hat er mit einem Rundrahmen und anderen Modulen erweitert. Haag nennt die jüngste Modulmatratze sleep 'n' easy. "Das war auch Steffis Idee, das 'n' steht für and." Übersetzt also etwa "Schlaf und einfach" .

Vielleicht zusammen mit Gesundheitsinstituten plant Haag die Vermarktung der Modulmatratzen. Überhaupt hat der Geschäftsmann einen ausgeprägten Draht zum alternativmedizinischen Bereich, den Haag selbst "mehr als ein Hobby" bezeichnet. "Du hättest besser Medizin studiert!", würde man häufig zu ihm sagen. Denn bevor er in den Familienbetrieb einstieg, führte er einen eigenen Pflege- und Betreuungsdienst für Senioren und Behinderte. Daraus resultieren Erfahrungen, die Haag auch in sein Matratzen-Fachwissen einbringt, wie beispielsweise über die Vorbeugung beim Wundliegen. Fachfragen klärt er zusammen mit einer Allgemeinmedizinerin. Ebenfalls ein Arzt sei einer der ersten Kunden gewesen.

Wie er sich selbst bettet? "Auf einer Modulmatratze, zum Testen!", bestätigt Haag. "Ich schlaf gut drauf!" Und seine Kinder? "Auf Luftkernmatratzen", sagt Haag, ein System, das sich bei Kunden nicht richtig durchgesetzt habe. "Die meinten immer: ,Was? Da soll ich so viel für heiße Luft bezahlen?'" Die Rückmeldungen zu seinen neuen Modulmatratzen seien jedenfalls ausnahmslos positiv, so dass nach dem Probeliegen keine einzige zurückkam, freut sich Haag. Jetzt hat er nur noch ein Problem, seine nächste Erfindung nämlich: "Ein passendes Modulkissen!" Die bisherigen Ergebnisse seien noch nicht hundertprozentig zufriedenstellend - "Ich tüftle weiter!"

ZUR PERSON


Christian Haag, 37 Jahre, ist Geschäftsführer der Bettenmanufaktur Haag in Igel und wohnt in Trier-Ruwer. Der verheiratete Familienvater stammt aus der Trie rer Betten-Haag-Dynastie. Großvater Peter Haag gründete vor mehr als 60 Jahren Betten-Haag in Trier, Vater Hans-Peter Haag zog später mit dem Geschäft von der Trierer Nagelstraße nach Trier-Zewen. Dort führte Christian Haag zusammen mit seinem Vater bis zu dessen Tod gemeinsam das Geschäft. Christian Haag hat die Bettenmanufaktur in Igel vor einem Jahr gegründet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort