Mit Fallstricken gegen Fälscher

Frankreichs Präsidenten-Gattin Carla Sarkozy hat Klage wegen Produktpiraterie eingereicht. Sie will nicht hinnehmen, dass eine Website eine Studioaufnahme ihres Albums veröffentlicht hat. Sarkozy bemüht zum Schutz ihres Chansons die Gerichte – ebenso wie der kalifornische HighTech-Konzern Apple zur Wahrung der Patentrechte an seinem Erfolgsmodell iPad2. Der Ausgang der Verfahren ist ungewiss.

Auf mehr als 250 Milliarden US-Dollar jährlich beziffert die OECD den Wert gefälschter Produkte. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag schätzt den volkswirtschaftlichen Schaden durch Produkt- und Markenpiraterie allein in Deutschland auf 30 Milliarden Euro jährlich. Zudem seien in den vergangenen Jahren 70.000 Arbeitsplätze vernichtet. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau beziffert die Umsatzeinbußen auf 6,4 Milliarden Euro. Der Schaden durch Ideen-, Wissens- und Fertigungsklau ist immens. Gefälscht werden Software, Uhren, Textilien, Medikamente, Autoteile, ganze Fahrzeuge, auch Maschinen und andere Investitionsgüter. Häufig sind die Produkte wie bei Medikamenten oder Kettensägen für den Käufer mit Gefahren verbunden. Denn die vorgeschriebenen Inhaltsstoffe oder Sicherheitsstandards werden nicht eingehalten.

Was alles gefälscht wird, kann man im Museum von Plagiarius sehen. Damit ist nicht das Museum des Freiherrn zu Guttenberg, sondern die Sammlung einer Aktion gemeint, die seit 1977 den Negativpreis für besonders dreiste Plagiate verleiht. Der Plagiarius ist ein schwarzer Zwerg mit einer goldenen Nase, die sich die Fälscher auf Kosten der Originalhersteller verdienen. Den Preis 2011 erhielt die Kopie einer Universalwerkbank, aber auch ein Küchenschneidegerät, eine Tasche, eine Hundeleine, ein Vibrator und eine Waschtisch-Armatur wurden ausgezeichnet.

Die Aktion beklagt die Doppelmoral und Mitverantwortung eines Teils der Verbraucher, die sehr bewusst Fälschungen erwerben. Sie wollten sich mit Marken schmücken, aber nicht den Preis dafür zahlen.

Der Kampf gegen Produktpiraten muss nicht wie das Rennen zwischen Hase und Igel enden. Vorbeugen ist immer besser als prozessieren und keineswegs aussichtslos - wie die Erfahrungen des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie und der Aktion www.original-ist-genial.de zeigen. Wichtig ist, um Schritte einleiten zu können, die Anmeldung gewerblicher Schutzrechte und im konkreten Fälschungsfall ein Antrag auf Grenzbeschlagnahme durch den Zoll, damit die nicht auf den Markt kommen. Außer dem Einsatz von Detektiven gibt es auch technische Schutzvorkehrungen - Etiketten, Sicherheitsfäden, Hologramme, Magnetstreifen, Smartcards. Mittlerweile sind im Internet leicht Beratungsfirmen gegen die Produkt- und Markenpiraterie zu finden sowie Fachausschüsse. Viele Branchenverbände und Institute oder Universitäten erteilen Rat im Kampf gegen Produktpiraten. Zu nennen wären etwa das Kompetenzzentrum gegen Produktpiraterie, kurz Camp, der TU Darmstadt, das Fraunhofer IPT oder die Universität Bayreuth. Deren Chemiker haben einen völlig neuartigen, künstlichen Fingerabdruck entwickelt, der Firmen als fälschungssicheres Markenschutzlabel zum Schutz vor Produktpiraterie dienen soll. Das Bundesforschungsministerium hat zudem eine mit 16 Millionen Euro dotierte Forschungsoffensive eingeleitet, die vor allem mittelständischen Unternehmen helfen soll, sich besser gegen Fälscher und Kopierer zu schützen. Das Geld ist für eine Nation wie Deutschland, die so stark in den Globalisierungsprozess eingebunden ist, gut angelegt. Rainer Nahrendorf

Der Autor ist ehemaliger Handelsblatt-Chefredakteur.

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