Raus aus der Schule, rein ins Arbeitsleben: Die Chancen auf dem Markt der Mode

Viele Modedesign-Absolventen, wenige Arbeitsplätze: Den Berufseinstieg zu schaffen, ist für viele Jungdesigner nicht einfach. Etwa die Hälfte seiner Studenten komme in festen Jobs unter, sagt Dirk Wolfes, Fachrichtungsleiter der FH Trier.

Karl Lagerfeld, Yves Saint Laurent, Jil Sander - drei Menschen, die weltweit bekannt sind. Drei Menschen, die für große Modemarken stehen. Drei Menschen, die für viele angehende Designer ein Vorbild sind. Denn sie verkörpern den großen Modetraum, den in Deutschland viele Studenten träumen.

Denn: Modedesignberufe liegen im Trend. Das sagt Claudia Ollenhauer-Ries, Sprecherin des Verbands deutscher Modedesigner (VDMD). Es gebe sehr viele Menschen, die sich für diesen Beruf interessierten. "Dadurch kommen auch immer mehr neue, private Modeschulen auf", ergänzt sie. Derzeit gibt es laut VDMD etwa 50 bis 60 Ausbildungsstätten explizit für Modedesigner in ganz Deutschland - private und staatliche. Darunter auch die Fachhochschule Trier (FH), die pro Semester zwischen 22 und 28 Studenten in der Fachrichtung aufnimmt. Zu diesen Ausbildungsstätten kämen jährlich etwa zwei neue Modeschulen hinzu, sagt Ollenhauer-Ries. Die Entwicklung sei nicht nur positiv zu sehen. Bereits jetzt gebe es ein Überangebot an qualifizierten Designern.

Längst ist es für Studenten und Auszubildende nicht mehr so leicht, einen passenden Job zu finden. Das weiß auch Dirk Wolfes, Fachrichtungsleiter Modedesign der Fachhochschule Trier. Von seinen Studenten komme etwa die Hälfte nach dem Studium in einem Angestelltenverhältnis unter, sagt der 48-Jährige, der auch für das Deutsche Mode institut arbeitet. Auch weil es generell wenige feste Jobs gibt. Laut VDMD stehen 1250 Absolventen etwa 250 Jobs gegenüber. Derzeit sind in Deutschland 30 732 Modedesigner arbeitsuchend.

Die "große Sterbewelle" der Modeindustrie, wie es sie in den 70er Jahren gab, sei aber vorbei, erzählt Thomas Rasch vom Modeverband Germanfashion. Damals gingen viele Arbeitsplätze ans Ausland verloren. Gründe für diese Jobverlagerung sieht Rasch besonders in den höheren Lohnarbeitskosten in Deutschland sowie den geringen Liefermengen, die eine Produktion unwirtschaftlich machten. Ein Großteil der Produktion wurde deshalb ausgelagert. "Heutzutage werden nur noch zwei bis drei Prozent der Kleidung in Deutschland produziert", sagt Rasch. Inzwischen habe sich die Anzahl der Betriebe aber stabilisiert. Er schätzt, dass es in Deutschland etwa 450 Unternehmen in der Modeindustrie gibt. Rasch: "Die Branche hat sich in den vergangenen Jahren gut geschlagen." Laut einer Umfrage unter den 330 Mitgliedsunternehmen des Verbands ist der Umsatz von 2010 zu 2011 um zehn Prozent gestiegen.

Der Einstieg in den Modemarkt bleibt für junge Designer dennoch schwierig. "Es rufen zwar immer wieder Headhunter an, die nach geeigneten Mitarbeitern suchen", sagt Wolfes. "Doch sie wollen vor allem Designer mit Erfahrung." Die Studenten müssten jedoch zunächst in die Betriebe kommen, um Berufserfahrung zu sammeln.

Dafür ist eine gute Vernetzung der Hochschule wichtig. In der Modeindustrie läuft vieles über Netzwerke - von der Praktikumsstellenvergabe bis hin zum Job angebot. Laut Arbeitsagentur-Sprecher Thomas Mares sind deshalb nur die wenigsten offenen Modedesign-Stellen übers Arbeitsamt zu finden. "Die renommierten Firmen schöpfen aus solch einem großen Angebot an Bewerbern, dass sie ihre Jobs gar nicht ausschreiben müssen", sagt Mares.

Dank guter Kontakte zu ehemaligen Fachhochschul-Studenten, die inzwischen bei namhaften Marken arbeiten, können auch die angehenden Modedesigner aus Trier von diesen Netzwerken profitieren. Escada Sport, Hugo Boss, C&A - es sei eine sehr große Gruppe an Studenten, die gezielt in Praktika vermittelt wird, sagt Wolfes. Deutsche Absolventen seien aber nicht nur an den deutschen Markt gebunden, auch im Ausland haben sie gute Chancen auf einen Arbeitsplatz, ergänzt Ollenhauer-Ries: "Die Hochschulen in Deutschland haben auch im Ausland einen sehr guten Ruf."

Es bleiben dennoch viele Absolventen, die sich direkt für den riskanteren Schritt in die Selbstständigkeit entscheiden - ob gewollt oder ungewollt. "Das finanzielle Risiko für Modelabels ist sehr hoch", erklärt FH-Professor Wolfes. "Die Banken geben seit Jahren ungern Kredite." Der Grund ist simpel: Woher weiß eine Bank, ob ein freiberuflicher Designer seine Kollektion auch verkauft. Es komme vor, dass namhafte Geschäfte die Ware nicht bezahlten oder auf Kommissionsbasis verkaufen wollten, sagt Wolfes. "Sie sehen ihre Hilfe als Werbung für unbekannte Marken an. Diese Mechanismen sind für junge Designer sehr gefährlich."

Sicherer sei dagegen der Weg, sich mit einem kleinen Laden selbstständig zu machen, in dem selbst produziert und direkt verkauft wird. Dass das auch in Trier - einer Stadt, in der die Mode- und Textilindustrie weitgehend verschwunden ist - funktionieren kann, zeigen die erfolgreichen Absolventen der FH Trier. Die Schmuckdesignerin Miranda Konstanidou startete mit ihrem Label Konplott in Trier und hat inzwischen Läden weltweit. Die Designerinnen Kathrin Greve und Julia Schwab, die hinter der Marke Fräulein Prusselise stecken, verkaufen in ihrem Geschäft in der Trierer Innenstadt Mode für Frauen und Kinder. Die meisten Jungdesigner zieht es laut Wolfes jedoch in die großen deutschen Metropolen. Vor allem nach Berlin. "Obwohl dort eigentlich kaum große Labels sind." Dafür aber die Berlin Fashion Week und Modemessen. Zudem gebe es dort größere Netzwerke als in kleineren Städten, ergänzt Ollenhauer-Ries. Es müsse aber bedacht werden, dass der Konkurrenzdruck ebenfalls größer sei.

Doch egal für welche Art der Selbstständigkeit sich ein Absolvent entscheidet, zunächst muss er eine Menge Geld investieren. Claudia Ollenhauer-Ries geht davon aus, dass es - je nach Produkt - auf drei Jahre gesehen schnell von einer Viertel million bis zu einer Million Euro kosten kann, eine Marke zu pushen. Wolfes schätzt, dass es in den zweistellige Millionenbereich geht, wenn eine Marke im Luxussegment aufgebaut werden soll. Hinter diesen großen Modelabels steckten deshalb meist Milliardenunternehmen, die nicht nur Kleidung vermarkten. Auch für diese Unternehmen wäre es schwer, sich ausschließlich über Mode zu finanzieren, ist sich Wolfes sicher. Letztlich kommt es aber zunächst auf eins an, sagt Ollenhauer-Ries: "Man muss eine gute Idee haben und diese auch umsetzen können." Wolfes: "Wenn Mode gut gemacht ist, dann geben die Menschen dafür auch Geld aus."

HINTERGRUND



Die deutsche Modeindustrie hat laut Thomas Rasch vom Verband Germanfashion 2011 etwa zwölf Milliarden Euro Umsatz gemacht. Dabei sei der deutsche Markt für die Firmen der wichtigste. 40 Prozent der Kleidung würden exportiert, sagt Rasch. Das Einstiegsgehalt für Designer liegt laut Verband deutscher Modedesigner bei 2000 Euro brutto im Monat. Chefdesigner verdienen 80 000 bis 100 000 Euro im Jahr.

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