Schnelle Liquidität aus dem Leihhaus

Für viele ist der Gang ins Pfandleihhaus ein Ausweg aus kurzfristigen finanziellen Engpässen. Wie der Zentralverband des Deutschen Pfandkreditgewerbes schätzt, haben 2013 mehr als eine Million Bundesbürger in den etwa 200 privaten Leihhausbetrieben circa 500 Millionen Euro Kredit aufgenommen.

 Uhren und Schmuck prüfen Geschäftsführer Frank Funke (links) und Klaus van der Vis vom Saarbrücker Pfandleihhaus Trier genau, bevor die Wertgegenstände beliehen werden. Foto: Rolf Lorig

Uhren und Schmuck prüfen Geschäftsführer Frank Funke (links) und Klaus van der Vis vom Saarbrücker Pfandleihhaus Trier genau, bevor die Wertgegenstände beliehen werden. Foto: Rolf Lorig

Das Pfandkreditgewerbe reicht in Deutschland bis ins 17. Jahrhundert zurück, die ersten Leihhäuser gab es in Hamburg und Berlin. Wer heute eines betreiben will, braucht dazu die Zustimmung der kommunalen Ordnungsbehörden. Die Arbeitsbasis ist dabei die bundeseinheitliche Pfandleihverordnung von 1961.
In Trier gibt es aktuell drei Pfandleihhäuser: in der Bruchhausenstraße, in der Eurener Straße und in der Nagelstraße. Das Saarbrücker Pfandleihhaus Trier in der Nagelstraße betreibt Frank Funke seit 2011. Der gelernte Betriebswirt ("Pfandleiher ist kein Ausbildungsberuf, wir aber bilden Büro- und Einzelhandelskaufleute mit der Zusatzqualifikation Pfandleiher aus") kommt aus der Branche. Das 1948 in Saarbrücken gegründete Stammhaus hat er von seinem Großvater übernommen.Ambiente wie beim Juwelier


Das Klischee des Pfandleihers bedienen vor allem alte amerikanische Schwarzweißfilme, in denen hinter Gittern dunkel dreinblickende und Zigarren rauchende Gestalten mehr oder weniger schmierig ihren Geschäften nachgehen. Die Wirklichkeit aber sieht völlig anders aus. Wer heute ein Leihhaus betritt, kommt in einen Raum, der vom Ambiente her ebenso gut der Verkaufsraum eines Juweliers sein könnte. Als Goldschmiedemeister leitet Klaus van der Vis die Trierer Filiale des Saarbrücker Pfandleihhauses. Dank seiner Ausbildung kann er den Wert des als Pfand angebotenen Schmucks exakt bemessen. Gerade hat ihm ein Kunde eine Armbanduhr, Modell Rolex Submariner, vorgelegt. Der Mann ist Unternehmer, seine Firma hat einen finanziellen Engpass. "Würden meine Kunden termingerecht ihre Rechnungen bezahlen, müsste ich jetzt nicht die Uhr beleihen, die ich mir in besseren Tagen gekauft habe", sagt er. Etwa 7000 Euro hat das gute Stück gekostet, die entsprechenden Papiere dazu hat er dabei. Klaus van der Vis schaut sich die Uhr genau an. Sie ist in einem ladenneuen Zustand. 3500 Euro bietet er dem Kunden als Beleihungssumme an. Der Mann überlegt kurz und akzeptiert. Für ihn liegt der Vorteil in der kurzfristigen Verfügbarkeit von Geld. Zudem mache er so keine Schulden, argumentiert er. "Wer zum ersten Mal zu uns kommt, rechnet oft mit höheren Beträgen", weiß Frank Funke und weist darauf hin, dass das Pfandhaus die angebotenen Gegenstände ja nicht kauft, sondern in erster Linie beleiht. Bei Gold und Schmuck gibt es bis zu 80 Prozent des Material preises. Akzeptiert der Kunde den angebotenen Betrag, erhält er nach der Vorlage seines Personalausweises oder Reisepasses einen Pfandkreditvertrag mit drei Monaten Laufzeit sowie den vereinbarten Geldbetrag. "Der Kunde hat die Möglichkeit, den Zeitpunkt der Rückzahlung innerhalb dieser Zeit selbst zu bestimmen." Sind sich beide Parteien einig, kann der Vertrag in der Regel auch verlängert werden. "Bei der Rückzahlung berechnen wir ein Prozent Zins pro Monat sowie eine Kostenvergütung für Aufbewahrung und Versicherung", berichtet Funke. Kosten und Gebühren sind in der Pfandleihverordnung von 1961 bis zu einer Darlehenshöhe von 300 Euro festgeschrieben. Bei höheren Summen sind die Gebühren frei verhandelbar, liegen aber meist zwischen zwei und drei Prozent. Mit seiner Trierer Kundschaft hat Funke sehr gute Erfahrungen gemacht: "Nahezu alle beliehenen Gegenstände werden auch wieder ausgelöst."Kredit ohne Altersgrenze nach oben


"Mittelständische Handwerker, Freiberufler, Rentner, Ausländer" umreißt Klaus van der Vis seine Klientel aus allen gesellschaftlichen Schichten. "Erst kürzlich war ein älterer Herr da, der Schmuckstücke wegen einer Autoreparatur beleihen musste, weil er wegen seines Alters keinen Bankkredit mehr bekommen hat. Zu uns kommen auch Ausländer, die beleihen goldene Schmuckstücke, die sie in ihrer Heimat zur Hochzeit geschenkt bekommen haben."Goldpreis hat Auswirkungen


Gold, Schmuck und hochwertige Uhren - noch bis vor einem Jahr waren das die Gegenstände, die Funke in seinen Geschäften ausschließlich als Pfand akzeptierte. Doch dann brach im Frühjahr 2013 der Goldpreis ein. "Das wirkte sich auch auf die Höhe der Beleihungssumme aus." Inzwischen akzeptiert er auch hochpreisige Unterhaltungselektronik, hochwertige Kameras oder wertbeständiges Meißner Porzellan und vieles mehr. Automobile dagegen lehnt Funke als Pfand ab: "Hier sind die Kosten für Lagerung und Versicherung einfach zu hoch."
Nicht immer gelingt seinen Kunden die Rückzahlung. Neunmal im Jahr gibt es deshalb im Saarland Versteigerungen. "In Trier kommen nicht genügend Gegenstände für eine eigene Auktion zusammen", erklärt Funke. Die Termine veröffentlicht er auf seiner Website sowie durch Anzeigen in Zeitungen. "Wenn der Kunde sein Pfand nach drei Monaten nicht ausgelöst hat, dürfen wir es nach dem Gesetz frühestens nach vier Monaten veräußern", erklärt Funke. Für die Kunden birgt die Auktion eine Chance: "Wenn es sich um einen Gegenstand handelt, der zu einem das Darlehen, aufgelaufene Zinsen und Kosten übersteigenden Betrag versteigert wird, steht dem Kunden laut Gesetz der Mehrerlös zu, den er innerhalb von zwei Jahren bei uns abholen kann."
Schnäppchensucher können nicht nur bei den Auktionen fündig werden. Gegenstände, die dabei nicht verkauft werden, finden sich später oftmals in den Schaufenstern der Pfandhäuser wieder. Und das zu recht interessanten Preisen.

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