Wenn der Traum von der eigenen Firma wahr wird

Wie es scheint, macht die Vulkaneifel besonders Mut: In diesem Landkreis werden mehr Betriebe und Unter nehmen gegründet als im Rest von Rheinland-Pfalz. Die Frauen legen unter den Existenzgründungen zwar zu, haben aber generell Nachholbedarf.

Daun/Wiesbaum/Trier. Wer sich seinen Traum von der eigenen Firma verwirk lichen möchte, braucht: eine vernünftige Geschäftsidee, eine Finanzierung und nicht zuletzt eine gehörige Portion Mut. Die Bewohner der Vulkaneifel haben offenbar viel davon. Dieser Landkreis landet bei einem bundesweiten Ranking der Unternehmensgründungen immerhin auf Platz 66 von insgesamt 413 Rängen. Zugleich ist er zweitbester in Rheinland-Pfalz, was das Gründungsgeschehen angeht.

Laut Statistischem Landesamt liegt der Kreis Vulkaneifel 2009 bei den Neugründungen unter den 24 rheinland-pfälzischen Kreisen auf dem vierten Platz. Der Kreis Bernkastel-Wittlich steht auf Platz 7, Eifelkreis Bitburg-Prüm: 20 und der Kreis Trier-Saarburg: 23. Den ersten und letzten Platz haben die Kreise Bad Kreuznach und Kusel. Trier liegt bei den kreisfreien Städten auf dem drittletzten Platz, während Kaiserlautern vorn liegt.

Alfred Bauer, Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Vulkaneifel (WFG), führt die überdurchschnittlich ermutigende Position der Vulkaneifel auch auf ein Serviceangebot mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten zurück, das seit 2005 unter dem Namen Gründen auf dem Land in der Vulkaneifel sowie in den Kreisen Bernkastel-Wittlich und Cochem-Zell zur Verfügung steht. Die Initialzündung lieferte eine Studie des Instituts für Mittelstandsökonomie, die auf der Basis von Gründerbefragungen, Expertengesprächen und einer Angebotsanalyse zu einem damals eher betrüblichen Ergebnis kam: Die gründungsspezifischen Hilfen in der Region waren zu lückenhaft und zu stark allein auf das Oberzentrum Trier fixiert.
EDV-Spezialist geht eigene Wege

Beispiel 1: Einer der mutigen Eifeler ist Jürgen Kaufmann. 2006 startete er als Inhaber eines Ein-Mann-Spezialunternehmens für Computer, Netzwerktechnik und IT-Service in Daun (Landkreis Vulkaneifel) mit überschaubaren Schritten in die Selbstständigkeit. "Nach zwei Jahren wusste ich, dass mein Geschäftsmodell funktioniert", sagt der erfahrene EDV-Spezialist, der seine Kenntnisse und etliche Kundenbeziehungen aus einem Beschäftigungsverhältnis heraus in die Existenzgründung mitnehmen konnte. "Ich bin nur ein gut kalkulierbares Risiko eingegangen und hätte bei einem Scheitern auch den Rückweg ins Angestelltendasein nicht gescheut."

Ein kleines Ladenlokal in einer Seitengasse der Dauner Innenstadt dient als Anlaufstelle, hier verkauft er auch Computer und Zubehör. Das Gros seines Geschäfts macht die Wartung, Reparatur und Konfiguration von Computern und Netzwerken aus, bei Bedarf bei den Auftraggebern daheim. Die empfehlen ihn oft an andere weiter. "Wenn man sich in meinem Metier von den Wettbewerbern unterscheiden will, muss man zuverlässiger und auch pünktlicher als andere sein. Und auch ruhig erklären, was man am Computer neu einrichtet, damit der Kunde alles nachvollziehen und selbstständig damit umgehen kann."

Eine Lektion des Anfangsstadiums war für Kaufmann der Firmaname: Aus Tintenklecks wurde JK Computer. Der frühere Name sei zu sehr auf Druckertinte abgestimmt gewesen, zudem hätte es Verwechslungen mit einem Ausstatter für Schulsachen gegeben. "Die Umbenennung hat sich positiv bemerkbar gemacht." Derzeit ist er an einem Punkt angelangt, wo er sich überlegen muss, ob er einen Mitarbeiter einstellt. "Wenn das Auftragsvolumen ansteigt und irgendwann die eigene Kapazität ausgelastet ist, dann ist es dennoch kein selbstverständlicher Schritt, eine Stelle zu schaffen. Das muss sich schließlich dauerhaft rechnen", sagt Kaufmann.
Geschäftsgründung mit Guerilla-Taktik

Beispiel 2: Farbenfroh und eigenwillig sind die Outfits von Fräulein Prusselise. So heißt das Unternehmen zweier junger Modedesignerinnen, die sich den Traum von der beruf lichen Selbstständigkeit erfüllt haben. Darauf vorbereitet wurden sie an der Fachhochschule Trier nicht: "Da war nur die Rede von der üblichen beruflichen Laufbahn in den Modekonzernen", schildert Kathrin Greve ein Manko, das sie und ihre Kommilitonin Julia Schwab dennoch nicht davon abhielt, vor mehr als sieben Jahren ein eigenes Atelier und Modelabel ins Leben zu rufen. Ihr Geschäft befindet sich in der Trierer Neustraße, zudem gibt es einen Internetshop als Versandhandelsweg.

Die mittlerweile erfolgreichen Unternehmerinnen wurden im vergangenen Jahr im bundesweiten Gründungswettbewerb Kultur- und Kreativpiloten Deutschland ausgezeichnet. Der Wunsch, die eigenen Ideen kreativ umzusetzen, gab den beiden auch den Ausschlag für den Weg in die Existenzgründung. Ein Entschluss, den sie nicht bereuen und der mittlerweile sogar zur Einrichtung von zwei Ausbildungsplätzen geführt hat. "Wir achten immer darauf, flexibel zu sein und keinen aufwändigen Kapitaleinsatz zu benötigen", erläutert Greve eine behutsame Strategie. Von Anfang an setzten sie und Julia Schwab auf eine Art Guerillataktik: wendig sein, schnell auf Kundenresonanz reagieren und alles Schritt für Schritt tun. So nutzten sie in einer anfänglichen Testphase ein leerstehendes Ladenlokal sowie Kontakte in die Kölner Boutiquenszene, um erste Erfahrungen zu sammeln, ob ihr überwiegend auf junge Frauen und Kinder zugeschnittenes Sortiment angenommen wird.

EXTRA

Das Institut für Mittelstandsökonomie an der Universität Trier e.V. (Inmit) hat im Auftrag des Mainzer Wirtschafts minis teriums einen Mittelstandsbericht über den Zeitraum von 2006 bis 2009 verfasst. Demnach wurden in dieser Zeit jährlich zwischen 23 000 und 18 500 Existenzen in Rheinland- Pfalz neu gegründet. Im Jahr 2009 betrug die Selbst ständi gen quote im Land 10,5 Prozent. Dabei haben Frauen immer mehr die Nase vorn, vor allem Akademikerinnen trauen sich zunehmend eine berufliche Selbstständigkeit zu. Allerdings beginnen die Zuwachsraten auf einem niedrigen Niveau, so dass weiterhin Nachholbedarf an weiblichen Existenz gründungen besteht. Die meisten von ihnen sind in den Be reichen Unternehmensnahe Dienstleistungen, Haus haltsnahe und Persönliche Dienstleistungen sowie im Handel zu finden. In das produzierende Gewerbe, aber auch in das Gastgewerbe oder den Bereich Information und Kommunikation wagen sich Frauen bei einer beruflichen Selbstständigkeit kaum.

VERANSTALTUNGEN

Zu den Modulen der Initiative Gründen auf dem Land gehört ein sogenannter Gründungsberatungs parcours, der das nächste Mal am 3. September im Higis-Zentrum in Wiesbaum bei Hillesheim (Landkreis Vulkaneifel) Gründungs interessierte mit Experten der Wirtschaftskammern und Unternehmensberatern in Einzelgesprächen zu sammenführt. In einem Gründungsbarometer er halten sie darüber hinaus Einzelcoachings mit speziell geschulten Trainern, um die persönliche Eignung für die Selbstständigkeit zu testen. Am 27. Oktober findet ein The men treff im Technologie- und Gründerzentrum Nerd len-Kradenbach bei Daun statt, bei dem es um die Finanzierung und um staat liche Förderungen von Gründungen geht. Infos bei Judith Laux von der WFG Vulkaneifel unter Telefon 06592/933-204 sowie www.wfg-vulkaneifel.de und www.gruenden-auf-dem-land.de

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