Wie Millionäre wirklich leben - Ein Autor auf der Suche nach den Vermögenden und ihrer Rolle in der Gesellschaft

Reich ist nicht gleich reich: Es gibt unterschiedliche Typen von Millionären, die mehr oder weniger gerne ihren Wohlstand zeigen. Eine lesenswerte Annäherung an die Besitzenden und ihre Rolle in der Gesellschaft.

Was bedeutet es, dass es in ganz Skandinavien keinen einzigen Rolls-Royce-Händler gibt? Der Autor Christian Rickens führt in seinem Buch "Ganz oben" die Verteilung von Rolls-Royce-Niederlassungen - in Moskau, Kiew und Bukarest gibt es nämlich welche - als ein Beispiel für die unterschiedliche Mentalität der Reichen in den verschiedenen Ländern auf. Denn nirgendwo in der westlichen Welt, schreibt er, sei es so verpönt, seinen materiellen Wohlstand zur Schau zu stellen, wie in skandinavischen Ländern. Ganz im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten. Rickens hat sich für sein Buch auf die Spuren der Millionäre in Deutschland und anderswo gemacht. Der Journalist beim "Manager Magazin" verbindet seine schön geschriebenen persönlichen Begegnungen mit soziologischen Betrachtungen und ökonomischen Theorien.Natürlich kann Rickens nicht beantworten, wie alle der rund 800.000 Menschen in Deutschland leben, deren Vermögen mehr als eine Million Euro beträgt. Aber macht eine Million schon reich? Alleine die Definition, wer zu den Reichen oder den Vermögenden zählt, ist gar nicht so einfach. Grob zusammengefasst trifft das ein, was wir schon immer wussten: Vermögend ist derjenige, dessen Habe stetig wächst, obwohl er nicht arbeitet und tüchtig Geld ausgibt.Wir begegnen ganz unterschiedlichen Reichentypen, die Rickens analog der Sinus Milieustudie einstuft: Der Karstadt-Retter Nicolas Berggruen gehört demnach zu den bekanntesten Vertretern des neuen vermögenden Nachwuchses. Er hat mit eigener Kraft das Vermögen seines Vaters, des Kunstsammlers Heinz Berggruen, vermehrt, lebt unkonventionell wie ein moderner Nomade und ist sehr selbstbewusst. Laut Sinus sucht dieser Typ ständig risikobereit nach seinen Grenzen und nach Grenzüberschreitung.Wer sich bei allen Beispielen von dm-Markt-Gründer Götz Werner, über Trigema-Chef Wolfgang Grupp bis hin zum Besteckfabrikanten Oliver Berking Jetset-Voyeurismus erhofft, wird enttäuscht. Stattdessen bestätigt der Autor bereits Bekanntes. Etwa: dass Chancengleichheit ein Märchen ist. Dass die Eliten gerne unter sich bleiben. Dass Bildung und harte Arbeit alleine selten den Weg nach oben ebnen. Dass Reich und Arm immer mehr auseinanderklaffen. Dass sich die Reichen ungern etwas vorschreiben lassen.Am interessantesten wird das Buch aber, wenn es um die gesellschaftliche Verantwortung der Reichen geht, und dass wir sie daraus nicht entlassen dürfen. mar Christian Rickens: Ganz oben. Wie Deutschlands Millionäre wirklich leben. Verlag Kiepenheuer & Witsch. Köln, 224 Seiten, 18,95 Euro. Das Buch soll im Sommer als Paperback erscheinen.

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