Fußballmanager 2013: Ein bisschen Schminke auf faltigem Gesicht

Prüm · Das Spiel ist jedes Jahr das gleiche: Der Entwickler Bright Future stellt seine neue Ausgabe des von Electronic Arts (EA) vertriebenen Fußball Managers vor – und die große und treue Fangemeinde zerreißt das Werk in der Luft. Zu viele Bugs, zu unrealistisch, zu wenig taktische Tiefe, zu wenige Auswirkungen, fehlende Features. Die Liste der vorgebrachten Mängel ließe sich fast beliebig verlängern. Mit Recht? Wir haben die neue Ausgabe unter die Lupe genommen.

 Der Fußballmanager liegt in Version 13 vor.

Der Fußballmanager liegt in Version 13 vor.

Foto: Hersteller

Was ist neu?

"Team-Dynamik" nennt sich das wohl wichtigste neue Feature, das die Entwickler in den FM eingebaut haben. Böse Zungen könnten behaupten, dass man nach Jahrzehnten endlich erkannt hat, dass nicht nur die reine Stärke der Einzelspieler über den Erfolg einer Mannschaft entscheidet, sondern auch das Zusammenspiel der Charaktere und eine akzeptiere Hierarchie. Das soll sich nun auch im FM widerspiegeln: Die Chemie in der Mannschaft soll mit einem bestimmten Faktor in die Gesamtstärke mit einfließen. Von daher gebührt den Entwicklern ein großes Lob, sich dieses Themas angenommen zu haben.

Dargestellt wird die Hierarchie in der Mannschaft mit einer Pyramide. Oben steht der absolute Kopf der Mannschaft, darunter die Mitglieder des Mannschaftsrats und weitere einflussreiche Spieler. Ein grüner Balken unter den Köpfen zeigt wiederum ihre Akzeptanz in der Mannschaft an. Beim FC Schalke 04 beispielsweise ist Kapitän Benedikt Höwedes der klare Chef im Team, seine Stellung wird anerkannt. Doch schon in der Ebene darunter deuten sich Probleme an: Jermaine Jones gilt als Führungsspieler, hat jedoch keine Unterstützung in der Mannschaft. Wichtig zu wissen: Als Manager kann man die Spieler nicht einfach verschieben, sondern die Pyramide wird aus der Mannschaft entwickelt und verändert sich im Lauf der Saison, abhängig von Einsatzzeiten und Leistungen der Spieler.

Ebenfalls neu: Jeder Spieler hat nun individuelle Ziele. So möchte beispielsweise Klaas-Jan Huntelaar die Elfmeter schießen. Andere Spieler wollen im Training gefordert werden, einen erfahrenen Trainer haben oder mal bei Real Madrid spielen. Je mehr Ziele erfüllt werden, desto besser ist die Moral desto besser ist die Leistung. Die Ziele kann der Manager über persönliche Gespräche beeinflussen, beispielsweise lässt sich Huntelaar, der ebenfalls gerne Kapitän wäre, dies auch ausreden. Allerdings fehlt an mancher Stelle noch ein passender Satz.

Eher gering sind die Änderung in der Halbzeitpause: Dort kann nun neben des bisherigen individuellen Ansprachen auch noch eine allgemeine Ansprache gehalten werden - die aber auch nicht immer wirklich passen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, bis zu drei Spieler zusätzlich massieren zu lassen, um die Frische zu erhöhen. Mit den bahnbrechenden Neuerungen war es das auch schon.
Hat sich das 3D-Spiel verbessert?

Nein. Die Spieldarstellung basiert immer noch auf einer völlig veralteten Engine. Mit Fußball hat das, was der Spieler da zu sehen bekommt, herzlich wenig zu tun. Man fühlt sich vielmehr ins Jahr 2006 zurückversetzt. Beispiele gefällig? Ok. Oft rennen die Spieler, wenn sie denn den Ball haben, einfach geradeaus in Richtung gegnerisches Tor. Wenn sie angespielt werden, bleiben sie seelenruhig stehen und warten, bis der Ball auf sie zugekullert kommt - auch wenn der Gegenspieler schon aktiv zu Ball geht (und ihn so ungestört abfängt). Außerdem scheinen die Pfosten die Bälle geradezu magnetisch anzuziehen. Spiele mit fünf bis zehn Pfostentreffern sind keine Seltenheit. Außerdem würde man sich mehr Schussvarianten der Spieler wünschen. Denn entweder knallen sie die Bälle präzise in den Torwinkel, oder aber der Ball wird gehalten. Große Abwechslung gibt es bei den Toren und ihrer Entstehung kaum.

Bei der Taktik hat man nun zwar ein paar Möglichkeiten mehr, aber man fragt sich, ob es wirklich sinnvoll ist, die Länge der Abstöße, die Höhe der Abwehrreihe und das Ziel der Eckbälle wirklich in Prozentwerten angeben zu können. Zumal sich die im 3D-Spiel sichtbaren Auswirkungen in Grenzen halten. Stellt man beispielsweise das Passspiel komplett auf kurze, sichere Pässe um, sind dennoch viele lange Bälle zu sehen. Auch die Vorgabe, über die rechte Seite anzugreifen, wird nicht wirklich berücksichtigt. Ein Ergebnis, dass sich auch im Textmodus bestätigt. Trotz der Vorgabe, über die Flügel anzugreifen, verzeichnet die Spielstatistik, keinen Angriff über links, zwei durch die Mitte und drei über rechts.

So drängt sich der Verdacht auf, dass der Spieler zwar wunderschön viele Regler, Schieber und Pfeile verstellen und verschieben kann, diese aber keinerlei Auswirkungen auf das Spiel haben.
Was hat sich sonst getan?

Die Optik des Spiels wurde leicht modernisiert. Neu hinzugekommen ist ein frei konfigurierbarer Balken am unteren Bildschirmrand, mit dem auf häufig angesteuerte Menüpunkte direkt zugegriffen werden kann. Außerdem wurde die zu Grunde gelegte Auflösung erhöht, was dazu führen soll, dass nun mehr Anzeigen auf den Bildschirm passen. Ansonsten wird sich, wer den FM 12 gespielt hat, schnell zu Recht finden.

Fazit:

 Fußballmanager 13 Spielszene

Fußballmanager 13 Spielszene

Foto: Hersteller
 Fußballmanager 13: Anstoßszene

Fußballmanager 13: Anstoßszene

Foto: Hersteller

Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel: Zahlreiche neue Features werden präsentiert, um ein Vollpreisprodukt anzupreisen, das eigentlich nur ein etwas größeres Update ist. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich viele neue Möglichkeiten als reine Schminke über einem faltigen Gesicht, ohne wirklichen taktischen Tiefgang und ohne wirklich bis ins Detail fertig zu sein. Da wird eine - grundsätzlich gute - Teamdynamik ins Leben gerufen, aber es fehlen die Einflussmöglichkeiten - beispielsweise durch detaillierte und zur Situation passende Gespräche mit den Spielern.

Gleiches gilt für die jetzt ach so präzise Vorgabe bei Pässen oder Eckbällen? Macht es wirklich einen Unterschied, ob das jetzt 44 oder 49 Prozent sind? Es drängt sich der Verdacht auf: Investitionen in eine ausgeklügelte Taktik im Textmodus sind verschwendete Zeit, es kommt nur auf die faktische Gesamtstärke der Mannschaft an, nach der sich die Häufigkeit der Torchancen berechnet. Ob nun verstärkt über links oder rechts angegriffen wird, der Flügelstürmer häufiger ins Dribbling geht oder der zentrale Mittelfeldspieler Distanzschüsse versuchen soll? Ziemlich egal. Im 3D-Spiel haben die taktischen Anweisungen ebenfalls kaum sichtbare Auswirkungen. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass trotz der klaren Vorgabe, nur kurze, sichere Pässe zu spielen, dennoch viele lange Bälle zu sehen sind. Das ist - gelinde gesagt - ein ziemliches Armutszeugnis für einen Fußball Manager.

Es wäre dringend notwendig, nicht mehr weiter an dem im Kern seit Jahren bestehenden Programm rumzudoktern und mal hier, mal dort etwas dranzuflicken, wegzulassen und wieder hinzuzufügen, sondern den Fußball Manager vom Kern her neu aufzubauen. Das fängt damit an, dass die Spielergebnisse - der absolut zentrale Aspekt des Fußballmanagers - auf einer Grundlage berechnet werden, egal ob man das Spiel im Videotext, Textmodus oder im 3D-Spiel verfolgt. Taktische Einstellungen müssen auch erkennbare Auswirkungen haben und das 3D-Spiel braucht endlich eine zeitgemäße Darstellung. Christian Brunker

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