Was Apples schickes Spielzeug taugt

Apple bietet sein iPad als Medienmaschine an, mit der jeder Nutzer alles lesen, hören und anschauen kann, was im Internet auffindbar ist. Der TV hat den großen iPhone- und iPod-Bruder getestet. Das Ergebnis: ein sehr schickes Spielzeug mit vielen Möglichkeiten, aber kein Veränderer des Medienkonsums.

 Nur halb so groß wie die Seite einer Tageszeitung: Das iPad ist ein schickes, aber nicht gerade günstiges Spielzeug. TV-Foto: Sven Eisenkrämer

Nur halb so groß wie die Seite einer Tageszeitung: Das iPad ist ein schickes, aber nicht gerade günstiges Spielzeug. TV-Foto: Sven Eisenkrämer

Trier. Mit dem iPad wird alles anders - das hat zumindest Apple-Chef Steve Jobs behauptet, als er seine nur 1,3 Zentimeter dicke Wunder-Flunder am 27. Januar 2010 in San Francisco der Welt präsentierte. Es sei endlich da, das Gerät, das alles in einem kann. Eine Maschine, so groß wie ein Din-A4-Blatt, die Buch, Zeitung, Zeitschrift, Fernseher, Musikanlage, Internetportal und Spielkonsole ersetzt. Ein mobiles und universelles Unterhaltungs- und Nachrichtengerät, mit dem wir ständig Zugriff auf alle Informationen der Welt haben. Der TV nimmt das Angebot von Apple an, das iPad einem ausführlichen Test zu unterziehen.

Bedienen: Die Handhabung und Steuerung ist ein Kinderspiel. Der Bildschirm ist gleichzeitig Sicht- und Aktionsfeld. Die Anwendungen, im Apple-Jargon kurz "Apps", starten mit einer leichten Berührung des Icons auf dem Touchscreen, genauso leicht lassen sie sich löschen. Fotos werden ebenfalls per Fingerdruck durchgeblättert, vergrößert oder verkleinert.

Wer Texte schreiben will, ruft mit einem Fingerstreich eine virtuelle Tastatur herbei. Steve Jobs meint, auf dieser könnte man "Krieg und Frieden" schreiben, doch Dostojewski hätte sich bedankt. Das iPad ist kein Schreibgerät. Die minimalistische Tastatur ist gut für Mails und Passworteingaben, aber keine Basis für Referate oder Zeitungsartikel.

Ein interner Beschleunigungssensor erkennt, ob der Nutzer das iPad hoch oder quer vor sich hält, und passt den Bildschirminhalt entsprechend an. Das klappt fast immer. Ein schnelles, ruckartiges Wenden ist zu empfehlen.

Lesen: Das iPad als universelles Lesegerät - hier hat der schicke Flachmann Bestnoten verdient. Bücher über den Internet-Store iBooks, die Internet-Auftritte von Zeitungen und Zeitschriften, textlastige Homepages - Quellen bieten das große Netz und die darin vertretene Indus-trie in großen Mengen an. Das brillant-scharfe Display ist eine optische Wohltat. Sollte die Darstellung dennoch zu klein sein, reicht wieder ein Fingerstreich, um sie beliebig zu vergrößern, das Dokument zu verschieben oder durch mehrere Seiten zu blättern.

Sehen: Vom Videoclip über die Fernsehserie bis zum kompletten Spielfilm - bewegte Bilder sind eine weitere Stärke des iPad. Schärfe und Kontrast erreichen Höchstwerte. Das Display ist hervorragend ausgeleuchtet und schwächelt auch nicht bei hellem Tageslicht.

Aber das iPad hat kein internes Laufwerk, DVDs und Blu rays sind ihm deshalb fremd. Was sich auch immer auf dem Display abspielen soll, muss vom Heimnetzwerk oder aus dem Internet kommen - die Rolle einer vollwertigen Heimkinozentrale kann das iPad so nicht übernehmen.

Spielen: Eine Konsole wie die Playstation 3 oder die Xbox 360 wird das iPad nicht ersetzen können. Für Rollenspiel-Epen oder schnelle Shooter, zwei der beliebtesten Spiele-Genres, sind das für Spieleverhältnisse kleine Display und der Touchscreen nicht geeignet. Die Grafikpower ist jedoch da und zeigt sich auch in Rennspielen wie Need for Speed Shift - hier steuert der Spieler seinen Boliden, indem er das iPad wie ein Lenkrad einsetzt. Der interne Siliziumprozessor macht es möglich. Und die kleinen Spiele, die "casual games", die auf dem iPhone zu einem milliardenschweren Weltmarkt wurden, laufen natürlich auch auf dem iPad. Nur eben eine Nummer größer und schöner.

Surfen: Die Paradedisziplin des iPad. Souverän erkennt es von selbst jeden in der näheren Umgebung sendenden Router und klinkt sich, das Passwort vorausgesetzt, über WLAN ins große Netz ein. Ist kein WLAN vorhanden, stehen Nutzer und iPad jedoch herum wie bestellt und nicht abgeholt. Ohne Netzverbindung verliert das Gerät seinen Muss-man-haben-Status. Wer immer online sein will, muss für die UMTS-Variante deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Doch einmal eingeloggt ins Internet sind Bewegung und Navigation ein Genuss. Wir freuen uns auf die zweite iPad-Generation - dieses Mal mit einem wirklich großen Display.

Fazit: Das iPad ist ohne jeden Zweifel hervorragende Hardware. Es ist im Moment nicht möglich, noch schicker im Internet zu surfen. Die Verarbeitung ist absolut makellos, die Arbeitsgeschwindigkeit fließend, der Komfort extrem hoch.

Dennoch kann und wird das iPad nicht automatisch alles bisher Dagewesene ersetzen. Es ist nicht die angekündigte Alles-in-einem-Lösung, die Arbeits- und Surfstation, Kommunikations- und Spielebasis in einem Gehäuse vereint und dabei die gleiche Leistung bringt wie ein starker Desktop-PC oder eine Next-Generation-Konsole.

Das ist den Kunden ebenso klar wie Apple selbst. Der Kaufanreiz liegt woanders. Wer iPad sagt, meint Lifestyle, Zeitgeist und die eleganteste Art, "Ich lebe online" zu sagen. Damit sind Steve Jobs und seine Jungs und Mädels bei Apple wie auch im Fall des iPhone und des iPod als Erste am Markt.

Die Technik

Größe und Gewicht: Das iPad ist je nach Ausstattung zwischen 680 und 730 Gramm schwer, 24,3 Zentimeter hoch und 19 Zentimeter breit. Die Bildschirmgröße beträgt 9,7 Zoll. Ausstattungen: Es gibt drei Versionen mit 16, 32 oder 64 Gigabyte (GB) Flash-Speicher. WLAN und Bluetooth gehören zur Basisausstattung. Als mobile Netzwerktechniken werden gegen Aufpreis UMTS und GSM angeboten. Das iPad bringt einen Kopfhöreranschluss, Lautsprecher und ein Mikro mit. Innenleben: Im iPad wird der von Apple gefertigte ARM-Prozessor Apple A4 mit einer Taktfrequenz von 1 GHz verwendet. Das Gerät hat einen Beschleunigungssensor auf Silizium-Basis, über den Anwendungen gesteuert werden können und der den Bildschirminhalt an die Lage des Geräts anpasst. Preise: 16 GB/624 Euro, 32 GB /710 Euro, 64 GB /784 Euro, 64 GB plus UMTS/ 934 Euro. Die Preise können je nach Anbieter leich variieren. (jp)

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