Queer-freundlich oder gefährlich? Wenn die Todesstrafe droht: Wo Reisen für LGBTQ-Urlauber sicher ist – und wo nicht
Sonne, Strand, Party, Sightseeing - das sind Kriterien für einen gelungenen Urlaub. Für queere Urlauber hat der Faktor Sicherheit hohe Priorität. Wo LGBTQ-Urlauber unbesorgt reisen können und wo Vorsicht geboten ist.
„Hey, ab in den Süden. Der Sonne hinterher...“, heißt es in einem bekannten Sommerhit. Wenn es nur immer so einfach wäre... Die Rechtslage des Urlaubslandes zu kennen, in das man verreisen will, ist besonders für LGBTQIA+-Personen unabdingbar. Wem diese von englischen Begriffen stammende Abkürzung nicht so geläufig ist: LGBTQIA+ bedeutet Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender, Queer, Intersexual und Asexual. Für Menschen, die beispielsweise schwul oder lesbisch sind, geht es neben Strand, Meer und Sonne auch darum, im Urlaub sicher zu sein. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich diesbezüglich allerhand getan.
Die EU erkannte in den Jahren 2001 bis 2004 als erste internationale Organisation die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität ausdrücklich als Gründe an, auf deren Basis Diskriminierung gesetzlich verboten ist. In diesem Zeitraum ging das erste europäische Land, die Niederlande, mit gutem Beispiel voran und führte im Jahr 2001 die Ehe für alle ein. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte folgten ihr 17 weitere Länder, darunter auch Deutschland im Oktober 2017.
Anti-Diskriminierungsgesetze und der rechtliche Schutz vor verbaler oder körperlicher Gewalt sind das eine. Ob LGBTQIA+-Personen aber auch seitens ihrer Mitmenschen Akzeptanz und Toleranz entgegengebracht wird, spielt eine nicht minder wichtige Rolle. In einer Ipsos-Umfrage aus dem Jahr 2021 wurden Personen aus 27 Ländern weltweit zu ihrer Einstellung zur LGBTQIA+ Community befragt. Dabei gab mehr als die Hälfte an, sowohl Anti-Diskriminierungsgesetze als auch einen offenen Umgang mit Sexualität und Geschlechtsidentität zu unterstützen. Dagegen waren jeweils weniger als 20 Prozent. Die queere Community hat weltweit immer mehr an Sichtbarkeit gewonnen.
Wenn es jedoch um Händchenhalten, Umarmungen, Küssen etc. geht, sinkt die Unterstützung der Befragten auf lediglich 37 Prozent. 27 Prozent lehnen solche öffentlichen Liebesbekundungen prinzipiell ab. Es ist also noch ein weiter Weg, bis in (und vor) den Augen der Gesellschaft jeder lieben darf, wen und wo er möchte. Umso wichtiger, einmal zu schauen, in welche Länder und Städte Menschen der LGBTQIA+-Community ohne Bedenken reisen können und in welchen Ländern gleichgeschlechtliche Liebe nicht offen gezeigt werden kann.
Laut dem Spartacus Gay Travel Index, der seit 2012 herausgegeben wird, sind die LGBT+-freundlichsten Länder im Jahr 2023 Malta, Canada und die Schweiz. Der Index gibt einen Überblick über die Situation in 203 Ländern. In den USA landen die Staaten Kalifornien, New York, Washington und Colorado ganz vorn.
Malta kann sich 2023 zum ersten Mal aus eigener Kraft für den ersten Platz qualifizieren. Der Inselstaat im Mittelmeer hat sich bei der Anerkennung der Geschlechtsidentität erneut verbessert und ist der diesjährige Gastgeber des EuroPride.
Deutschland verbessert sich in der Gesamtwertung dank rechtlicher Verbesserungen für intersexuelle Menschen um einen Punkt und belegt nun zusammen mit Island, Spanien und dem Vereinigten Königreich den neunten Platz im Index. Der große Gewinner im Ranking ist die Schweiz. Sie macht den größten Sprung von sieben auf zwölf Punkte und damit auf den zweiten Platz, unter anderem dank der Gesetzgebung zur gleichgeschlechtlichen Ehe und einem fortschrittlichen Selbstbestimmungsgesetz. Der weltweite Liberalisierungsprozess von LGBT+-Rechten hat wieder an Fahrt gewonnen. Vor allem so genannte Konversionsverfahren werden in immer mehr Ländern gesetzlich verboten, darunter Australien, Israel und Vietnam.
Gefährlichste Länder für LGBT+-Reisende 2023
Doch nicht aus allen Ländern gibt es gute Nachrichten. Die Schlusslichter der Liste und damit die unfreundlichsten Länder für LGBT+-Menschen sind Indonesien, Saudi-Arabien, Iran und Afghanistan. Indonesien fällt hier besonders auf, weil es drei Punkte eingebüßt hat, was zum Teil auf ein neues, vom Fundamentalismus beeinflusstes Strafrecht zurückzuführen ist, wodurch das Land von Platz 117 auf Platz 159 zurückfällt.
Zu den gefährlichsten Ländern für LGBT+-Reisende im Jahr 2023 gehören auch Staaten wie Saudi-Arabien, Iran, Somalia und jetzt Afghanistan, wo Homosexuelle massiv verfolgt und getötet werden. Das Auswärtige Amt schreibt dazu: „Homosexualität und Transsexualität sind gesellschaftlich geächtet. Gleichgeschlechtliche Handlungen und Transsexualität sind durch Bestimmungen des bislang gültigen afghanischen Rechts unter Strafe gestellt. Über die Durchführung von Strafverfahren wegen homosexueller Handlungen und Transsexualität unter den neuen faktischen Machthabern liegen keine Erkenntnisse vor. Heterosexuelle Handlungen außerhalb der Ehe sind gemäß Bestimmungen des bislang gültigen afghanischen Rechts ebenfalls strafbar.“ Für die LGBTQIA+-Community gibt es auf der Internetseite wichtige allgemeine Hinweise.
Die gesellschaftliche und rechtliche Akzeptanz ist also nicht überall auf der Welt gegeben. Insgesamt 69 Staaten verfolgen Homosexualität strafrechtlich, in elf Ländern droht sogar die Todesstrafe, heißt es im großen TUI Travel Ranking. Um LGBTQIA+-Menschen eine Orientierung zu bieten, hat man sich dort angeschaut, welche europäischen Destinationen sich am besten für Strandurlaube und Städtereisen eignen.
Deshalb konzentriert sich das Ranking darauf, Reiseziele ausfindig zu machen, die Mitgliedern der Community sowohl Kultur, Spaß und Party als auch Sicherheit garantieren.
Die sichersten und LGBTQIA+-freundlichsten Städte in Europa und Deutschland
Dabei werden diese Fragen besonders einbezogen: Wie akzeptiert ist die queere Community in dem Reiseland? Wie sieht die gesetzliche Situation aus und wie sicher können sie sich im Urlaub fühlen? Mehr als 50 europäische Reiseziele werden nach zehn Kriterien bewertet und daraus die Top 40 abgeleitet. Dazu gehören neben Lifestyle-Kategorien, wie das Angebot im Nachtleben, rechtliche sowie Sicherheitsaspekte.
In Europa finden sich viele queere Hotspots, die nicht nur ein großes Angebot an Nightlife-Locations haben, sondern auch eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber der LGBTQIA+-Community mitbringen. Dort können sich Reisende mit ihren Partnern sicher fühlen und ihren Urlaub in vollen Zügen genießen.
Ein Blick in die Top 10 zeigt: Deutsche Großstädte halten die Regenbogenfahne hoch. Mit weit über 50 LGBTQIA+-Clubs und -Bars lockt die Bundeshauptstadt Berlin das queere Publikum. Köln und Hamburg trumpfen ebenfalls mit einem bunten Nachleben auf (jeweils 20+ Locations). Auch in den Top 10 des Gesamt-Ranking sind mit Berlin, Köln, Frankfurt und Hamburg deutsche Städte stark vertreten.
Nightlife-Hotspots für Europas LGBTQIA+-Community
Im Nachtleben ist ein sicheres Umfeld wichtig. Zahlreiche Bars und Clubs bezeichnen sich bereits selbst als LGBTQIA+-freundlich oder richten sich explizit an die queere Community. In der 2021 weltweit durchgeführten Umfrage von Ipsos gaben 21 Prozent der Deutschen an, bereits eine Location (Bar, Club etc.) besucht zu haben, die sich auf LGBTQIA+-Gäste spezialisiert hat. Besonders viele Orte dieser Art finden sich in Berlin, Madrid und Paris. Wen es ans Meer zieht, der wird in Maspalomas auf der kanarischen Insel Gran Canaria ein wahres LGBTQIA+-Paradies vorfinden. Dort gibt es viele Gay-Only-Resorts und -Hotels sowie diverse Clubs und Bars für die LGBTQIA+-Community, darunter die beliebte Gay Disco “Heaven”. Außerdem wird 2023 die Gay Pride bereits zum 21. Mal in Maspalomas veranstaltet.